Der Titanic-Moment der Credit Suisse jährt sich heute zum ersten Mal
Der 19. März 2023 ist als schwarzer Tag in die Geschichte des Schweizer Finanzplatzes eingegangen. Heute vor einem Jahr wurde die Notübernahme der gestrauchelten Credit Suisse durch die UBS verkündet. Die Ursachen, die zum unrühmlichen Ende der Nummer 2 im helvetischen Bankensektor geführt haben, weisen durchaus Parallelen auf mit dem Untergang der Titanic. Sie sind im Wesentlichen auf eine masslose Selbstüberschätzung des Top Managements und auf das trügerische Gefühl der eigenen Unverwundbarkeit zurückzuführen.
Die konkreten Gründe, die zum Niedergang der Credit Suisse geführt haben, wurden bereits an anderer Stelle hinreichend analysiert. Konstatiert werden richtigerweise schwere Managementfehler und eine korrumpierte Unternehmenskultur, die über Jahre ausgehöhlt und von der Führungsriege der Bank ad absurdum geführt wurde. Was über Generationen von fähigen und verantwortungsvollen Köpfen aufgebaut wurde, vermochten einige wenige, hochbezahlte Protagonisten in der Teppichetage der Credit Suisse in einem Jahrzehnt zu vernichten.
Leo Trotzki, kommunistischer Politiker und marxistischer Theoretiker (1879 – 1940)Verantwortung entsteht dadurch, dass man nicht rechtzeitig Nein sagt.
Zur Rechenschaft gezogen wurde dafür niemand. Juristische Konsequenzen für die Verantwortlichen? Keine. Und die gesellschaftliche Ächtung, die zumindest den letzten Verantwortungsträgern der Credit Suisse entgegenschlägt, dürfte von den Betroffenen, angesichts der üppigen Entschädigungen, die bis zum Schluss entrichtet wurden, billigend in Kauf genommen werden. Was besonders stossend ist: Von Selbstkritik oder Reue ist bei den einstigen Konzernleitungsmitgliedern und Verwaltungsräten der Credit Suisse – wohl auch aus Sorge, juristische Angriffsfläche zu bieten, bis zum heutigen Tag wenig bis gar nichts zu spüren. Sie sind allesamt abgetaucht und leisten sich den Luxus des Schweigens. Auch eine Form Vergangenheitsbewältigung – wenn auch eine sehr zweifelhafte.