Die Monroe-Doktrin lebt – transformiert zur geoökonomischen Waffe
Die Monroe-Doktrin ist kein Relikt vergangener Jahrhunderte – sie ist das unsichtbare Betriebssystem der US-Politik gegenüber Lateinamerika. Was 1823 als Schutzschild gegen europäische Mächte begann, dient heute als Instrument gezielter Einflussnahme – subtiler, aber nicht weniger wirksam.
Statt Marineschiffen kommen nun Dollars, Fonds und Sanktionen zum Einsatz. Die geplante Unterstützung Argentiniens über den «Exchange Stabilization Fund» – rund 20 Milliarden US-Dollar, ohne Kongressmandat – ist kein Akt finanzieller Solidarität, sondern geopolitische Präferenzpolitik. Wer marktwirtschaftlich konservativ regiert, wird gestützt. Wer linksgerichtet auftritt, wird geprüft – oder ausgebremst.
Filipe Gropelli Carvalho, Analyst für Schwellenländer, DPAMDie Monroe-Doktrin bleibt ein zentraler Rahmen, um das Zusammenspiel von Aussenpolitik, Marktstabilität und Investitionschancen in Lateinamerika zu verstehen.
Für Investoren ist das mehr als ein diplomatisches Randthema: Es definiert Risiko neu. In Lateinamerika entscheidet nicht allein die Wirtschaftslage über Stabilität, sondern die politische Nähe zu Washington. Kapitalströme, Ratings und Zugang zu Hilfspaketen folgen dieser Logik – und sie verschiebt die Spielregeln regionaler Finanzmärkte.
Die Monroe-Doktrin lebt – transformiert zur geoökonomischen Waffe. Sie zeigt, dass Machtprojektion im 21. Jahrhundert nicht mit Panzern, sondern mit Zahlungsströmen erfolgt. Wer in Lateinamerika investiert, handelt deshalb nie nur auf Märkten, sondern immer auch im Schatten geopolitischer Loyalitäten.