China bleibt für Investoren interessant

Das Umfeld für Investitionen in chinesische Anleihen ist komplexer denn je, und bietet dennoch potenzielle Chancen.

Obwohl China als erstes Land von der COVID-19-Pandemie betroffen war, erholte sich das Reich der Mitte schnell und war eines der wenigen Länder, welches 2020 ein positives BIP-Wachstum verzeichnete. Der Exportsektor scheint robust, die monetären Bedingungen akkommodierend und die Auswirkungen der steigenden Inflation scheinen verhalten. Allerdings haben die Zahlungsausfälle von Unternehmen zugenommen, und die Bilanzen grosser staatlicher Unternehmen sind angespannt. Im April enttäuschten die Einzelhandelsumsätze; der Markt erwartete ein Plus von 25% im Jahresvergleich (bis 30. April 2021), doch die Ergebnisse lagen unter 18%.

Jedoch nahmen die chinesischen Exporte weltweit zu. Starke Exporte können die schwache Binnennachfrage ausgleichen. Ein Schwerpunkt der politischen Entscheidungsträger ist, den Binnenkonsum zu steigern, damit die wirtschaftliche Erholung stärker vom eigenen Land ausgeht. Obwohl es keine quantitative Lockerung gab, hat die People's Bank of China (PBOC) die Zinsen niedrig gehalten und gezielte Liquiditätsspritzen eingesetzt. In ihrem vierteljährlichen Finanzbericht beruhigte die PBOC den Markt und erklärte, dass sie sich bei einem Anstieg von COVID-19-Fällen keine Sorgen um die Inflation oder die Lieferketten mache. Ausserdem erwarte sie keine Auswirkungen vom Einkaufspreisindex auf den Verbraucherpreisindex.

Da gegen einige der grössten staatlichen Kreditnehmer Sanktionen verhängt wurden und die Unterstützung der Regierung ernsthaft in Frage gestellt wird, ist eine Neubewertung des chinesischen Investment Grade-Risikos an den US-Dollar-Märkten zu erwarten.

Christina Bastin, Portfoliomanagerin, Muzinich & Co.

Wir glauben, dass die PBOC die Bedingungen stabil halten und eine akkommodierende Geldpolitik mit strafferen Kreditbedingungen kombinieren wird. Dies folgt einem Muster: Wenn China wirtschaftlichen Rückenwind von aussen sieht, nutzt es diese Gelegenheit, um sich auf interne Probleme zu konzentrieren. Ein Punkt auf der Agenda ist die Reduzierung der Makroverschuldung, höchstwahrscheinlich als Reaktion auf die öffentlichkeitswirksamen Konkurse einiger staatlicher Unternehmen. Diese schockierten die heimischen Investoren und veranlassten die Aufsichtsbehörde, die inländischen Ratings zu überprüfen. Staatliche Unternehmen wurden aufgefordert, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen.

Ebenfalls einen genaueren Blick wert ist die Immobilienbranche, die unserer Ansicht nach seit 2019 Schulden abbaut. Wir beobachten nun eine Verbesserung der Kreditkennzahlen. Diese Branche sieht aufgrund der besseren Transparenz und der Verbesserung der Fundamentaldaten attraktiv aus. Da gegen einige der grössten staatlichen Kreditnehmer Sanktionen verhängt wurden und die Unterstützung der Regierung ernsthaft in Frage gestellt wird, ist eine Neubewertung des chinesischen Investment Grade-Risikos an den US-Dollar-Märkten zu erwarten. Sie wird ein wichtiger Indikator dafür sein, ob ein staatliches Unternehmen in Konkurs gehen darf. Diese Betonung der verbesserten internen Standards sowie das positive wirtschaftliche Umfeld dürften die weitere Erholung Chinas unterstützen. In der Immobilienbranche und in einigen zyklischen Sektoren, die von der Wiedereröffnung profitieren, ziehen wir High Yield-Anleihen aufgrund attraktiver Bewertungen und sich verbessernder Fundamentaldaten vor. Wenn die PBOC die Märkte stützen kann und die Exporte stark bleiben, gehen wir davon aus, dass China weiter florieren wird.

Christina Bastin kam 2013 zu Muzinich. Sie blickt auf eine mehr als 25-jährige Karriere im Bereich Unternehmensanleihen zurück. Vor Muzinich war Bastin in verschiedenen Funktionen im Kredit- und Handelsbereich der Deutschen Bank tätig, unter anderem als Managerin von Bankrisikoportfolios. Davor war sie als Kreditanalystin bei Schroders Investment Management und der Commerzbank tätig. Bildnachweis: Muzinich & Co.
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