Moderne Analyseverfahren im Kampf gegen Financial Crime
Bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität sitzen Banken am zentralen Hebel. Wenn es darum geht, den Fluss illegal erworbener Gelder in den legalen Finanzkreislauf zu verhindern, brauchen sie Überwachungssysteme, die bereits beim kleinsten Hinweis auf illegale Transaktionen zuverlässig Alarm schlagen.
Seit Jahren leiden europäische Banken darunter, dass ihre Systeme illegale Transaktionen nur unzureichend erkennen. So ging der Marktwert mehrerer europäischer Grossbanken im Jahr 2019 vor allem aufgrund bedenklicher Anti-Money-Laundering (AML)-Kontrollen um zig Milliarden US-Dollar zurück, und Kunden konnten jahrelang ihr Geld ungehindert waschen. Mehrere Banken wurden in der Folge zu Geldstrafen von zum Teil über 1,5 Milliarden Dollar wegen unzureichender Geldwäscheprävention verurteilt. Aus diesem Grund steuert z. B. die Nordea, die grösste Bank Skandinaviens, seit Jahren gegen diesen Trend. Allein von 2013 bis 2019 hat sie die Anzahl ihrer Compliance-Mitarbeitenden, die sich mit der Bekämpfung von Finanzkriminalität befassen, von 160 auf 1500 erhöht. Darüber hinaus machen aktuelle Richtlinien zur Geldwäschebekämpfung (AML) – verbunden mit strengeren Strafmassnahmen bei Nichteinhaltung – erhebliche Investitionen in die Financial Crime Compliance (FCC) der Banken erforderlich.
Status quo – regelbasierte Überwachung
Ein integraler Bestandteil der Bekämpfung von Finanzkriminalität ist die Transaktionsüberwachung. Sie untersucht Transaktionen und Verhaltensweisen von Kunden oder Finanzintermediären auf illegale Muster und schlägt bei Verstössen Alarm – typischerweise mithilfe regelbasierter Kontrollen. Regelsätze sind dabei für Aktivitäten definiert, von denen bekannt ist, dass sie mit Geldwäsche in Verbindung stehen.
Dirk Holländer, Senior-Partner, zebIm gesamten Bankensektor herrscht Einigkeit darüber, dass regelbasierte Systeme aufgrund ihres kostenintensiven Betriebs und ihrer geringen Produktivität nicht mehr zeitgemäss sind.
Da jeder Alarm mit einer Regel verknüpft werden kann, sind diese Systeme einfach zu interpretieren, haben jedoch auch gravierende Nachteile. So können sie nur auf die zuvor definierten Ereignisse, nicht aber auf aktuelle Trends reagieren. Darüber hinaus liefern sie als reine Überwachungssysteme unweigerlich fehlerhafte Warnmeldungen. Hinzu kommen hohe Lizenzkosten für Drittanbieter, über welche die Systeme in der Regel betrieben werden.
Fortschritt ist Veränderung – moderne Analyseverfahren
Im gesamten Bankensektor herrscht Einigkeit darüber, dass regelbasierte Systeme aufgrund ihres kostenintensiven Betriebs und ihrer geringen Produktivität nicht mehr zeitgemäss sind. Fortschrittliche Überwachungsmassnahmen gegen Finanzkriminalität hingegen können sowohl die Regelkonformität stärken als auch die Kosten und den operativen Aufwand reduzieren, während gleichzeitig regulatorische Anforderungen erfüllt werden. Obwohl nur eine Handvoll Banken die neuen Lösungen vollständig implementiert hat und diese Systeme noch in den Kinderschuhen stecken, ist das hohe Potenzial für eine verbesserte operative Produktivität bereits deutlich erkennbar. Denn im Gegensatz zu regelbasierten Kontrollen werden moderne Analyseverfahren unter der Berücksichtigung von Geldwäschetypologien entwickelt. Dabei werden die Eingabevariablen erweitert, um ein besseres Verständnis des Kundenprofils aufzubauen.Dazu gehören beispielsweise Vertragsdaten, historisches Transaktionsverhalten sowie vergleichbares Verhalten im Peer-Segment und in der Vergangenheit. Auf diese Weise sind fortschrittliche Überwachungslösungen im Gegensatz zu regelbasierten Systemen in der Lage, ein vollständiges Bild des Kunden zu entwickeln, statt nur ein einzelnes oder wenige Ereignisse abzudecken. Sie geben den Ermittlerinnen und Ermittlern einen umfassenden Überblick über die Kundenbeziehung, sodass diese besser erkennen können, was akzeptabel ist und was verdächtig erscheint. Das ermöglicht eine schnellere und gleichzeitig «feinkörnigere» Überprüfung, was wiederum die Produktivität erhöht und den Zeitaufwand reduziert.
Der lange Weg zum Ziel – die Einführung neuer Kontrollsysteme
Die Einführung moderner Analysemethoden im Kampf gegen Finanzkriminalität geht weit über die Installation einer neuen Software hinaus. Sie stellt einen Paradigmenwechsel dar und sollte deshalb von einem strukturierten Transformationsprozess begleitet werden. Bankentscheiderinnen und -entscheider sind naturgemäss skeptisch, wenn es um die Einführung eines neuen Analysesystems geht. Diese Vorsicht ist verständlich, bedenkt man, dass die laufenden, regelbasierten Modelle bereits von Compliance, Regulierungsbehörden, Anbietern und Wettbewerbern gründlich getestet und bewertet worden sind. Ein neues, maschinelles Lernmodell muss zunächst die gleichen Prüfungen und Tests durchlaufen, bevor es das alleinige Überwachungsmodell für Finanzkriminalität werden kann. Ständige Verbesserungen, Anpassungen und Korrekturen sind der Weg zum Ziel. Das kostet Zeit – und Geld.
Nicht zuletzt deshalb erfordert der Einführungsprozess eine erhebliche Beteiligung des Managements, um Vorbehalte gegen die Veränderungen zu überwinden und Akzeptanz für eine neue Prüfungskultur zu schaffen – im eigenen Haus und darüber hinaus. Denn der Kampf gegen Finanzkriminalität ist kein Luxusproblem. Er ist eine Herausforderung für die gesamte Branche und erfordert nachhaltige, zukunftsfähige Lösungen.