Rational bleiben beim Investieren: Warum Emotionen schlechte Ratgeber sind
Algorithmen und Trends beeinflussen regelmässig die Finanzmärkte. Die grösste Gefahr für Anleger ist jedoch oft viel einfacher: ihre eigene Intuition. Eine aktuelle Studie von Allianz Global Investors zeigt, wie Emotionen und sozialer Druck selbst die klügsten Anleger in die Falle locken können. Glücklicherweise kann eine systematische Anlagestrategie eine Lösung bieten.
Diese Erkenntnis ist nicht neu. Grosse Denker, von Goethe bis zum Nobelpreisträger Daniel Kahneman, haben bereits zwei Arten der Entscheidungsfindung unterschieden: die rationale, logische und überlegte und die intuitive, schnelle und impulsive. In prähistorischen Zeiten waren beide Systeme unverzichtbar – das eine für die Jagd, das andere für die Planung des Ackerbaus. In der heutigen Finanzwelt, in der es um hohe Einsätze geht, geraten sie jedoch häufig in Konflikt miteinander.
Vom Hamsterkauf bis zur Tulpenmanie: Wie Emotionen die Märkte verrückt spielen lassen
Emotionen beeinflussen nicht nur, was wir in unseren Einkaufswagen legen, sondern auch die Entwicklung der Aktienmärkte. Denken Sie an den deutschen Ansturm auf «Dubai-Schokolade» im Jahr 2024: Die Tafeln waren so begehrt, dass die Geschäfte sie rationieren mussten. Der Grund dafür? Herdenverhalten, angeheizt durch die Angst, etwas zu verpassen (Fear Of Missing Out), und verstärkt durch soziale Netzwerke.
Michael Heldmann, CIO Systematic Equity, AllianzGIAnleger, die ihre emotionalen Reflexe erkennen und sich für rationale Strategien entscheiden, die deren Einfluss reduzieren, haben bessere Chancen auf stabilere und intelligentere Ergebnisse.
Derselbe Mechanismus hat historische Blasen verursacht, von der Tulpenmanie im Holland des 17. Jahrhunderts bis zur Internetblase zur Jahrtausendwende. Wenn alle blind der Masse folgen, steigen die Preise weit über den realen Wert und brechen dann unweigerlich ein.
Gier, Angst und der Kampf um Toilettenpapier
Erinnern Sie sich noch an das Frühjahr 2020? Die Covid-19-Pandemie brach aus und die Regale der Supermärkte leerten sich. Nicht wegen tatsächlicher Knappheit, sondern aus purer Panik. Die Menschen hamsterten Toilettenpapier, obwohl die Hersteller versicherten, dass es genug davon gab. Die gleiche Panik ist auch an den Märkten zu beobachten. Gier treibt Anleger dazu, «angesagte» Aktien massenhaft zu oft absurden Preisen zu kaufen. Umgekehrt führt Angst zu Panikverkäufen bei den geringsten schlechten Nachrichten. Denken Sie an den Schwarzen Montag 1987: Die Märkte brachen an einem einzigen Tag um mehr als 20% ein, bevor sie sich schnell wieder erholten.
Der systematische Ansatz: Lassen Sie sich bei Ihren Entscheidungen von der Vernunft leiten
Wie kann man sich vor dieser Achterbahnfahrt der Gefühle schützen? Systematisches Investieren kann eine Lösung sein. Dieser Anlagestil ersetzt vage Intuition oder kurzlebige Trends durch Entscheidungen, die auf Daten und klaren, vordefinierten Regeln basieren. Durch die Eliminierung des menschlichen Emotionsfaktors zielt diese Methode auf disziplinierte und konsistente Entscheidungen ab, die auf konkreten Zahlen basieren. Ein Computer kennt weder Angst noch Gier. Er ist unbeeindruckt von Trends in den sozialen Medien und gerät nicht in Panik, wenn die Märkte einbrechen. Systematische Strategien bewerten Aktien ausschliesslich anhand von Fakten – wie den Gewinnen oder der finanziellen Gesundheit eines Unternehmens – und handeln nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. So lassen sich Risiken durch kurzlebige Trends reduzieren und Schutz vor irrationaler Euphorie oder Panik schaffen.
Eine Wunderlösung? Nein, aber intelligenter
Systematisches Investieren garantiert keinen Erfolg. Algorithmen werden von Menschen entwickelt und können daher Fehler oder Verzerrungen enthalten, insbesondere wenn sie auf fehlerhaften Daten oder einem fehlerhaften Modell basieren. Der «quantitative Crash» von 2007 hat dies schmerzlich gezeigt: Viele Anleger verwendeten damals ähnliche Modelle und handelten auf die gleiche Weise – und reproduzierten damit genau das Herdenverhalten, das sie vermeiden wollten. Der systematische Ansatz diversifiziert aktiv die Anlagestile. Dadurch wird das Risiko eines «automatisierten» Herdenverhaltens verringert. Dieses Modell zielt nicht darauf ab, alle Risiken zu eliminieren, sondern Anlageentscheidungen widerstandsfähiger gegenüber emotionalen und sozialen Einflüssen zu machen.
Zusammenfassung
Investitionen sind immer mit Unsicherheiten und Risiken verbunden. Unsere Studie zeigt jedoch, dass die wahren Fallstricke oft nicht vom Markt kommen, sondern von unserem eigenen Verstand. Anleger, die ihre emotionalen Reflexe erkennen und sich für rationale Strategien entscheiden, die deren Einfluss reduzieren, haben bessere Chancen auf stabilere und intelligentere Ergebnisse.