Akquisitionen schütteln Firmen durch – UBS und CS lassen grüssen

Mit dem Erwerb der Credit Suisse hat sich die UBS-Spitze um Colm Kelleher und Ralph Hamers eine Herkulesarbeit aufgeladen. Wie gut sind ihre persönlichen Voraussetzungen dafür?

Übernahmen und Fusionen sind die Königsdisziplin der Manager. Die Gefahr des Scheiterns ist gross. Der Daimler-Chrysler-Deal von 1998 versackte im Strudel von Milliardenverlusten, die «Hochzeit im Himmel», so der unvergessliche Spruch von Daimler-Chef Jürgen Schrempp, endete neun Jahre später im Fiasko der neuerlichen Trennung. So oder ähnlich läuft es laut Fachleuten in der Mehrzahl von Firmenzusammenschlüssen: Sie scheitern kläglich oder bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Die anfängliche Euphorie der Handlungsträger weicht windelweichen Ausflüchten.

Aus Konkurrenten sollen Verbündete werden
Im europäischen Bankengeschäft ist die schwierige Einbindung der Dresdner Bank in die Commerzbank – zugegeben inmitten der Finanzkrise von 2008 – noch in guter Erinnerung. Ein Vorteil ist sicherlich, wenn die Schlüsselakteure schon Erfahrungen in Akquisitionen und Fusionen haben. Wie steht es damit bei den beiden UBS-Granden Colm Kelleher als Verwaltungsratspräsident und Ralph Hamers als CEO, die jetzt die Mammut-Übernahme der Credit Suisse stemmen wollen? Sie wird beide Unternehmen durchschütteln, nicht zuletzt deswegen, weil unterschiedliche Kulturen zusammengeführt werden müssen. Mehr noch: Hier sollen aus jahrzehntelangen direkten Konkurrenten plötzlich Verbündete werden. Daneben stehen die beiden Nicht-Schweizer Kelleher und Hamers vor der Aufgabe, die nationalen Befindlichkeiten im Blick zu haben (Stichwort CS Schweiz), gerade angesichts der drohenden Kahlschläge unter den Beschäftigten.

Die Mammut-Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wird beide Unternehmen durchschütteln, nicht zuletzt deswegen, weil unterschiedliche Kulturen zusammengeführt werden müssen.

Jürgen Dunsch, Wirtschaftsjournalist

Einen Vorteil besitzen beide Banker: Sie waren schon zuvor länger für global systemrelevante Häuser tätig, Kelleher für die Wall-Street-Bank Morgan Stanley, Hamers für die niederländische ING, welche stärker auf das Massengeschäft ausgerichtet ist. Das ist es aber auch im Wesentlichen. Morgan Stanley fusionierte 1997 mit dem Finanzdienstleister Dean Witter, doch zu jener Zeit stand Kelleher noch am Beginn seiner Karriere. Während der Finanzkrise machte der Machertyp sich dann einen Namen, als er, inzwischen Finanzchef und Co-Head Corporate Strategie, für seine bedrängte Bank den milliardenschweren Einstieg der japanischen Grossbank Mitsubishi UFJ Financial Group aushandelte.

Der «Amerikaner» Kelleher
Kelleher, Jahrgang 1957, ist Ire mit 8 Geschwistern, hat Geschichte studiert und trägt einen Master-Titel der Universität Oxford. Beruflich wurde Morgan Stanley seine Heimat, für die er 30 Jahre lang tätig war. Mit den alleinigen Erfahrungen in Amerika könnte es für ihn schwierig sein, die kontinentaleuropäisch-schweizerischen Befindlichkeiten abzuschätzen. Von Vorteil ist andererseits sein breites Wissen vom Investmentbanking bis zur Vermögensverwaltung.

Der Niederländer Ralph Hamers wirkt auf den ersten Blick zugänglicher. Der studierte Betriebswirt mit Jahrgang 1966 ging nach Stationen bei General Motors und der Bank ABN Amro 1991 zur ING Groep. Dort stieg er bis 2013 zum Chief Executive auf. Die ING-Zukäufe der Barings Bank in Grossbritannien und der BHF-Bank in Deutschland vollzogen sich allerdings in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre und damit weit vor Hamers Zeit als CEO. Vielmehr «steuerte er die Bank nach der Finanzkrise wieder in die Gewinnzone und unterstützte die digitale Transformation des Unternehmens», hebt die UBS, die er seit November 2020 lenkt, auf ihrer Homepage hervor. Eine Altlast aus ING-Tagen ist ein Geldwäscheverfahren, in dessen Rahmen die niederländische Justiz eine mögliche Rolle von Hamers strafrechtlich prüft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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