Jeder sechste Vermögensverwalter wird bis 2027 verschwinden

In der Vermögensverwaltungsbranche wird es in den nächsten vier Jahren zu einer dramatischen Konsolidierung kommen. Laut der neuen Global Asset and Wealth Management Survey 2023 von PwC wird bis zum Jahr 2027 voraussichtlich jeder sechste (16%) Vermögensverwalter weltweit übernommen oder verschwinden.

Der Bericht basiert auf den neuesten Branchenprognosen von PwC und einer Umfrage unter 250 Vermögensverwaltern sowie 250 institutionellen Anlegern. Darin zeichnet sich das Bild einer Branche ab, die mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen hat: digitaler Wandel, veränderte Anlegererwartungen, Konsolidierung und «Retailisierung» (die Bündelung kleinerer Anlagesummen).

Die Vermögensverwalter hatten 2022 ein schwieriges Jahr: Weltweit sank das verwaltete Vermögen auf 115,1 Billionen US-Dollar und lag somit fast 10% unter dem Höchststand von 2021 (127,5 Bio. USD). Das stellte den stärksten Rückgang seit einem Jahrzehnt dar.

Beresford Caloia, Leiter Global Wealth Management, PwC Schweiz

Daher erwägen 73% der Vermögensverwalter in den kommenden Monaten eine strategische Konsolidierung mit einem anderen Vermögensverwalter. Sie möchten dadurch Zugang zu neuen Segmenten erhalten, Marktanteile ausbauen oder Risiken mindern. Die Studienautoren erwarten, dass als unmittelbare Folge dieses Drucks – und wegen der Skalierung, die angesichts des Kosten- und Wettbewerbsdrucks häufig angestrebt wird – die zehn grössten Vermögensverwalter bis 2027 etwa die Hälfte des gesamten Investmentfondsvermögens weltweit kontrollieren werden. Im Jahr 2020 waren es noch 42,5%. «Da die regulatorischen Anforderungen steigen und die Margen sinken, unterstützt PwC Portfoliomanager bei der Suche nach Partnerschaften zur Verbesserung der Backoffice-Effizienz, insbesondere im Risikomanagement und bei der Compliance», erklärt Falk von der Heyde, Partner Deals Financial Services bei PwC Schweiz. «Dadurch könnten die Kundengebühren gesenkt und gleichzeitig die Beratungsqualität gesteigert werden».

Verwaltetes Vermögen klar gesunken
Die Vermögensverwalter hatten 2022 ein schwieriges Jahr: Weltweit sank das verwaltete Vermögen auf 115,1 Billionen US-Dollar und lag somit fast 10% unter dem Höchststand von 2021 (127,5 Bio. USD). Das stellte den stärksten Rückgang seit einem Jahrzehnt dar. Das verwaltete Vermögen dürfte sich bis 2027 jedoch erholen und dann 147,3 Billionen US-Dollar erreichen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 5%. Die Umfrage zeigt auch: Inflation, Marktvolatilität und die Entwicklung der Zinsen bereiten den Anlegern und Vermögensverwaltern über die nächsten 12 bis 24 Monate bei Weitem die grössten Sorgen.

Vermögensverwalter setzen auf KI, disruptive Technologien sowie individualisierte Indexierung
Mehr als 90% der Firmen nutzen bereits heute disruptive Technologien, wie Big Data, KI und Blockchain, um ihre Anlageperformance zu verbessern. Laut Umfrage wird das durch Robo-Advisor verwaltete Vermögen bis 2027 auf 5,9 Billionen US-Dollar anwachsen, also auf mehr als das Doppelte der 2,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2022. Auch die individualisierte Indexierung wird immer beliebter, besonders bei Anlegern, die steuerliche Vorteile anstreben, und bei Anlegern, die sich für ESG, faktorbasiertes Investieren und die algorithmische Portfoliokonstruktion interessieren. Fast 40% der institutionellen Anleger wollen in den kommenden 12 bis 24 Monaten in massgeschneiderte Indexierungsprodukte investieren, während fast die Hälfte der Vermögensverwalter massgeschneiderte Indizes in ihr Angebot aufnehmen will. Die Studienautoren erwarten, dass sich das direkt indexierte verwaltete Vermögen bis 2027 auf 1,47 Billionen US-Dollar verdreifachen wird. Das entspricht etwa 1% des gesamten verwalteten Vermögens. Unterdessen dürften aktive ETFs von 4,6 Milliarden US-Dollar auf 1,1 Billionen US-Dollar anwachsen und somit bis 2027 etwa 7,5% des globalen ETF-Marktes ausmachen. «Die Nutzung digitaler Tools durch die Kundschaft unserer Kundschaft hat exponentiell zugenommen», sagt Beresford Caloia, Leiter Global Wealth Management bei PwC Schweiz. «Zudem erwarten Kunden, dass ihre Bedürfnisse mühelos und kostengünstig erfüllt werden. Diese Erwartungshaltung kann nur durch den Einsatz von KI befriedigt werden. So verändert KI auch die Art und Weise, wie wir unseren Kunden individuelle Beratung bieten, um sie bei der Bewältigung ihrer digitalen Transformation zu unterstützen.

Privatmärkte als Motor für Wachstum und Rendite von Vermögensverwaltern
Der Bericht zeigt: Wenn der Inflations- und Zinsdruck nachlässt und die Weltwirtschaft wieder wächst, werden die weltweiten Erträge der Vermögensverwalter bis 2027 auf 622, Milliarden US-Dollar ansteigen. Damit würden sie das Rekordhoch aus dem Jahr 2021 von 599, Milliarden US-Dollar übertreffen. Das ist insbesondere auf einen anhaltenden Anstieg der Erträge aus dem Privatmarktgeschäft zurückzuführen. Dieser Bereich wird bis 2027 etwa die Hälfte der weltweiten Erträge von Vermögensverwaltern ausmachen (gegenüber 37,6% im Jahr 2020). Der Anteil der Privatmärkte am verwalteten Vermögen lag 2022 noch bei 10,6%, dürfte bis 2027 aber auf 49,7% der weltweiten Erträge ansteigen. Im Gegensatz dazu wird die Popularität passiver Produkte deutlich abnehmen und bis 2027 wohl nur noch für 6,4% der weltweiten Erträge verantwortlich sein. Dies, obwohl sie 2022 noch 26,4% des weltweit verwalteten Vermögens ausmachten.

Zweck, DE&I (Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion) und ESG sind unabdingbar
Der Druck auf verantwortungsvolles Wirtschaften steigt auch in der Vermögensverwaltungsbranche. Das schlägt sich in Bereichen wie der Finanzierung des Übergangs zu Netto-Null sowie für die Verbesserung von DE&I nieder. Mit 57% berichtete mehr als die Hälfte, dass Mitarbeitende zunehmend Transparenz verlangen, wobei 50% Offenlegungen zu ESG-Themen forderten. Allerdings konnten nur 37% bei ihren Arbeitgebern die Umsetzung von Massnahmen zur Verbesserung von DE&I erkennen.

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