Credit Suisse: Loyalty is priceless

Das wichtigste Gut eines Unternehmens ist sein Humankapital, sprich seine Mitarbeitenden. Erste und wichtigste Aufgabe des Managements muss es demnach sein, für das Personal ein inspirierendes und motivierendes Umfeld zu schaffen – und zwar auf allen Hierarchiestufen. Nur so bringen Mitarbeitende Höchstleistungen und vermögen ihr volles Potenzial zu entfalten. Und wenn das Arbeitsklima stimmt, ist die Belegschaft in der Regel loyal und bereit, die Extrameile zu gehen – auch oder gerade in Krisensituationen. Die Credit Suisse hingegen scheint einen anderen Weg zu gehen.

Über Sinn oder Unsinn von Bonuszahlungen, die speziell in der Finanzindustrie in einem zuweilen obszönen Ausmass ausgerichtet werden, wurde schon oft berichtet. Basierend auf der Idee, überdurchschnittliche Leistungen – zusätzlich zu einem oftmals üppigen Basissalär – zu honorieren, hat sich in der Bankenwelt in den letzten Jahren eine ungute Bonuskultur etabliert, die zunehmend aus dem Ruder läuft. Natürlich ist erst einmal nichts dagegen einzuwenden, dass Mitarbeitende am Unternehmenserfolg finanziell partizipieren. In der Realität ist es aber so, dass Bonuszahlungen in der Bankenwelt zu einem fixen Lohnbestandteil geworden sind, die losgekoppelt vom ursprünglichen Leistungsgedanken ausbezahlt werden. Eine Malus-Komponente, die im Falle verfehlter Gewinn- oder Kostenziele zur Anwendung kommen würde, existiert de facto kaum. Im Gegenteil: bei schlechtem Geschäftsgang werden Boni mit dem Argument der Mitarbeiterbindung erklärt und legitimiert. Die Bankenmanager führen an, dass «gute» Mitarbeitende gerade in Krisenzeiten mit Extra-Zahlungen bei der Stange gehalten werden müssten, da sie andernfalls ihr berufliches Glück anderswo suchten. Davon abgesehen, dass ein solches Menschenbild tief blicken lässt, herrscht offenbar die Erkenntnis vor, dass Loyalität lediglich eine Frage des Preises ist. Ein Irrglaube, dem auch die Credit Suisse nacheifert, wie sie jetzt schmerzlich erfahren muss. So wird von Branchenbeobachtern berichtet, dass die Schweizer Grossbank in jüngster Vergangenheit beträchtliche Bonus-Zahlungen – im Fachjargon auch Retention-Prämie genannt – an vermeintlich wichtige «Leistungsträger» geleistet hat mit dem Ziel, diese als Mitarbeitende der Bank zu halten. Leider scheint die finanzielle Charme-Offensive allerdings nur bedingt von Erfolg gekrönt gewesen zu sein. Ein Teil der umworbenen Mitarbeitenden scheint sich ob der «Treueprämie» zwar gefreut zu haben, die Bank verlassen haben sie aber trotzdem. Das mag ein unschöner Charakterzug einzelner Protagonisten sein, das Ergebnis zeigt im Wesentlichen aber auch, dass sich die Credit Suisse einmal mehr in der Symptom- und nicht in der Ursachenbekämpfung übt. Eine Lernkurve sieht irgendwie anders aus.

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