Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert
Im Zuge der abflauenden Pandemie erholt sich die Schweizer Wirtschaft rasant. Die Ökonomen der Credit Suisse erwarten unverändert ein Wirtschaftswachstum von 3,5 %. Der Aufschwung wird jedoch an Dynamik einbüssen. Deshalb gehen die Ökonomen der Bank für 2022 von einer Abschwächung des BIP-Wachstums auf 2,0 % aus.
Mit der Wiedereröffnung weiter Teile der Wirtschaft hat eine Erholung eingesetzt und die Nachholkäufe wirken als Beschleuniger. Demzufolge dürfte sich der grösste Teil des Privatkonsums bis im Frühherbst wieder normalisieren. Derweil dauert der Erholungsboom im Schweizer Industriesektor weiter an. Insgesamt sollte das Bruttoinlandprodukt dieses Jahr um 3,5 % zulegen und somit den Einbruch von 2020 (-2,6 %) mehr als kompensieren. Für 2022 rechnen die Ökonomen der Credit Suisse mit einer Abschwächung der Wachstumsdynamik auf 2,0 %. Die Nachholeffekte dürften zunehmend entfallen, zumal gemäss Schätzungen rund 30 % der Ersparnisse aus den zwei Lockdowns zu «Vorsichtsersparnissen» werden. Da vermehrt Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können, wird sich die Nachfrage nach Gütern abschwächen. Der vergleichsweise schleppende Personalaufbau deutet auf eine gewisse Skepsis der Unternehmen hinsichtlich der Dauer des Erholungsbooms hin.
Gastronomie allmählich auf Erholungskurs, Tourismusbranche darbt weiter
Die insgesamt positive Entwicklung verdeckt zudem die schwierige Lage in einzelnen Branchen, allen voran im Gastgewerbe. Im Pandemiejahr 2020 verzeichneten die Gastronomie und der Tourismus einen Umsatzeinbruch von 40 % bzw. 67 %. In den städtischen Regionen am Genfersee und in Zürich war der Einbruch sogar noch höher.
Credit SuisseEin Ende der Durststrecke ist für die Gastronomie absehbar, obschon die Beschränkungen der Anzahl Gäste und die Schliessung der Clubs, Diskotheken und Tanzlokale eine vollständige Umsatzerholung bis auf Weiteres hemmen.
Dort fehlten die ausländischen Touristen und Ertragseinnahmen aus der Party-Industrie. Nur einzelne Segmente konnten von der Krise profitieren, zum Beispiel die Parahotellerie, weil die Schweizerinnen und Schweizer ihren Urlaub in Kleingruppen im Inland verbrachten, oder die Take-aways, da Restaurants und Bars geschlossen oder bloss im eingeschränkten Betrieb waren. 2020 war kein Rückgang bei den Neugründungen von Unternehmen im Gastgewerbe zu verzeichnen. 2021 hat die Neugründungsrate gar zugenommen. Gleichzeitig konnte unter anderem dank der staatlichen Unterstützungsmassnahmen eine Konkurswelle verhindert werden.
Ein Ende der Durststrecke ist für die Gastronomie absehbar, obschon die Beschränkungen der Anzahl Gäste und die Schliessung der Clubs, Diskotheken und Tanzlokale eine vollständige Umsatzerholung bis auf Weiteres hemmen. Dagegen haben die Ökonomen der Credit Suisse für die weitere Entwicklung der Tourismusbranche vier verschiedene Szenarien zur zukünftigen Tendenz der Tourismusströme mit einem Horizont von rund sechs Monaten erstellt (siehe Studie ab Seite 16). Zusammenfassend kommen sie zum Schluss, dass eine rasche Rückkehr zur Vorkrisensituation eher unwahrscheinlich ist. Deshalb werden sowohl die Parahotellerie als auch die Schweizer Ferienregionen aller Wahrscheinlichkeit nach im Sommer 2021 erneut zu den Gewinnern zählen.
SNB hält bis auf Weiteres an expansiver Geldpolitik fest
Einen Mini-Schritt in Richtung «Normalisierung» hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) vollzogen. Gemäss Schätzungen der Credit Suisse Ökonomen dürfte die SNB in den vergangenen Monaten in geringem Umfang Fremdwährungsreserven verkauft haben. Dies aber nicht, um den Franken zu stärken, sondern um den Markt zu «testen». Fremdwährungskäufe sind aus Sicht der Ökonomen weiterhin wahrscheinlich, falls der Aufwärtsdruck auf den Schweizer Franken wieder steigen sollte. Sie rechnen nicht damit, dass die Nationalbank ihren Leitzins über den Prognosehorizont der CS-Ökonomen hinweg erhöhen wird, das heisst mindestens nicht bis Ende 2022.
Die Publikation «Monitor Schweiz» der Credit Suisse findet sich hier.