Das unsichtbare Rückgrat des Krypto-Markts

Der Kauf eines Krypto-Exchange-Traded-Products (ETP) unterscheidet sich äusserlich kaum vom Kauf eines Exchange-Traded-Funds (ETF). Man gibt einen Ticker ein, platziert die Order und schon erscheint die Krypto-Position im Portfolio.

Doch hinter diesem einen Klick verbirgt sich eine komplexe Infrastruktur aus Market Makern, autorisierten Teilnehmern, Verwahrstellen und Cold-Storage-Tresoren. Diese verborgene Maschinerie entscheidet darüber, ob das Investment sicher, effizient und institutionell vertrauenswürdig ist. Die eigentliche Frage lautet also nicht nur, was man besitzt, sondern wie es gehalten wird. Im Krypto-Investing ist die Struktur kein Detail, sondern das Kriterium für Glaubwürdigkeit.

Im Krypto-Investing ist die Struktur kein Detail, sondern das Kriterium für Glaubwürdigkeit.

Dovile Silenskyte, Digital Assets Research, WisdomTree

Ein Krypto-ETP kann man sich wie eine fein abgestimmte Lieferkette vorstellen. Jeder Abschnitt muss reibungslos funktionieren, um ein sicheres und effizientes Investment zu gewährleisten.

  • Handelsausführung: Anleger platzieren ihre Orders auf dem Sekundärmarkt – über Börsen oder Broker. Market Maker sorgen für Liquidität, quotieren den ganzen Tag über, halten Spreads eng und Preise fair.
  • Primärmarkt, Abwicklung und Erwerb: Autorisierte Teilnehmer tauschen Kryptowährungen gegen neue Anteile (oder lösen diese ein). Für die Abwicklung beschaffen sie Krypto über regulierte OTC-Desk oder Börsen.
  • Verwahrung: Die Vermögenswerte werden in segregierte Cold-Storage-Systeme übertragen, rechtlich getrennt von der Bilanz des Emittenten. Unabhängige Prüfungen, Multi-Signature-Kontrollen und Versicherungen schützen vor operativen Ausfällen.
  • Laufende Abstimmung: Emittenten, Fondsadministratoren und Verwahrer gleichen täglich Bestände mit den ausgegebenen Anteilen ab. Jede Abweichung untergräbt das Vertrauen.
  • Transparenz: Glaubwürdige Emittenten veröffentlichen täglich ihre Bestände und Coin-Ansprüche pro Anteil. Dies ist die Lebensader des Vertrauens. Wenn ein Glied schwächer wird – Verwahrung, Liquidität oder Transparenz – ist die gesamte Kette gefährdet.

Chance vs. Risiko
Krypto-ETPs demokratisieren den Zugang zu digitalen Vermögenswerten. Sie verpacken eine relativ neue Anlageklasse in ein vertrautes Format. Für Institutionen bieten sie einen regulierten Zugang, ohne die operative Last von Wallets, privaten Schlüsseln oder Börsenkonten. Doch nicht alle Hüllen sind gleich. Manche Emittenten sparen bei Verwahrung, Transparenz oder Ausführungspartnern. In solchen Fällen verdeckt das ETP-Risiken, anstatt sie zu verringern. Anleger erkennen die Schwächen oft erst in Stressphasen. Weltweit sind physische Krypto-ETPs auf ein verwaltetes Vermögen (AUM) von 224 Milliarden USD gewachsen – doch nicht jedes ETP reduziert die Risiken direkter Krypto-Investments. Einige verstärken sie, indem sie eine trügerische Sicherheit vortäuschen.

Checkliste für Anleger: Die entscheidenden Fragen
Vor der Allokation sollten Anleger einige grundlegende Fragen stellen, die das Rückgrat der Due Diligence bilden. Die Antworten trennen Produkte, die lediglich Exposure bieten, von solchen, die echte institutionelle Sicherheit und Vertrauen gewährleisten. Denn Krypto vereint wertgetriebene Knappheit mit einer Geschichte der Fragilität, und Börsenpleiten und intransparente Verwahrmodelle haben die Branche geprägt. Das Verständnis des gesamten Lebenszyklus ist keine operative Nebensache, sondern essentiell für die Sorgfaltspflicht. Gebühren, Verwahrung und Glaubwürdigkeit sind keine getrennten Faktoren. Sie verstärken sich gegenseitig.

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