Investoren rund um den Globus setzen unvermindert auf China

Die überwiegende Mehrheit der globalen Anlageinstitutionen hat ihre Allokation in chinesischen Anlagen in den vergangenen zwölf Monaten ausgebaut oder stabil gehalten, so das Ergebnis einer Umfrage zum China-Engagement globaler Anleger, die Economist Impact im Auftrag von Invesco durchgeführt hat.

Für «China Position 2021», eine im Juni und Juli 2021 durchgeführte Umfrage unter 200 Anlageinstitutionen aus Nordamerika, Asien-Pazifik, Europa und dem Nahen Osten, wurden leitende Investmentexperten globaler Organisationen zu ihrem China-Engagement befragt. Demnach haben 86% der Befragten ihr China-Engagement in den letzten zwölf Monaten entweder ausgebaut oder stabil gehalten; 64% erwarten für die nächsten zwölf Monate eine weitere Zunahme und nur 12% gaben an, dass sie mit einem Rückgang rechnen.

Die globalen Investoren scheinen zu erkennen, wie sinnvoll und wichtig ein langfristiges Engagement in China vor dem Hintergrund des anhaltenden Transformationsprozesses der chinesischen Wirtschaft ist.

Chin Ping Chia, Head of Business Strategy and Development, Invesco

Die Mehrheit (60%) der Studienteilnehmer glaubt, dass sich Chinas Wirtschaft in den nächsten zwölf Monaten besser entwickeln wird als andere globale Volkswirtschaften. COVID-19 hat zwar das wirtschaftliche Verhalten und die Finanzmärkte verändert, aber offenbar nicht die strategische Sicht der Investoren auf China-Anlagen oder die für sie vielversprechendsten Anlagemöglichkeiten. Mehr als die Hälfte der Befragten (54%) berichtet, dass die Pandemie ihre Risikobereitschaft gegenüber China-Anlagen erhöht hat. Die geopolitische Unsicherheit aufgrund der Handelsspannungen zwischen den USA und China hält auch in diesem Jahr unter der Biden-Regierung an. 80% der Befragten gaben jedoch an, dass dieses Dauerthema einen moderaten oder sogar signifikanten Einfluss auf ihre Entscheidung für eine Ausweitung ihres China-Engagements hatte. Bei der gleichen Umfrage im Jahr 2019 hatten noch 44% der Teilnehmer angegeben, dass sich dies negativ auf ihre Investitionsentscheidungen auswirken werde.

Onshore-Titel weiter am gefragtesten; vermehrtes Interesse an Alternativen und Technologie
Bei der Auswahl der Anlageklassen sind chinesische Onshore-Aktien nach wie vor die beliebteste Anlageklasse (52%), gefolgt von Onshore-Anleihen (51%) und Offshore-Aktien einschliesslich H-Aktien und in den USA notierten China-ADRs (50%). Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Ergebnissen von 2019. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld und angesichts der anhaltenden Volatilität an den Aktienmärkten haben die Anlageinstitutionen auch illiquide Anlageklassen weiterhin auf dem Radarschirm. Dieser Trend spiegelt sich auch in den China-Anlagen der Befragten wider. Immobilien (40%), Direktbeteiligungen an Unternehmen (39%) und andere alternative Investments (38%) gehören zu den drei wichtigsten Anlageklassen, in denen die Befragten ihr Engagement in den nächsten zwölf Monaten ausbauen wollen. Fast zwei Fünftel der Studienteilnehmer (37%) wollen ihre Allokation in chinesische Onshore-Aktien erhöhen. Dieser Anteil ist jedoch niedriger als 2019 (52%).

Obwohl die jüngsten regulatorischen Reformen in China die Volatilität im Technologiesektor erhöht haben, zeigt die Studie, dass globale Investoren weiterhin in dieses Segment investieren. Für die Studienteilnehmer bleiben «Technologische Innovation» (49%) und «Finanzdienstleistungen» (44%) – wie bereits 2019 – die wichtigsten Anlagethemen. Auch die Themen «Gesundheit» (27%) und «Inländischer Konsum» (26%) ziehen jedoch grosses Interesse auf sich. Im Technologiesektor setzen die Anlageinstitutionen vor allem auf neue Anlagemöglichkeiten in Bereichen wie «Künstliche Intelligenz» oder «Digitale Automatisierung» (39%), «5G» (32%) sowie «Online-Dienste für Verbraucher oder den B2B-Markt» (31%).

