China High Yield: Nichts für zartbesaitete Investorengemüter, aber einen Kauf wert

Für die westliche Welt war und bleibt Chinas Wirtschaft und dessen politisches System ein Paradoxon – nicht weniger seit Xi Jinping’s Vision von Kollektivität vermehrt mit Massnahmen, Massregelungen oder spezifisch verschärften Regulatorien konkrete Formen annimmt. Aus chinesischer Sicht sind kurzfristige Korrekturen nötig, um den Weg zurück zur nationalen Grösse als oberstes Ziel der kommunistischen Partei zu beschreiten.

Auch bei sozialen Aspekten wird bei besagten Korrekturen nicht Halt gemacht: Unter der Doktrin der Kollektivität muss jeder seinen Beitrag leisten – selbst die jüngere Generation, die sich nach Ansicht der Partei zu stark mit Videospielen befasst, anstatt sich produktiv zur Erreichung des obersten Ziels einzusetzen. Unternehmen von Privatschulen werden abgestraft, da sie für die Mehrheit der Bevölkerung unerschwinglich geworden sind. Internetkonsum und dessen Plattformen kriegen viel Geld und geniessen zu viele Freiheiten, beinhalten jedoch nicht die nötige Innovationskraft, um Chinas technologischen Fortschritt zu gewährleisten. Umweltbewusstsein, Ausgewogenheit aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht als Fundament des neuen, modernen Chinas. Ist China tatsächlich eine wahre «ESG»-Nation?

Unerschwingliche Finanzierungskosten im Immobiliensektor
Die Kosten dieser kurzfristen, teilweise heftigen Verschärfungen zeigen sich in der aktuellen Wirtschaftsleistung und schlussendlich an den Finanzmärkten. Die monetäre Situation bleibt angespannt, während aus fiskalpolitischer Sicht nicht viel zu erwarten ist. Rohmaterial und andere Produktionsstätten kämpfen mit einer tiefen Auslastung aufgrund erhöhter Umweltvorschriften, was sich mitunter auf das Energieangebot und dessen Preise niederschlägt.

Die Entwicklung im Häusermarkt und deren Bauunternehmer zeigt jedoch, dass China die Schraube zu stark angezogen hat.

Roger Frey, CIO, Quilvest (Switzerland) Ltd

Die Entwicklung im Häusermarkt und deren Bauunternehmer zeigt jedoch, dass China die Schraube zu stark angezogen hat. Der Zerfall von Evergrande, und mitunter die Gefahr für die gesamte Immobilien- und Bauwirtschaft, könnte drakonische Konsequenzen für China und dessen Wirtschaft nach sich ziehen. Die Finanzierungskosten an den internationalen Obligationenmärkten für die Bauriesen sind unerschwinglich geworden. Zinsen von weit über 20% und mehr können sich selbst gut situierte Unternehmen auf lange Frist kaum leisten. Solche Zinsen oder Renditen wurden letztmals im Jahre 2012 gemessen, während der letzten Immobilienkrise in China. Mittlerweile zeigt sich auch an den lokalen Obligationenmärkten vermehrt Unsicherheit, was zu grösseren Preisabschlägen und erhöhten Refinanzierungskosten führt.

Kein Versiegen des internationalen Bondmarktes
Tatsächlich hat China seit ein paar Wochen Gegenmassnahmen eingeleitet, wodurch insbesondere die restlichen Immobilienfirmen vermehrt Unterstützung für ihre Geschäftsaktivitäten sehen. Aktuell gehen internationale Investoren davon aus, dass praktisch jedes vierte Bauunternehmen bankrott geht. Obwohl man denkt, dass USD denominierte Anleihen bei einem Zahlungsausfall womöglich schlechter behandelt werden als lokale Schulden, sind dies voraussichtlich viel zu pessimistische Annahmen. Selbst der Immobiliensektor Chinas kann sich ein Versiegen des internationalen Bondmarktes als Finanzierungsquelle nicht leisten, wovon jedoch ausgegangen wird, nimmt man die Preise dieser Obligationen als Richtwert.

Way too big to fail
Der Immobiliensektor gilt als «way too big to fail», insofern darf man annehmen, dass China alles daransetzen wird, keine systemische Krise zu verursachen. Dass dabei Evergrande in der ursprünglichen Form auf der Strecke bleibt, der Staat deren Schulden nicht übernimmt, davon ist auszugehen. Dass jedoch dasselbe Schicksal praktisch jedem vierten Bauriesen in China widerfährt, das würde China von seinem langfristigen Weg abbringen. Nichts für zartbesaitete Investorengemüter, aber China High Yield ist hier und jetzt einen Kauf wert.

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