Was ich von meinem Vater über Geld gelernt habe …

und warum das heute noch zählt. Auch wenn sich das Anlageverhalten über die Jahre stark verändert hat: Seine Prinzipien habe ich verinnerlicht.

Mein Vater, geboren 1930 in Deutschland, gehörte der «Silent Generation» an – einer Generation, geprägt vom Zweiten Weltkrieg, von Unsicherheit und Entbehrung. Es war eine Zeit, in der das offene Aussprechen von Gedanken riskant war. Doch gerade darin lag auch eine stille Entschlossenheit. Er lehrte mich früh die Bedeutung von Sparsamkeit, Weitblick und Geduld. Auch wenn sich das Anlageverhalten im Laufe der Jahre stark verändert hat, sind seine grundlegenden Prinzipien geblieben.

Vom Krieg zur Kapitalanlage: Die Prägung einer Generation
Zu jung, um aktiv am Krieg teilzunehmen, war mein Vater dennoch stark betroffen. Er wurde als Flüchtling innerhalb Deutschlands mehrfach umgesiedelt. Nach dem Kriegsende zählte vor allem eines: Sicherheit. Die Menschen strebten nach Stabilität. Kapital war kaum vorhanden, und was nach der Grundversorgung übrigblieb, floss in Haus und Hof – in den Aufbau eines neuen Lebens aus Trümmern. Ein Onkel meines Vaters, der noch über etwas Geld verfügte, ermöglichte ihm ein Medizinstudium.

Heute agieren viele Anleger zu hektisch. Ständig online, reagieren sie panisch auf jede Erschütterung an den Börsen.

Karsten-Dirk Steffens, Head Switzerland, Aberdeen Investments

Im zweiten Drittel seines Lebens erlangte er einen bescheidenen Wohlstand – wie er selbst manchmal sagte: «ohne genau zu wissen, wie». Sein Umgang mit Geld war geprägt von einer konservativen Haltung: «Was man nicht in bar bezahlen kann, kauft man nicht.» Als Jugendliche fiel es meinem Bruder und mir schwer, diese Einstellung nachzuvollziehen. Doch unbewusst hat sie uns geprägt. Wir wurden zu Hause nicht verwöhnt, aber wenn unsere Wünsche nicht übermässig waren, unterstützte er uns. Sein Motto lautete: Geld soll man mit «warmen Händen» weitergeben. 1960 kaufte er ein Haus in Deutschland – und überwand dabei seine Abneigung gegenüber Schulden, indem er eine Hypothek aufnahm. Ich erinnere mich gut an seine Freude, als sie vollständig zurückgezahlt war. Trotz seiner vorsichtigen Art zeigte er Interesse an den Finanzmärkten. Er bewunderte Warren Buffett und begann, selbst in Aktien zu investieren – allerdings ohne seine grundlegende Philosophie zu verändern. Das zeigte sich auch, als ich später in der Schweiz ein Haus erwarb: Er riet mir von Hypotheken ab. Das Prinzip, dass Immobilien dort stark an Wert gewinnen, war ihm fremd.

Langfristiger Erfolg statt hektischer Aktionismus
Nach seinem Tod lösten wir sein Portfolio auf – und stellten zu unserem Erstaunen fest: Er hatte kaum Transaktionen durchgeführt. Mein Vater blieb also ruhig, selbst wenn die Märkte schwankten – und wurde dafür belohnt. Seine Strategie zahlte sich aus. Diese Haltung hat sich auf meinen Bruder und mich übertragen. Als Finanzmanager weiss ich, dass ruhiges, langfristiges Investieren in Aktien oft der beste Weg ist. Auch ich lasse meine Investments bewusst «ruhen». Heute agieren viele Anleger zu hektisch. Ständig online, reagieren sie panisch auf jede Erschütterung an den Börsen. Die Medien verstärken die Nervosität, indem sie Konflikte dramatisieren. Dabei widerspricht dieses Verhalten dem bewährten Grundsatz: Aktieninvestments brauchen Zeit – idealerweise 10 bis 15 Jahre. Nur so kann man auch vom Zinseszinseffekt profitieren. Mein Vater hingegen lebte bereits vor Jahrzehnten das Prinzip des langfristigen Anlagehorizonts – und hatte sein Portfolio diversifiziert. Was vor drei Generationen funktionierte, hat auch heute noch Bestand.

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