China ist bereits eine der fortschrittlichsten digitalen Volkswirtschaften der Welt, und das Land hat seine Ambitionen, in diesem Bereich weiter voranzukommen, keineswegs aufgegeben.

Chin Ping Chia

Es ist davon auszugehen, dass die jüngste Verschärfung des Regulierungsrahmens einen gesunden und vor allem im Internetsektor nachhaltigeren Wettbewerb fördern wird. Das sollte China auf den Weg bringen, eines der wichtigsten Ziele seines 14. Fünfjahresplans zu erreichen: die globale Innovationsführerschaft. Chinas Bedeutung für und Einfluss auf die Weltwirtschaft werden weiter zunehmen. Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont und einem angemessenen Engagement in China-Anlagen mit Bezug zur wirtschaftlichen Transformation des Landes sollten davon voll profitieren können.

Chin Ping Chia von Invesco geht davon aus, dass die jüngste Verschärfung des Regulierungsrahmens einen gesunden und vor allem im Internetsektor nachhaltigeren Wettbewerb fördern wird. Bildnachweis: Invesco

Investoren differenzieren zwischen China und EM; Markttransparenz bleibt Sorgenfaktor
Mit dem zunehmenden Portfoliogewicht ihrer China-Anlagen trennen die Anleger China zunehmend von der Anlageklasse der Emerging Markets. Mehr als die Hälfte (54%) der Befragten gab an, ein eigenes China-Portfolio zu haben, während 40% über breiter gefasste Vehikel wie Emerging-Market- oder Asien-Strategien in China investiert sind. Als wichtigste Anlageziele für ihr China-Engagement nannten die Befragten eine Verbesserung der Gesamteffizienz des Portfolios (48%), die Nutzung von Chancen in bestimmten Sektoren (46%) und die Partizipation am langfristigen Wirtschaftswachstum Chinas (45%). Die Umfrageteilnehmer hoben mehrere Faktoren hervor, die China ihrer Ansicht nach zu einem attraktiven Investitionsziel machen. An erster Stelle stehen die Erwartungen an das Wachstumspotenzial der chinesischen Wirtschaft und das Potenzial für Gewinnsteigerungen bei Chinas börsennotierten Unternehmen (35%) sowie die bessere Qualität der Finanzintermediäre in China (35%). Das Vertrauen in die chinesischen Finanzintermediäre ist nennenswert höher als 2019 – vor zwei Jahren war dies nur für 27% der Befragten ein Faktor. Als grösste Hürden in Bezug auf China-Anlagen wurden Fragen der Unternehmensführung und Transparenz wie z.B. ein mangelndes Vertrauen in die Unternehmensberichterstattung (38%), eine geringe regulatorische Transparenz (38%) und die Undurchsichtigkeit des chinesischen Finanzsystems für ausländische Investoren (33%) genannt. Rund ein Drittel der Befragten ist der Meinung, dass es ihnen noch am nötigen China-Know-how fehlt, um sich an diesem Markt zu engagieren.

ESG stärkt China-Engagement
Immer mehr Anlageinstitutionen berücksichtigen bei ihren weltweiten Investitionsentscheidungen und auch bei ihren China-Anlagen ESG-Faktoren. 62% der Umfrageteilnehmer gaben an, bei ihren Anlageentscheidungen in Bezug auf China-Anlagen immer oder häufig ESG-Kriterien zu berücksichtigen. Nur 8% sagten, dass sie dies selten oder nie tun. Zwei Drittel (66%) der Befragten gab an, dass sich ihre China-Allokation durch ihre ESG-Ziele erhöht hat, da sowohl chinesische Unternehmen als auch die chinesische Regierung dem Thema ESG immer mehr Bedeutung beimessen.

Gleichzeitig bleibt die Transparenz ein wesentlicher Sorgenfaktor für globale Investoren. Die drei grössten Bedenken der Befragten sind, dass zu wenige Aktien- oder Anleiheemittenten in China ihren Standards in Bezug auf Umfang oder Qualität des ESG-Reportings entsprechen (28%) und dass ESG-Daten chinesischer Aktien- oder Anleiheemittenten nicht ohne weiteres verfügbar (25%) bzw. schwer zu überprüfen sind (12%). Eine Verbesserung der ESG-Berichterstattung stellt eine grosse Chance für institutionelle Investoren dar – 23% der Anlageinstitutionen bezeichneten eine bessere Offenlegung von ESG-Daten durch chinesische Anleihen- oder Aktienemittenten als Hauptgrund für eine Ausweitung ihres China-Engagements.

Der vollständige Bericht «China Position 2021» findet sich hier.

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