Simon Tribelhorn: «Unser Fokus liegt auf der konsequenten Umsetzung der internationalen Sanktionen.»

Unlängst haben wir unter dem Titel Finanzplatz Liechtenstein: Standortmarketing der fragwürdigen Art kritisch über eine Initiative der drei grossen Finanzinstitute im Ländle berichtet, die angekündigt haben, dass Personen aus der Ukraine mit Schutzstatus S bis auf Weiteres eine gebührenfreie Kontoverbindung gewährt wird. Daraufhin hat der Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbandes, Simon Tribelhorn, angeboten, dass wir direkt nachfragen können, was wir hiermit tun.

Simon Tribelhorn, zuerst einmal ein grosses Kompliment für Ihre Bereitschaft, hier Rede und Antwort zu stehen. Das ist keine Selbstverständlichkeit und zeigt, wie wir meinen, Grösse. Aber Hand aufs Herz: Hat der Finanzplatz Liechtenstein mit besagter Initiative nicht über das Ziel hinausgeschossen?

Simon Tribelhorn: Wieso? Wir sind der Ansicht, dass wir nicht genug tun können, um den unschuldig in Not geratenen ukrainischen Flüchtlingen zu helfen, indem ihnen nicht noch unnötige Hürden oder Kosten für die Führung eines Bankkontos auferlegt werden. Die Flüchtlinge, die im Land aufgenommen werden, müssen in der Lage sein, ihr Leben hier weiter bestreiten zu können. Dafür werden sie automatisch auch auf ein Konto und die Möglichkeit, ihre Zahlungen und Einkäufe darüber abwickeln zu können, angewiesen sein. Viel verantwortungsloser würde ich es halten, von den Betroffenen hierfür noch Geld zu verlangen.

Generell können wir sagen, dass Russland für die liechtensteinischen Banken kein Kernmarkt ist oder war.

Simon Tribelhorn, Geschäftsführer Liechtensteinischer Bankenverband

Wagt sich ein Finanzplatz wie Liechtenstein mit Verweis auf die Menschenrechte nicht auf sehr dünnes Eis, gerade im Hinblick auf dem Umstand, dass auch in Liechtenstein Vermögen von Potentaten aus fragwürdigen Staaten verwaltet und angelegt sein dürften, was ja legitim ist, sofern keine Sanktionsbestimmungen verletzt werden?

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Liechtenstein setzt sich seit Jahren sehr engagiert für die Menschenrechte ein und hat sich auf internationaler Ebene eine hohe Glaubwürdigkeit erarbeitet. Zu diesem Engagement gehört auch die FAST-Initiative zur Bekämpfung von Moderner Sklaverei und Menschenhandel, welche Liechtenstein angestossen zusammen mit den Niederlanden und Australien auf den Weg gebracht hat. Auch wir vom Bankenverband zusammen mit der LGT tragen die FAST-Initiative von Beginn weg mit. Es wäre doch sehr stossend und unglaubwürdig, wenn wir uns bei der FAST-Initiative im Kampf gegen Moderne Sklaverei und Menschenhandel einsetzen, aber dann, wenn aufgrund des Kriegs in der Ukraine, quasi vor unserer Haustür das Risiko für die vom Krieg Betroffenen ausgebeutet zu werden, einfach nichts zu tun oder wegzuschauen.

Wie hoch ist der prozentuale Anteil russischer Vermögenswerte, die von liechtensteinischen Banken verwaltet werden und wie halten Sie es mit Sanktionsmassnahmen gegen russische Oligarchen, die mit Finanzplatz Liechtenstein in einer Geschäftsbeziehung stehen?

Wir haben die Zahlen bis anhin nicht erhoben und werden dies auch nicht tun. Wir sehen darin für uns keinen Mehrwert. Unser Fokus liegt auf der konsequenten Umsetzung der internationalen Sanktionen. Die FMA hat die Zahlen im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit erhoben und ist im Zusammenhang mit der laufenden Aufsicht bereits mehrmals mit Umfragen an die Banken herangetreten. Generell können wir aber sagen, dass Russland für die liechtensteinischen Banken kein Kernmarkt ist oder war. Wir unterstützen vorbehaltlos die von der liechtensteinischen Regierung, der Europäischen Union und der internationalen Staatengemeinschaft gegen Russland verhängten Sanktionen. Die liechtensteinischen Banken wenden diese konsequent an und führen keinerlei Transaktionen mit den mit Sanktionen belegten Personen, Instituten oder Organisationen aus.

Zurück zum ursprünglichen Thema: Wie erfolgreich ist die Kampagne bei den ukrainischen Flüchtlingen angekommen? Verraten Sie uns, wie viele Konti eröffnet wurden?

Auch dies werden wir nicht erheben. Für uns ist es unerheblich, ob es viele oder wenige sind. Wenn wir mit diesem Angebot nur einem Flüchtling helfen können, dann hat das Angebot bereits seinen Zweck erfüllt.

Letzte Frage: Was antworten Sie Kritikern, die Ihnen, respektive dem Bankenplatz, Effekthascherei auf dem Rücken ukrainischer Flüchtlinge vorwerfen?

Wie sonst sollen die Betroffenen davon erfahren? Damit die betroffenen Personen über das Angebot Bescheid wissen, haben wir uns entschieden, eine Medienmitteilung zu versenden, die dann auch in den hiesigen Tageszeitungen publiziert wird. Es ging uns also einzig um Information.