Lichtblicke für den Euro
Der US-Dollar hat gegenüber dem Franken in diesem Jahr über 12% an Wert eingebüsst. Die Kursgewinne an den amerikanischen Aktienbörsen haben sich für Schweizer Anleger dadurch weitgehend in Luft aufgelöst. Der Euro hielt sich mit einem Rückgang von rund 0.5% zum Franken stabil. Der Gewinn von 15% bei den europäischen Aktien zeigt sich somit auch in den Schweizer Depotauszügen.
Die Stärke des Euro mit der Schwäche des US-Dollars zu erklären, greift zu kurz. Bei allen Zweifeln, die angesichts der Geschichte des Euro der letzten fünfzehn Jahre verständlich sind, basiert sie auch auf positiven Entwicklungen in der Eurozone.
Thomas Stucki, Chief Investment Officer, St.Galler KantonalbankDie Italiener haben Ordnung in ihren Staatshaushalt gebracht.
Vor kurzem machte Schlagzeilen, dass die Risikoprämie der Staatsanleihen Frankreichs gleich hoch ist wie diejenige Italiens, und eine neuerliche Eurokrise wurde heraufbeschworen. Es stimmt, dass sich für 10-jährige französische Anleihen im Vergleich zu deutschen Papieren der Renditeaufschlag von 0.4% auf 0.8% verdoppelt hat. Unterschlagen wird jedoch, dass sich die Risikoprämie Italiens seit dem Amtsantritt von Georgia Meloni vor drei Jahren von 2.4% auf 0.8% reduziert hat. Dazu haben neben der für italienische Verhältnisse schon fast unwirklich anmutenden politischen Stabilität auch die Gelder aus dem EU-Aufbaufonds nach Corona beigetragen. Die Italiener haben aber Ordnung in ihren Staatshaushalt gebracht. Das Budgetdefizit ist auf 3.5% gesunken und mit dem Budgetvorschlag für das nächste Jahr erfüllen sie das Maastricht-Kriterium für das Budgetdefizit von 3%. Die Schuldenquote Italiens ist seit dem Corona-Höchst von 160% des BIP auf 135% gesunken, was immer noch hoch ist. Aber die Entwicklung stimmt, wobei ein Teil der Schulden während des Inflationsschubs der letzten Jahre weg inflationiert wurde.
Hoffnung für Deutschland
Die deutsche Wirtschaft wächst seit längerem nicht mehr. Die strukturellen Probleme der deutschen Industrie und die Fragen des überbordenden Sozialstaats sind ungelöst. Die Deutsche Bahn fährt noch nicht zuverlässiger und die Infrastruktur ist in vielen Teilen Deutschlands immer noch marode. Es zeigen sich aber auch Zeichen der Hoffnung auf eine konjunkturelle Besserung. Die Erwartungen der deutschen Unternehmen, gemessen an der Unterkomponente des IFO-Index, ist auf den höchsten Stand seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine und dem damit verbundenen Anstieg der Energiekosten gestiegen. Die Zölle von Trump haben die Erwartungen der Firmen zumindest im September nur geringfügig belastet. Bis die Massnahmen der Regierung von Friedrich Merz greifen, dauert es noch eine Weile. Eine bessere Stimmung bei den Firmen ist aber eine gute Grundlage für zusätzliche Investitionen. Positives zeigt sich auch im Immobilienmarkt, welcher die Talsohle durchschritten hat. Veränderungen im Immobilienmarkt haben breite Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft, sowohl im Negativen als auch im Positiven.
Geldpolitik der EZB wird vernünftiger
Die EZB konzentriert sich wieder stärker auf ihr Kerngeschäft der Geldpolitik und will nicht mehr auch noch die Welt retten. Die Inflationsrate ist weitgehend unter Kontrolle und mit 2.3% nahe bei ihrem Ziel. Das ermöglichte eine kontrollierte und ruhige Senkung des Leitzinses von 4.0% auf konjunkturfördernde 2.0%, womit das Ende des Senkungszyklus erreicht ist. Da die Zinsen in den USA weiter sinken werden, spricht die abnehmende Zinsdifferenz für eine anhaltende Stärke des Euro zum US-Dollar.
Konstrukt Euro bleibt fragil
Das Konstrukt der Eurozone bleibt anfällig. Dazu sind die strukturellen Unterschiede der verschiedenen Länder zu gross und die Interessen zu vielfältig. Die Grundlagen sind jedoch da, damit der Euro eine ruhigere und stabilere Phase vor sich hat. Davon profitieren nicht nur die Investitionen in europäischen Aktien, sondern auch die Schweizer Wirtschaft.