ScanWatch von Withings: die (fast) perfekte hybride Smartwatch
ScanWatch heisst das neueste Wearable von Withings. Die hybride Smartwatch soll einen Monat Akkulaufzeit bieten und diverse Vitalfunktionen prüfen. Ich teste, was die Uhr alles kann.
Schrittzähler sind out, Smartwatches in. Die tragbaren Gadgets zeigen längst mehr als nur die Anzahl Schritte oder die Uhrzeit. Pulsmessung und GPS-Tracking gehören schon fast zum Standard. Die ScanWatch liefert laut Hersteller nebst den Basisangaben auch «ein medizinisch genaues EKG, ein Oximeter für die SpO2-Messung und eine aussergewöhnlich lange Akkulaufzeit von bis zu 30 Tagen». Mit der neuen Hybrid-Smartwatch will Withings also nicht nur einen Monat lang ohne Aufladen auskommen, sondern auch gleich den Doktor am Handgelenk liefern. Ich frage mich, ob bei so vielen Features das Wesentliche nicht zu kurz kommt und schnalle mir die Uhr für einen zweiwöchigen Test um.
Unboxing: das etwas andere Etui aus Stoff
Die Verpackung ist handlich. Alles andere hätte mich bei einer hybriden Smartwatch im schlanken Format erstaunt. Hybrid ist sie deshalb, weil die Uhr analoges Design einer gewöhnlichen Armbanduhr mit den Features einer Smartwatch vereint. Auf der Vorderseite der Box prangt die Frontansicht der Uhr, deren Name sowie ein grün hinterlegter «clinically validated»-Schriftzug. Laut dem Hersteller haben Experten des UCSF Hypoxie-Forschungslabors, des Hôpital Georges Pompidou, des Centre Cardiologique du Nord und der Ludwig-Maximilians-Universität München bei der Entwicklung der ScanWatch mitgearbeitet. Auf der Rückseite erfahre ich, womit das neueste Gadget von Withings punkten will. In der Box befindet sich nebst einem Quick Guide ein schmuckes Stoffetui in dunklem Grauton. Und sonst nichts.
Funktionen: Arztpraxis und Trainingsraum immer mit dabei
Die ScanWatch von Withings ist bis 50 Meter respektive 5 ATM wasserdicht, besitzt ein Saphirglas und ein Armband aus Fluorelastomer. Zudem hat der Hersteller das Display im Vergleich zum bisherigen Uhren-Portfolio überarbeitet. Neu ist ein PMOLED-Bildschirm mit einem Durchmesser von 13 Millimetern verbaut, der mehr als 9’000 Pixel und 260 Nits bietet. Die Helligkeit sticht mir auf den ersten Blick ins Auge: Auch wenn der Display im Vergleich zu den 42 Millimetern der Uhr eher klein ist, kann ich alle Angaben einwandfrei lesen. Dass die Uhr wasserdicht ist, kann ich nach intensivem Duschen, Geschirrspülen und Händewaschen bestätigen.
Wenn ich möchte, kann ich auf dem Display eingehende Anrufe, SMS, Whatsapp-Nachrichten, Instagram-Kommentare oder Facebook-Likes anzeigen lassen und sie auch durchblättern. Andere Benachrichtigungen wie Termine oder meine täglichen Statistiken wie Anzahl Schritte, Kalorien, zurückgelegte Distanz, erklommene Stockwerke und Puls flimmern auf Wunsch beim Drehen der Krone ebenso über den Bildschirm.
Wie die Gesundheitstests der ScanWatch funktionieren, weiss ich dank deren Einführung. Wozu sie gut sind und was sie vorbeugen, erzählt mir die Uhr ebenfalls im Detail. Sie misst zum Beispiel meine Herzfrequenz kontinuierlich, um mich vor unregelmässigem Herzschlag zu warnen. Auch mein Ruhepuls wird gemessen. Das EKG, das ich auf Abruf in 30 Sekunden auf dem Display der Uhr vorliegen habe, kann in der App mit mehr Details dargestellt und zu Untersuchungszwecken gebraucht werden. Ich mache mehrere EKGs in verschiedenen Situationen beziehungsweise zu unterschiedlichen Zeiten und erhalte immer dieselben Ergebnisse. Die Messungen scheinen zu stimmen.
