Von Krypto-Mythen und ihrem Wahrheitsgehalt

An Kryptowährungen scheiden sich bekanntermassen die Geister. Befürworter und Skeptiker scheinen unversöhnlich. Höchste Zeit also, ein paar Mythen, die sich um Kryptowährungen ranken, einzuordnen und Klarheit zu schaffen.

Der Journalist, Dichter und Dramatiker Rudolf Presber (1868 – 1935) bemerkte einst sehr treffend: «Hundert blanke, abgegriffene Wahrheiten wiegen oft den Wert einer schönen dunklen Mythe nicht auf.» Ein ganz andere Position vertrat David Friedrich Strauss (1808 – 1874), ein evangelischer Philosoph, Theologe und Erzähler, der sich intensiv mit menschlichen Ängsten und Identitätskrisen beschäftigte. «Jedes Mysterium erscheint absurd, und doch ist nichts Tieferes, weder Leben noch Kunst noch Staat, ohne Mysterium.» Zu Lebzeiten der beiden zitierten Protagonisten waren Kryptowährungen natürlich noch kein Thema. Die beiden Aussagen zeigen aber, dass in Mythen eine enorme Kraft zu stecken scheint, und sie sich hartnäckig in den Köpfen der Menschen zu halten vermögen, sofern sie nicht klargestellt werden. Es folgt ein Versuch, die gängisten Krypto-Mythen einzuordnen.

  • Kryptos werden nur für Spekulationen und kriminelle Handlungen verwendet: Während es Spekulationen gibt, haben Kryptowährungen breitere Anwendungsbereiche, einschliesslich des dezentralisierten Finanzwesens, Lieferkettenmanagement und Identitätsüberprüfung. Es gibt zwar einige illegale Aktivitäten, aber sie sind nicht repräsentativ für den gesamten Kryptobereich.
  • Kryptos haben keinen intrinsischen Wert: Kryptowährungen sind ein wertvolles Tauschmittel, ein Wertaufbewahrungsmittel und dienen als Antrieb für dezentrale Anwendungen. Es stimmt zwar, dass Kryptowährungen oft keinen mit Gold vergleichbaren materiellen Wert haben, aber ihre Seltenheit und ihr Nutzen bieten einen intrinsischen Wert. So haben beispielsweise die nativen Währungen auf Smart-Contract-Plattformen einen intrinsischen Wert, da sie eine wichtige Rolle bei der Ermöglichung und Incentivierung verschiedener Nutzertypen wie Validatoren, DApp-Nutzer und Entwickler spielen.

Beachten Sie, dass an Mythen immer etwas Wahres dran sein kann, die Erkenntnisse aber leicht falsch interpretiert oder missverstanden werden können.

Menno Martens, Krypto-Spezialist, VanEck
  • Kryptowerte sind wie eine Einstiegsdroge in illegale Aktivitäten: Aufgrund des potenziell unveränderlichen Charakters der Blockchain können die Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Kryptowährungen den Strafverfolgungsbehörden helfen, illegale Aktivitäten einzudämmen, was zur Identifizierung der letztendlichen Nutzniesser von illegalen Aktivitäten führen könnte. Sie ist auch als Tor zu Innovation, finanzieller Integration und Effizienz bekannt. Die Technologie von Web3 und DeFi hat die Türen für eine Fülle von Anwendungsfällen geöffnet, die zuvor als unmöglich oder unpraktisch galten. Anleger sollten sich jedoch der Risiken einer Investition in digitale Vermögenswerte bewusst sein, wie z.B. Marktrisiken (Volatilitätsrisiko, Risiko eines Totalverlusts), technologische Risiken und regulatorische Risiken.
  • Kryptos werden zur Steuerhinterziehung verwendet: Transaktionen mit Kryptowährungen unterliegen zunehmend der Besteuerung. Viele Länder verlangen die Meldung von Kryptogewinnen, und es gibt legitime Instrumente für das Steuermanagement. Wichtig zu erwähnen ist, dass es in vielen Ländern an Klarheit und Regulierung in Bezug auf den Besitz und den Handel mit Kryptowährungen mangelt, was Möglichkeiten für Aufsichtsarbitrage schafft.
  • Krypto ist eine Blase, die auf das Platzen wartet: Die Blockchain-Technologie hat ein transformatives Potenzial, und viele Projekte lösen Probleme der realen Welt. Die Märkte können zwar unbeständig sein, aber nicht alle Projekte sind ausschliesslich auf Spekulationen zurückzuführen. Ein besserer Weg, um Bitcoin und andere Kryptowährungen in Bezug auf ihre Kursentwicklung zu beschreiben, ist die Verwendung von Marktzyklen. Es scheinen sich klare Muster abzuzeichnen, die stark mit der Halbierungszeit korrelieren (der algorithmisch definierten Zeit, nach der die Miningprämien abnehmen). Zu beachten ist natürlich, dass die Wertentwicklung in der Vergangenheit kein Indikator für zukünftige Ergebnisse ist. Bitcoin wird zunehmend als Teil einer breiteren Anlagestrategie zur Absicherung gegen Inflation und globale politische Instabilität verwendet, ähnlich wie Gold. Aus diesem Grund wird Bitcoin oft als eine Art digitales Gold bezeichnet, ein Wertaufbewahrungsmittel. Zudem ist Bitcoin im Gegensatz zu Gold auch eine bequeme Zahlungsmethode und eine gemeinsame Rechnungseinheit im Kryptowährungsökosystem.
  • Kryptos werden verboten: Viele Länder erkennen die Vorteile der Blockchain-Technologie. Während sich die Vorschriften weiterentwickeln können, sind völlige Verbote möglich, aber aufgrund des Potenzials der Technologie unwahrscheinlich. Ganz im Gegenteil: Kryptowährungen werden weltweit von Regierungen, Organisationen und Privatpersonen als innovative Technologie angenommen. Nutzer und Investoren von digitalen Vermögenswerten sollten sich bewusst sein, dass es Länder gibt, in denen Kryptowährungen generell verboten sind, wie z.B. der Stablecoin PYUSD von PayPal, der kürzlich auf Ethereum eingeführt wurde und zu den Netzwerkeinnahmen von Ethereum beiträgt und somit die Nachfrage nach dem nativen Token Ethereum erhöht.
  • Alle Kryptowährungen sind gleich: Kryptowährungen haben verschiedene Anwendungsfälle, von digitalen Zahlungen bis hin zu Smart Contracts und datenschutzfreundlichen Transaktionen. Sie unterscheiden sich in Design, Technik und Zweck
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