Faktorbasierte Ansätze überzeugen durch bessere Performance und Konsistenz

Nachhaltiges Investieren steht seit einigen Jahren zunehmend im Fokus. Wie eine aktuelle Studie zeigt, hat auch das Interesse an der Verknüpfung von ESG (Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien) und Faktoransätzen stark zugenommen.

In der aktuellen «Global Factor Investing Studie» aus dem Hause Invesco erklärten 78% der Teilnehmer, die alle bereits Faktorstrategien nutzen, dass sie ESG-Kriterien in ihren Portfolios berücksichtigen wollen. Anders als in der Vergangenheit scheinen die Forderungen und Erwartungen der Stakeholder und Begünstigten nicht mehr der wichtigste Grund für die Umsetzung von ESG-Ansätzen zu sein – in der jüngsten Befragung steht die Überzeugung, dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien die langfristige Investmentperformance verbessern kann, an erster Stelle.

Nach Ansicht der Befragten lassen sich Faktoransätze besser mit dem ESG-Ansatz verbinden als marktgewichtete Anlagestrategien. Obwohl sie fundamentale aktive Ansätze hier für noch besser geeignet halten, nannten sie ESG als einen Grund für die Wahl eines Faktoransatzes und verwiesen dabei auch auf die Möglichkeit, eine quantitative Methodik in verschiedenen Teilen eines Portfolios zu replizieren. Eine Minderheit der Befragten betrachtet ESG als Investmentfaktor, der die Eigenschaften von Faktoren wie Value (Bewertung) und Quality (Qualität) repliziert. Die häufigere Meinung ist jedoch, dass ESG völlig unabhängig von Investmentfaktoren ist (41%).

Viele Investoren gaben an, dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien zu einem «Factor Bias» – einem ungewollten Faktorschwerpunkt – in ihrem Portfolio geführt hat, zum Beispiel durch eine unbeabsichtigt hohe Gewichtung von Qualitätswerten gegenüber Value-Titeln im Aktienbereich. Von allen Befragten haben rund zwei Fünftel diese Frage untersucht – fast zwei Drittel dieser Investoren haben einen solchen Factor Bias festgestellt. Investoren, die diese Fragestellung nicht analysiert haben, wissen möglicherweise nicht, wie sich die ESG-Integration auf ihre Faktor-Exposures und damit letztlich auf das Renditeprofil ihres Portfolios auswirkt.

Faktoren können helfen, differenzierten Einblick in die Auswirkungen von ESG auf ein Portfolio zu geben. Wir müssen die Risiken einer Nicht-Berücksichtigung wie auch einer Berücksichtigung von ESG-Kriterien im Blick behalten. Faktoren können bei beidem helfen.

Georg Elsässer, Senior Portfolio Manager, Invesco

Weiterführende Untersuchungen zeigen, dass das Angebot an ETFs, die ESG- und Faktoransätze kombinieren, die Nachfrage nicht deckt. Fast die Hälfte der Investoren (46%) würde eher in einen Faktor-ETF investieren, der ESG berücksichtigt. Generell wurde festgestellt, dass es noch kein ausreichendes Angebot an ETF-Produkten mit der ESG-/Faktor-Kombination gibt. 49% der Investoren gaben an, dass sie mitunter Schwierigkeiten haben, einen Faktor-ETF zu finden, der ihren Bedürfnissen entspricht.

Niedrige Renditen treiben Nutzung von Faktoransätzen bei Zinsanlagen voran
Fast die Hälfte (45%) der befragten Investoren gab an, dass das Niedrigzinsumfeld den Einsatz von Faktoren in Anleihen-Portfolios attraktiver gemacht hat und eine Möglichkeit bietet, zusätzliche Rendite- und Diversifikationsquellen zu erschliessen. Die Zahl der befragten Investoren, die Faktorstrategien für ihre Anleihen-Allokation nutzen, ist von 40% im Vorjahr auf jetzt 55% deutlich gestiegen (Abbildung 5). Die meisten (52%) nutzen bei Faktorstrategien im Anleihen-Bereich sowohl Stilfaktoren (wie Value und Quality) als auch Makrofaktoren (wie Duration und Inflation). 23% nutzen nur Stilfaktoren und jeder vierte Investor betrachtet Faktoren ausschliesslich aus der Makroperspektive.

Value-Faktor profitiert in postpandemischer Erholung
43% der Befragten haben ihre Allokationen im zurückliegenden Jahr aufgestockt und 35% planen dies für das kommende Jahr. Hauptgrund für diese Positionierung ist der Wunsch, eine bessere Kontrolle über Risikoquellen zu erhalten und potenziell höhere Renditen zu erzielen. Der Value-Faktor hat Ende 2020 eine bemerkenswerte Outperformance erzielt, die sich im ersten Quartal 2021 fortgesetzt hat. Ein weiterer deutlich erkennbarer Trend ist die zunehmende Allokation in diesen Faktor: 42% der Investoren haben ihre Value-Allokationen in den letzten zwölf Monaten erhöht; 48% planen dies, um sich für eine Erholung nach der Pandemie zu positionieren.

Dynamische Multi-Faktor-Ansätze entwickeln sich weiter und setzen sich immer mehr durch
Die Global Factor Investing Studie zeigt, dass das Thema in den letzten sechs Jahren deutlich ausgefeilter geworden ist. Das schlägt sich vor allem in der Nutzung von Multi-Faktor-Strategien wider, die dem Wunsch der Investoren entsprechen, ein Exposure in unterschiedlichen Faktoren zu erhalten. Durch die rasche Verbreitung des Multi-Faktor-Ansatzes hat das Factor Investing auch an Dynamik gewonnen. Nur 22% der befragten Faktoranleger streben ein vollständig statisches Faktor-Exposure an; rund die Hälfte (48%) nutzt einen Ansatz, der längerfristige Änderungen der Faktor-Engagements zulässt, und ein Drittel passt seine Exposures regelmässig an. Dabei deutet alles darauf hin, dass sich der dynamische Ansatz künftig noch stärker durchsetzen wird: 29% der Investoren geben an, dass ihr Ansatz in den letzten zwei Jahren dynamischer geworden ist; 41% planen, in den nächsten zwei Jahren einen dynamischeren Ansatz zu verfolgen.

Die aktuelle Ausgabe der «Global Factor Investing Studie» aus dem Hause Invesco findet sich hier. Sie basiert auf Gesprächen mit 241 Faktoranlegern, die zusammen ein Anlagevermögen von mehr als 31 Billionen US-Dollar verwalten.

Hauptbildnachweis: Unsplash