Dank dem zusätzlichen Sensor an der Unterseite kann die ScanWatch auch meine Sauerstoffsättigung messen. Mithilfe von roten und infraroten LEDs sowie lichtempfindlichen Fotodioden erfasst die Uhr die Sauerstoffsättigung im Blut der Venen, die dort verlaufen, wo ich die Uhr trage. Dabei arbeiten die Sensoren mit dem Prinzip der Reflexion respektive Absorption der Lichtwellen. Nach ebenfalls 30 Sekunden erhalte ich meine SpO2-Werte. Hier hat mein Exemplar etwas mehr Mühe beim Messen. Manchmal erhalte ich keine oder ungenaue Werte. Immerhin merkt die Uhr selbst, falls die Werte ungenau sind und gibt einen entsprechenden Hinweis aus. Ich muss meinen Arm ganz still halten. Sobald ich die Finger der anderen Hand nicht exakt ans Gehäuse der Uhr lege, hat die ScanWatch Probleme.
Auch Atemstörungen im Schlaf soll die intelligente Armbanduhr erkennen. Aktiviere ich die Atmungs-Scan-Funktion, misst die Uhr mithilfe Herzfrequenz, Bewegungen, Sauerstoffsättigung sowie Atemfrequenz. So erkennt sie, ob und wann ich beim Schlafen unregelmässig atme. Zusätzlich zeichnet das Wearable von Withings meine Schlafphasen, die Schlafdauer sowie Schlafunterbrechungen auf. Aufgrund dieser Daten kann die Uhr bei Bedarf einen smarten Wecker erstellen, der mich mit Vibrationen weckt, sobald die ScanWatch merkt, dass ich in der Aufwachphase bin.
Die ScanWatch ist ausserdem eine Sportuhr. Die hybride Smartwatch hat mehr als 30 Sportarten vordefiniert. Vom Fussball übers Laufen bis hin zum Schwimmen ist alles dabei. Im entsprechenden Trainingsmodus zeigt sie mir, wie lange ich trainiere, misst meine Herzfrequenz und zeichnet meine Bewegungen auf. Mit aktiviertem Connected GPS sehe ich nach einer Session zudem Details wie zurückgelegte Entfernung, Höhenmeter oder Geschwindigkeit. Übrigens: Connected GPS heisst, dass die Uhr meine Strecke nicht tracken kann. Sie muss mit einem Gerät verbunden sein, das diese Funktionen bietet – beispielsweise mit meinem iPhone. Das muss ich beim Joggen ebenfalls bei mir tragen, um die zurückgelegte Route verfolgen zu können.
Pros: Akkulaufzeit, Design und Sportfunktionen
Dass der Akku lange hält, erfahre ich am eigenen Leib. Ich habe die ScanWatch, seit ich sie aus der Verpackung genommen und aktiviert habe, noch nie aufladen müssen. Zu jenem Zeitpunkt sagte mir das Display, der Akku sei zu 48% geladen. Zwei Wochen später sind es noch immer 11 Prozent. Würde ich die Uhr in den Stromsparmodus versetzen, verspricht Withings weitere 20 Tage Akkulaufzeit. In diesem Modus kann ich allerdings nur die Uhrzeit ablesen und meine Aktivitäten aufzeichnen.
Ein Feature, das ich persönlich wichtig finde, ist der Quick Look. Aktiviere ich diese Funktion, ist das Display der Uhr standardmässig aus. Sobald ich mein Handgelenk bewege, um auf die ScanWatch zu schauen, leuchtet der Bildschirm fünf Sekunden lang auf. So muss ich nicht erst die Krone drücken, um Licht ins Dunkel zu bringen.
