Wohnen, wo andere nur staunen
Wer schon alles hat, legt sich nach Corona gerne weitere Luxusresidenzen zu. Das Angebot lässt kaum einen Wunsch offen.
Wer hat, dem wird gegeben. In Corona-Zeiten hat das Bibelwort einen zusätzlichen Aspekt erhalten. Ein Blick in den jüngsten Global Wealth Report der Credit Suisse öffnet die Augen. 2020 sind laut der Studie die globalen Vermögen um 7,4 Prozent gewachsen. Nicht nur das: Am stärksten konnten – wieder einmal – die Superreichen in der Gewichtsklasse der UHNWI zulegen, so dass sich die Schere der Vermögen weiter öffnete. Zugleich stiegen nicht nur die Aktienkurse, sondern auch die Hauspreise und dies «so stark wie seit vielen Jahren nicht mehr», schreiben die Experten der Credit Suisse.
Auch wer schon sehr vermögend ist, strebt gerne nach mehr. Bei Immobilienpreisen, die in Zukunft weiter steigen dürften, liegt der Gedanke nahe, sich eine weitere Luxusresidenz zuzulegen. Corona hat zudem die globalen Nomaden mit den grossen Konti und Depots gelehrt, dass Diversifikation auch in den Wohnsitzen rund um die Welt Trumpf ist, wie die Ansiedlungsagentur Henley & Partners berichtet. «Golden Visa» Programme mit Niederlassungs- und manchmal sogar Bürgerrechten liegen in vielen Ländern bereit. Auch in die Schweiz kann von ausserhalb der EU kommen, wer je nach Kanton unter anderem mindestens 200'000 Franken Steuern im Jahr zahlt, so Henley-Präsident Christian Kälin.
Auch «Klein-Versailles» im Angebot
Ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, Sicherheit, politische Berechenbarkeit und niedrige Steuern zählen mehr denn je. Ein schönes Eckchen in Europa liegt da als zusätzlicher Wohnort für die Reichen nahe. Und die Immobilienprofis stehen bereit. Ein internationaler Makler wie das Franchise-Unternehmen Engel & Völkers bietet, was das Herz begehrt und die Kasse hergibt. Auch Herrenhäuser und Schlösser gehören dazu.
Christoph Freiherr von Schenck, Engel & VölkersUnter den Käufern herrschaftlicher Vorzeigestücke befinden sich immer mehr erfolgreiche Unternehmer zwischen 35 und 40 Jahren.
Angeblich läuft der Markt derzeit wie ein Uhrwerk. «Insbesondere Käufer aus Deutschland, Russland, den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, Amerika und England interessieren sich für diese Objektart. Doch auch Scheichs aus dem arabischen Raum und Chinesen zeigen zunehmend Interesse», behauptet Christoph Freiherr von Schenck von Engel & Völkers. Das aktuelle Angebot ist breit gefächert. Ein stattliches Herrenhaus aus dem 15. Jahrhundert direkt am italienischen Ufer des Lago Maggiore gefällig? Dafür werden 5,9 Millionen Euro aufgerufen. Wer knapp 16 Millionen locker machen kann, darf sich «Le Petit Versailles» in der Nähe von Paris anschauen. Dafür gibt es dann 1100 Quadratmeter Wohnfläche und 40 Hektar Land. Es geht aber auch billiger. Ganze 950 000 Euro soll ein Barockschloss im deutschen Bundesland Brandenburg kosten.
Vorsicht bei historischen Bauten
Unter den Käufern herrschaftlicher Vorzeigestücke befinden sich immer mehr erfolgreiche Unternehmer zwischen 35 und 40 Jahren, beobachtet Schenck. Er macht den neuen Reichen den Mund wässrig mit der Aussage, dass bei geschichtsträchtigen Immobilien auch künftig eine stabile Preisentwicklung winkt. Ein vielleicht umfangreicher Renovationsbedarf, Auflagen des Denkmalschutzes und teure Unterhaltsarbeiten können künftigen Schlossherrn das Leben jedoch schnell vergällen. Dann doch lieber eine «klassische» Luxusimmobilie, sagen sich wohl die meisten. Je nach Land beginnen sie in Europa bei rund zwei Millionen Euro. Rasch geht es indes in luftige Höhen. Schweizer dürfte das noch mit am wenigsten schrecken, wenn hier selbst für Maiensässe schnell einmal eine Million verlangt wird. Wenn ein Makler wie das Müller Family Office in St. Gallen die «herrschaftliche Luxus Oase» Las Palmeras auf Mallorca mit acht Zimmern und 700 Quadratmeter Wohnfläche für 8,5 Millionen Euro annonciert, müssen wohl auch Eidgenossen in höheren finanziellen Sphären erst einmal schlucken. Oder auch nicht. Engel & Völkers hat unter dem Stichwort «edle Rückzugsorte mit emotionaler Rendite» Liegenschaften ab 20 Millionen Euro versammelt. Hierzu gehört auf Mallorca eine Villa inklusive Gästehaus mit knapp 2500 Quadratmetern Wohnfläche und eigenem Helikopter-Landeplatz im Nobelquartier Son Vida nahe Palma. Auf dem Preisschild stehen 22,5 Millionen Euro. Ähnlich teuer ist die 1901 erbaute Villa Marizzina in Cap d’Ail vor den Toren Monacos. Interessenten haben es nicht so gut wie jener dienstbare Geist der Prinzessin Odescalchi, welche das Bijou aus der Belle Époque 1929 erworben und nach ihrem Tod dem Bediensteten vermacht hatte.