2024 könnten Small Caps zum Kassenschlager werden

In den letzten Jahren konnten sich Small Caps nicht so kräftig entwickeln wie Large Caps. Sollte die US-Notenbank jedoch wie erwartet 2024 die Zinsen senken, könnten sich ihre Aussichten verbessern.

In diesem Jahr sollten sich zahlreiche Gelegenheiten ergeben, um vielversprechende Unternehmen zu kaufen, und dies zu Bewertungen, die im historischen Vergleich insgesamt sehr angemessen sind.

Christophe Braun, Equity Investment Director, Capital Group

In den nachfolgenden sieben Bereichen sehen wir noch in diesem Jahr für Small Caps erhebliche Chancen:

  1. Ausbau der globalen Infrastruktur
    Die Bereitschaft der US-Regierung, die zum Teil marode Infrastruktur in den USA zu modernisieren, sowie der Wunsch vieler Unternehmen, ihre Lieferketten stärker abzusichern, haben dem Industriesektor neues Leben eingehaucht. Erhebliche Investitionen von Regierungsseite sowie von multinationalen Unternehmen dürften in den kommenden Jahren für eine anhaltende Nachfrage sorgen. Interessant sind beispielsweise Unternehmen, die Installationsdienste für Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen (HVAC) anbieten. Dies ist ein Wachstumsbereich, in dem sich kleinere Unternehmen Marktanteile und schwer zu reproduzierende Vertriebsnetze gesichert haben, was ihnen eine starke Preissetzungsmacht verleiht.
  2. Europäische Industriekonzerne
    Akquisitionsstarke Industriekonzerne, die mehrere Unternehmen unter einem Dach vereinen, können echte Wertschöpfer sein. Wir sehen das vor allem in Nordeuropa. Diese Unternehmen könnten profitabel skalieren und durch eine Kombination aus Dividenden, organischem Wachstum und erworbenen Gewinnen aus Fusionen und Übernahmen (M&A) über längere Zeiträume überzeugende Gesamtrenditen erzielen. Die Philosophie dieser Konzerne ist recht einfach: Sie erwerben in der Regel Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 10 Millionen US-Dollar für einen Betrag, der geringer ist als das Zehnfache des Gewinns vor Steuern und Zinsen. Nach der Übernahme halten sie diese Unternehmen in einem dezentralen Betriebsmodell unabhängig voneinander. Da sie nur kleine Übernahmen tätigen würden, stehen diese Industriekonzerne weniger in Konkurrenz mit Private-Equity-Käufern und können niedrigere Bewertungsmultiplikatoren zahlen.
  3. KI eröffnet Chancen
    Chancen bieten sich auch in Branchen, die von künstlicher Intelligenz (KI) profitieren. So treibt KI nicht nur das Wachstum in der globalen Halbleiterindustrie voran, weil Hochleistungs-Computerchips benötigt werden, um KI-Anwendungen zu betreiben. Auch die Hersteller von Spezialchemikalien, Gasen und Klebstoffen, die in der Halbleiterproduktion und -verpackung verwendet werden, dürften profitieren. Dieser Bereich wird von einigen wenigen japanischen Unternehmen beherrscht. Hier sehen wir monopolähnliche Strukturen, weshalb diese Unternehmen kaum zu verdrängen sind. Auch IT-Dienstleistungsunternehmen verzeichnen einen Anstieg der Aufträge, weil grosse Unternehmen ihre bestehende Technologie mit KI aufrüsten wollen.
  4. Indien ist ein fruchtbarer Boden für Small Caps