Auch die Nicht-Stören-Funktion gefällt mir. Ich kann beispielsweise während eines Meetings der Uhr sagen, sie soll stillhalten und mich mit Nachrichten, Vibrationen oder Sounds verschonen. Die ScanWatch zeigt mir nicht nur die Zeit an, sie misst sie auch. Die Uhr hat einen Wecker, eine Stoppuhr und einen Timer. Praktisch, wenn ich mein Handy nicht zur Hand habe. Das Mini-Zifferblatt unter dem Display, das ich für den Sekundenzeiger respektive die Stoppuhr gehalten habe, ist in Tat und Wahrheit eine prozentuale Fortschrittsanzeige meines Tagesziels.
Eine Uhr, die meine Schritte zählt, ist für mich kein Must-Have. Da die ScanWatch es dennoch tut, nutze ich das Feature spasseshalber trotzdem. Wenn ich mein tief gesetztes Ziel von 7000 Schritten pro Tag nicht erreiche, geht keine Welt unter. Irgendwo in meinem Kopf setzt sich diese Niederlage aber doch fest und ich nehme mir für den nächsten Tag einen Spaziergang vor. Dass die Health Mate App weitere Details liefert, spricht mich als Statistik-Freak ebenfalls an.
Cons: Medizin-Features und Menüführung
Sie warnt mich bei Vorhofflimmern, erstellt mir jederzeit ein EKG und misst die Sauerstoffsättigung in meinem Blut. Trotzdem würde ich für solche Tests zum Arzt gehen, sollte ich mir ernsthaft Sorgen machen. Es kann zwar sein, dass die Uhr Anzeichen gesundheitlicher Probleme tatsächlich erkennt und ich deshalb zum Doktor gehe. Die Medizin-Features können mich aber auch in falscher Sicherheit wiegen. Wenn mir die ScanWatch keine Warnhinweise gibt, bin ich dann automatisch gesund? Klinisch nachgewiesen oder nicht: Ich finde es riskant, sich beim eigenen Wohlbefinden auf ein Wearable zu verlassen – trotz entsprechendem Hinweis in der Anleitung.
Auch wenn das Display gestochen scharf ist, finde ich die Menüführung der ScanWatch suboptimal. Es ist zwar toll, dass ich alles nur mit Drehen und Drücken der Krone erledigen kann. Dennoch wünsche ich mir eine bessere Aufteilung der Funktionen, beispielsweise mit gegliederten Untermenüs. Denn es dauert, alle Modi und Features mit Drehen durchzublättern. Insbesondere, wenn ich mich aus Versehen verdrücke und von vorne beginnen muss.
Fazit: eine Bereicherung für mein Handgelenk
Die ScanWatch fühlt sich gut verarbeitet an. Das Gummiarmband hingegen wirkt auf den ersten Blick billig. Beim Anfassen und Tragen freunde ich mich langsam damit an. Wäre das nicht der Fall, könnte ich im Withings-Shop ein wertigeres Exemplar kaufen. Mit dem schwarzen Zifferblatt auf dem 42 Millimeter grossen Edelstahlgehäuse erscheint die hybride Smartwatch elegant und doch diskret. Genau das, was ich an einer Uhr mag. Die ScanWatch ist wahlweise auch mit weissem Zifferblatt und mit 38-Millimeter-Gehäuse erhältlich.
Die medizinischen Zusatzfunktionen finde ich «nice to have», mehr nicht. Ja, es ist spannend zu sehen, was mein EKG sagt. Oder, wie die Sauerstoffsättigung meines Blutes aussieht. Und nein, es ist nicht notwendig, all dies zu wissen. Fühle ich mich nicht gut, gehe ich zum Arzt – Info auf der Uhr hin oder her. Aber: Nützt’s nichts, schadet es auch nicht. Wer weiss, ob die ScanWatch künftig dem einen oder anderen mit einer Vorhofflimmer-Warnung tatsächlich das Leben rettet? So oder so, ich bin von Withings' smartem Zeitmesser begeistert. Sie überzeugt in der Pflicht und in der Kür. Die Menüs lassen sich flüssig wechseln, die Werte sind zuverlässig und der Akku wird kaum müde.