Warum Banken den Zahlungsverkehr an Big Tech verlieren

Noch nie war Bezahlen so schnell – und so umkämpft. Neue Regulierungen ebnen den Weg für Instant Payments, doch gleichzeitig verlieren Banken an Boden gegenüber BigTechs, die den Alltag der Kunden kontrollieren. Die Frage ist nicht mehr, ob sich der Markt verändert, sondern wer ihn am Ende beherrscht.

Die neue «Retail-Payments-Market Studie 2025» von BearingPoint und OeNPAY zeigt: Der Zahlungsverkehr steht vor einem historischen Umbruch. Nie zuvor wurden in Europa und weltweit so viele Transaktionen digital und in Echtzeit abgewickelt wie heute. Im Jahr 2023 wurden allein in den untersuchten Märkten über 100 Milliarden bargeldlose Zahlungen durchgeführt – ein Anstieg von mehr als 6 Prozent pro Jahr in den etablierten Volkswirtschaften und sogar über 25 Prozent in den Schwellenländern. Gleichzeitig wächst die Nutzung von Mobile-Payment-Lösungen und kontaktlosen Karten rasant. Die Studie belegt, dass Echtzeit-Zahlungen (Instant Payments) und digitale Wallets klassische Zahlungsinstrumente zunehmend verdrängen und neue Standards für Geschwindigkeit, Komfort und Sicherheit setzen.

Die Schweiz zeigt eindrucksvoll, wie lokale Innovation und internationale Standards zusammenspielen können.

Katharina Casanova, Co-Studienautorin, BearingPoint

Kartenzahlungen und Mobile Payments dominieren
Kartenzahlungen – insbesondere kontaktlos – dominieren die elektronischen Zahlungen am Point of Sale. Mobile Zahlungen über Wallets wie Apple Pay, Google Pay oder TWINT wachsen stetig und werden von immer mehr Menschen im Alltag genutzt, die Nutzung nimmt in allen Altersgruppen zu. In Schweden werden 75 Prozent der Zahlungen kontaktlos mit Karte durchgeführt, in Finnland sind es sogar 89 Prozent. In Österreich wurden 2022 bereits über 2 Millionen mobile Bankomatkarten aktiviert. In der Schweiz und in Deutschland zeigt die Studie ebenfalls eine wachsende Akzeptanz von Mobile Payments: In der Schweiz ist TWINT als nationale Lösung etabliert, während in Deutschland Mobile-Payment-Lösungen wie Apple Pay und Google Pay zunehmend genutzt werden.

Instant Payments vor dem Durchbruch
EU-weite Regulierungen und sinkende Transaktionskosten forcieren die Einführung von Echtzeit-Zahlungssystemen. Jeder zweite Befragte in Europa möchte künftig Instant Payments nutzen. In Österreich sind nahezu alle Banken und Payment Service Provider dem SEPA Instant Scheme beigetreten. Auch in Deutschland und der Schweiz gewinnen Instant Payments an Bedeutung: In Deutschland werden Instant Payments immer häufiger genutzt, unterstützt durch die Instant-Payment-Verordnung. In der Schweiz ist die Echtzeitabwicklung von Zahlungen über das Swiss Interbank Clearing (SIC)-System bereits etabliert und wird von den Banken kontinuierlich ausgebaut.

Die Schweiz ist Vorreiter bei der Verbreitung kontaktloser Karten und mobiler Zahlungen und verbindet Innovation mit einer ausgeprägten Sicherheitskultur.

Bernhard Krick, Co-Studienautor, OeNPAY

Entbündelung des Zahlungsverkehrs
FinTechs, Neobanken, BigTechs und Embedded-Finance-Anbieter übernehmen zunehmend die Kundenschnittstellen und spezialisierte Funktionen. In Österreich gibt es 148 aktive FinTechs, davon sind rund 40 Prozent Startups. In Deutschland wird für den FinTech-Markt ein Volumen von rund 14,6 Milliarden US-Dollar erwartet, mit einem jährlichen Wachstum von etwa 15 Prozent bis 2030, während die Zahl der Bankfilialen rückläufig ist. In der Schweiz sind internationale Acquirer wie Worldline Schweiz AG und Concardis fest etabliert und treiben die Konsolidierung voran; die Zahl der FinTechs pro Million Einwohner ist mit 30 europaweit führend. Auch immer mehr internationale Anbieter drängen nach Europa und in die DACH-Region, ihr Marktanteil steigt kontinuierlich.

Neue regulatorische Rahmenbedingungen
Regulatorische Initiativen wie MiCA, PSD3, DORA und die Travel Rule bringen höhere Anforderungen an Transparenz, Sicherheit und Interoperabilität. 89 Prozent der Payment Service Provider im Euroraum sind dem SEPA Instant Scheme beigetreten. Die regulatorischen Anforderungen fördern Innovation, stellen die Marktteilnehmer aber auch vor neue Herausforderungen.

Länder im Vergleich
Die Studie zeigt, dass die Innovationskraft und die Geschwindigkeit des Wandels im Zahlungsverkehr international unterschiedlich ausgeprägt sind. Während Länder wie die Schweiz, Schweden und das Vereinigte Königreich digitale Vorreiter sind und einen hohen Anteil an Kartenzahlungen und Mobile-Payment-Lösungen aufweisen, bleibt in Deutschland und Österreich Bargeld weiterhin die am häufigsten genutzte Zahlungsmethode – auch wenn die Nutzung rückläufig ist. Emerging Markets wie Indien und Mexiko holen stark auf, getrieben durch die rasche Verbreitung von Mobile-Payment-Lösungen und Instant Payments.

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