    Indiens boomende Wirtschaft, der wachsende Wohnungsmarkt und die digitale Infrastruktur machen das Land zu einem attraktiven Jagdrevier auf der Suche nach schnell wachsenden Unternehmen. Die Bandbreite ist gross: von Getränkeherstellern über Chemielieferanten bis hin zu privaten Krankenhausbetreibern. Auch im Finanzsektor gibt es mehr Anlagemöglichkeiten. Diese sind auf eine neue Generation von Vermögensverwaltungsfirmen, Anbieter von Hypothekenkrediten und mobilfunkbasierte Finanzplattformen zurückzuführen. Zudem hat die Zahl der kleinen und mittleren Unternehmen, die ihre Aktien an den öffentlichen Aktienmärkten anbieten, zugenommen. Allerdings notiert der indische Aktienmarkt derzeit auf einem Rekordhoch; die Bewertungen sind in einigen Fällen teuer geworden. Wir gehen deshalb selektiv vor, erkennen aber auch an, dass es sich um einen Markt mit starkem Wachstum handelt. Wenn ein Unternehmen das Potenzial hat, seinen Gewinn in absehbarer Zukunft deutlich zu steigern, ist die Aktie möglicherweise auf lange Sicht doch nicht so teuer. Um dies beurteilen zu können, ist umfangreiches Bottom-up-Research unerlässlich.
  5. Griechische Banken
    Chancen sehen wir auch auf dem griechischen Geschäftsbankenmarkt. Dieser hat sich in den letzten Jahren stark verändert: Von etwa 25 Banken habe nur eine Handvoll überlebt. Die verbleibenden Banken sind überkapitalisiert, und es gibt weniger Wettbewerb um Kredite, was im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zu einer kostengünstigen Einlagenbasis geführt hat. Insgesamt werden die griechischen Banken auf relativer Basis zu attraktiven Bewertungen gehandelt. Zudem besteht Potenzial für Dividenden, was die Gesamtrendite der Aktien erhöht.
  6. Biotechnologie könnte sich 2024 erholen
    Im Biotechnologiesektor könnten die Bewertungen ihren Tiefpunkt erreicht haben, was wiederum Chancen mit sich bringt. Die Aktienkurse im Biotech-Bereich neigen dazu, sich mit den Finanzzyklen zu bewegen. Sobald die Zinssätze sinken, könnte sich dies entsprechend positiv auswirken. Die Zunahme der Fusions- und Übernahmetätigkeit in den letzten Monaten werten wir als erstes positives Signal. Wir sind auf der Suche nach Unternehmen, deren Bewertungen durch den Zinsanstieg in den Keller gegangen sind und glauben, dass der Innovations- und Produktzyklus für Medikamente zur Behandlung einer Reihe von Krankheiten, darunter Alzheimer, sehr dynamisch ist. Ein weiterer potenzieller Wachstumsbereich sind Unternehmen, die spezialisierte Werkzeuge und Materialien liefern, welche von globalen Pharmariesen benötigt werden.
  7. Chancen durch wiederbelebten IPO-Markt
    Börsengänge könnten Anlegern 2024 ebenfalls Gelegenheiten bieten, zu vernünftigen Bewertungen in vielversprechende Unternehmen zu investieren. Angesichts der Erwartung, dass sich die grossen globalen Zentralbanken dem Ende des Zinserhöhungszyklus nähern, besteht die Hoffnung, dass sich die IPO-Aktivität nach ein paar ruhigen Jahren wieder erholen wird. Dies eröffnet Chancen, denn die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass nach Zeiten mit weniger Börsengängen oft qualitativ hochwertigere Unternehmen als erste auf den Markt gebracht werden. Diese Unternehmen werden zudem in der Regel zu günstigeren Bewertungen angeboten als in Zeiten, in denen der Markt für Börsengänge heissgelaufen ist und weniger reife Unternehmen auf den Markt drängen.

Fazit
Wir konzentrieren uns im Small-Cap-Bereich auf Unternehmen mit einzigartigen Geschäftsmodellen, die von langfristigen Wachstumstrends profitieren dürften. In diesem Jahr sollten sich zahlreiche Gelegenheiten ergeben, um vielversprechende Unternehmen zu kaufen, und dies zu Bewertungen, die im historischen Vergleich insgesamt sehr angemessen sind.

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