Rezessionssorgen in den USA

An den Finanzmärkten ist die Volatilität seit Ende Juli stark angestiegen. Neue Wirtschaftszahlen und auch die japanische Geldpolitik haben starke Kursschwankungen ausgelöst.

An den Finanzmärkten hat seit Ende Juli eine Flucht aus Aktien stattgefunden. Auslöser waren vor allem enttäuschende Konjunkturdaten in den USA: Am 1. August fiel der amerikanische Einkaufsmanagerindex deutlich unter den Erwartungen aus. Und tags darauf enttäuschten auch die US-Arbeitsmarktdaten. Das hat Befürchtungen geweckt, dass die Amerikaner künftig deutlich weniger konsumieren, weil sie mehr Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Das Risiko einer Rezession ist also wieder stärker in den Vordergrund gerückt – nach einer längeren Phase, in der eine rosige Zukunft mit guter Konjunktur und tieferen Zinsen vorweggenommen wurde.

Aktien: Verluste auf breiter Front
Eine Rezession würde zu Enttäuschungen bei den Unternehmensgewinnen führen. Entsprechend standen die Aktienmärkte unter erheblichem Druck: Seit Ende Juli gaben die breiten Indizes in der Schweiz, den USA und Europa um ca. 7% bis 8% nach (in CHF). Defensive Sektoren haben weniger stark korrigiert.

Leitzinssenkungen unabdingbar
Dank der Flucht aus Aktien sind die Langfristzinsen gesunken. Ebenfalls dazu beigetragen hat die Erwartung, dass die Notenbanken die Leitzinsen wegen der schwächeren Konjunktur rascher und möglicherweise stärker senken als bisher angenommen. Besonders ausgeprägt war der Rückgang in den USA.

Währungen: Franken und Yen werten auf
Wie meistens in Phasen erhöhter Unsicherheit stieg der Wert des Schweizer Frankens an. Denn weil die Zinsen in den meisten Ländern stärker sanken als in der Schweiz, ist der Zinsnachteil der Schweiz kleiner geworden. Dadurch ist der Franken im Vergleich zu anderen Währungen attraktiver geworden.

Die US-Konjunktur dürfte sich gegenüber dem starken ersten Halbjahr abschwächen. Eindeutige Anzeichen für einen heftigen Einbruch oder eine Rezession fehlen aber derzeit.

Thomas Rühl, Chief Investment Officer, Schwyzer Kantonalbank

Noch stärker war dieser Effekt beim japanischen Yen. Denn während in den meisten Regionen tiefere Leitzinsen absehbar sind, signalisierte die japanische Notenbank zuletzt höhere Leitzinsen als erwartet. In der Folge hat der Yen gegenüber allen Währungen stark an Wert gewonnen.

Japanische Aktien leiden unter Yen-Stärke
Der starke Yen ist eine Belastung für die wichtige japanische Exportindustrie (Autos, Elektronik etc.) und den Tourismus. Zudem ist der japanische Markt überdurchschnittlich stark abhängig von der globalen Konjunktur. Entsprechend standen japanische Aktien unter erheblichem Druck. Zusätzlich verstärkt wurde dies durch Zwangsverkäufe, weil viele japanische Investoren auf Kredit spekuliert hatten. Seit Ende Juli liegt der Gesamtmarkt 12% im Minus (gemessen in CHF).

Nahost: Ölpreis wohl wenig betroffen
Kaum eine Rolle bei den Börsenturbulenzen der vergangenen Tage spielte die Unsicherheit im Nahen Osten. Nach israelischen Schlägen gegen Kommandanten von Hamas und Hisbollah ist zwar mit einer Antwort des Irans zu rechnen. Allgemein wird aber davon ausgegangen, dass der Iran kein Interesse an einer weiteren Eskalation hat. Deshalb sind Störungen der Ölversorgung eher unwahrscheinlich. Der Ölpreis ist recht deutlich gesunken – getrieben von der Aussicht auf eine schwächere Nachfrage wegen der Eintrübung der Konjunktur.

Künstliche Intelligenz: Profitabilität offen
Zuletzt sind verstärkt Bedenken aufgekommen, ob die hohen Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI) tatsächlich die erhofften Renditen abwerfen. Der Kurs von Amazon beispielsweise gab deutlich nach, nachdem der Ausblick unter den Erwartungen ausfiel wegen hoher Investitionen in KI. Auch bei Google werden diese Ausgaben zunehmend kritisch beäugt. Insgesamt standen die Aktien von Unternehmen, die stark vom Thema KI abhängen, überdurchschnittlich unter Druck.

Ausblick
Die US-Konjunktur dürfte sich gegenüber dem starken ersten Halbjahr abschwächen. Eindeutige Anzeichen für einen heftigen Einbruch oder eine Rezession fehlen derzeit. Ausserdem hat die US-Notenbank grossen Spielraum für Leitzinssenkungen. Wir rechnen damit, dass sie im September eine Senkung von 50 Basispunkten vornimmt und damit die Wirtschaft ankurbelt. Die Aktienkurse dürften in den nächsten Tagen volatil bleiben und sich allenfalls auf etwas tieferen Bewertungsniveaus stabilisieren. Sofern die Wirtschaftszahlen nicht weiter in Richtung einer «harten Landung» gehen, rechnen wir aber nicht mit weiteren schockartigen Kurseinbrüchen.

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