Banken erwirtschaften mit «Green Financing» höhere Erträge

Das Jahr 2023 markierte einen erschreckenden Wendepunkt: Es war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.

Es wird immer deutlicher, dass die Klimakrise nicht nur eine drohende Gefahr ist, sondern dass sie zunehmend Realität wird. Schon lange haben Klimawissenschaftler gewarnt, dass wir die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen müssen, um das Überschreiten von Klimakipppunkten zu vermeiden und um die gravierendsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwehren. Doch die Daten aus dem Jahr 2023 zeichnen ein erschreckendes Bild: Es war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, und zwar mit erheblichem Abstand. Die Durchschnittstemperaturen lagen 2023 um 1,48 Grad über dem vorindustriellen Niveau - und damit gefährlich nahe an der 1,5 Grad-Schwelle, über der die Menschheit nur noch sehr begrenzt fähig sein dürfte, den Klimawandel aufzuhalten. Ab dann beginnen sich die klimatischen Verhältnisse selbst zu verstärken. 2024 setzte sich die globale Erwärmung aus dem Jahr 2023 mit Rekorden fort: Die Welt erlebte den wärmsten Januar seit Beginn der Aufzeichnungen (Copernicus).

Banken profitieren von neuen Einnahmequellen, die sich aus der grünen Transformation ergeben: Die Institute haben 2,5 Milliarden US-Dollar mit Klimaschutzprojekten eingenommen, verglichen mit 2,2 Milliarden US-Dollar von Unternehmen, die fossile Brennstoffe nutzen.

Samar Khanna, Environmental Economist, Schroders

Um die Klimakrise in die richtige Perspektive zu rücken und aufzuzeigen, warum sich Anlege mit diesen wachsenden Risiken befassen sollten, gilt es zunächst die physischen Risiken aufzuzeigen, die sich bereits jetzt auf die Finanzmärkte auswirken.

Klimaschäden in Milliardenhöhe nehmen zu
2023 verzeichneten die USA nach Angaben der National Oceanic and Atmospheric Administration 28 Wetter- und Klimakatastrophen mit einem Schaden von mindestens einer Milliarde Dollar. Das entspricht der höchsten Zahl von Katastrophen seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Kosten, die von diesen Ereignissen verursacht wurden, betrugen insgesamt 93 Milliarden US-Dollar. 1980, als derartige Zahlen erstmals erfasst wurden, waren es gerade einmal drei Katastrophen im Milliardenbereich.

Rückgang der Nahrungsmittelproduktion
Indien, der weltweit grösste Reisexporteur, auf den 40% der gesamten Reisausfuhren entfallen, hat im Juli 2023 den Export einiger Reissorten gestoppt. Die Preise für dieses wichtige Produkt stiegen dadurch auf den höchsten Stand seit über einem Jahrzehnt. Hinter der Entscheidung Indiens stand eine schwere Dürre, die durch die globale Erwärmung und El Niño noch verschärft wurde. Auch in Europa machen sich derartige Wetterereignisse bemerkbar: Eine schwere Dürre im westlichen Mittelmeerraum hatte zu unterdurchschnittlichen Erträgen geführt, insbesondere bei der Olivenöl- und Reiserzeugung (siehe Grafik unten), und in einigen Regionen Spaniens sind die Wasserreservoirs aktuell nur noch zu etwa einem Viertel gefüllt (World Economic Forum).

Abbildung 1: Intensität der Dürren im Mittelmeerraum nimmt zu

Quelle: Europäische Kommission

Beeinträchtigungen der Handelsrouten durch Dürreperioden
Den Einfluss von schweren Dürreperioden belegt auch ein Beispiel aus unserem Nachbarland Deutschland. Hier ist die Bedeutung des Rheins für den europäischen und weltweiten Handel enorm: Der Fluss ist nicht nur für 6% des Gesamtgütertransports verantwortlich, darunter 30% der Kohle, des Erdöls und des Erdgases und 20% der Erzeugnisse aus Kokerei und Mineralölwirtschaft (Institut für Weltwirtschaft, Kiel), er ist auch eine wichtige regionale Verkehrsader. Die Wasserstrasse liefert wichtige Rohstoffe für die europäische Schwerindustrie - rund 20% der weltweiten Chemieindustrie haben Produktionsstätten entlang des Flusses. Die zunehmende Trockenheit und die niedrigeren Wasserstände haben zu einem spürbaren Rückgang der beförderten Güter geführt. Das wurde erstmals 2018 sichtbar, als die Dürre in Deutschland zu einem Rückgang der Industrieproduktion um 1,5% und des BIP um 0,4% führte (IfW). 2022 verzeichnete Europa die weitreichendste Trockenheit seit 500 Jahren, und dies verursachte einen Rückgang der beförderten Güter um 50%. Als Folge dieser Erfahrungen plant die deutsche Regierung Investitionen in Höhe von 180 Millionen Euro und Transportunternehmen sehen sich genötigt, ihre Schiffe für flachere Gewässer umzubauen – zu erheblichen Mehrkosten für die Wirtschaft.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Finanzmärkte eine erhöhte Volatilität erleben werden – und das früher als erwartet. So warnt der UNFCCC, dass der Umfang und das Tempo des Wandels, der erforderlich ist, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, disruptiv, kostspielig und ungeordnet ablaufen werde. Und weil sich die Massnahmen zum Klimawandel verzögern, braucht das Wirtschaftssystem einen grundlegenden Wandel, um die Emissionen bis 2030 um 43% zu reduzieren. Auch nach Einschätzung des Weltklimarates IPCC sind die physischen Risiken bei der derzeitigen Erwärmung grösser als erwartet.

Höhere Erträge durch neue Positionierung
Banken profitieren derweil von neuen Einnahmequellen, die sich aus der grünen Transformation ergeben: Die Institute haben 2,5 Milliarden US-Dollar mit Klimaschutzprojekten eingenommen, verglichen mit 2,2 Milliarden US-Dollar von Unternehmen, die fossile Brennstoffe nutzen. Das ist eine bemerkenswerte Veränderung im Vergleich zu 2020, als die Einnahmen von Unternehmen, die fossile Brennstoffe nutzen, fast doppelt so hoch waren wie die Einnahmen aus grünen Projekten (siehe Abb. 2).
Abbildung 2: Banken verdienen mehr an «Green Financing»

Und in der Eurozone berücksichtigen Banken das Klimarisiko mittlerweile in der Kreditvergabe: Ein CEPR-Bericht stellt fest, dass der durchschnittliche monatliche Zinssatz für Unternehmen im obersten Quartil der Kohlenstoffemissionen den Zinssatz für Unternehmen im untersten Quartil um 15 Basispunkte übersteigt. Die Differenz zwischen den Zinssätzen, die Banken von Unternehmen verlangen, die sich zu künftigen Emissionsreduktionen verpflichten, und denen, die dies nicht tun, beträgt etwa 20 Basispunkte. Dies ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass es beim Thema Klimawandel auch gewinnbringende Investitionen geben kann.

Die detaillierte Schroders-Analyse findet sich hier.

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