In Liechtenstein rollt die Kugel

Viele finden, die Börse sei ein grosses Casino. Zumindest bei den Casinos ist das Fürstentum Liechtenstein voll dabei. Derzeit sind es fünf, bald dürften es noch mehr sein.

Im Sog der Finanzkrise 2008 und unter internationalem Druck kollabierte die Steueroase Liechtenstein. Das Geldversteck für ausländische Anleger brauchte legale Geschäftsmodelle. Ein Ersatz macht besonders von sich reden. Es sind die Spielcasinos, welche im kleinen Fürstentum aufblühen. Auf der Grundlage von Gesetzen aus den Jahren 2010 und 2016 locken derzeit fünf Casinos mit Roulette, Black Jack und Spielautomaten. Weitere warten auf die Eröffnung oder befinden sich in der Planung; dies bei knapp 40'000 Einwohnern. All dies geschieht, obwohl jenseits der Grenze mit Bad Ragaz in der Schweiz und Bregenz in Österreich ebenfalls der Rubel rollt.

Schon ist die Rede von einem Las Vegas in den Alpen. Dem widerspricht Martin Frommelt. «Alle fünf Liechtensteiner Casinos zusammen sind kaum halb so gross wie nur eines der grossen Häuser in Las Vegas», sagt er. Im Durchschnitt zähle ein Betrieb ungefähr neun Spieltische und 160 Geldspielautomaten. Frommelt muss es wissen, ist er doch Mediensprecher der Casinos Austria (Liechtenstein) AG, welche im «Ländle» zwei der fünf Spielstätten betreibt. Bregenz gehört gleichfalls zum Casinos-Austria-Konzern, der sich mehrheitlich in tschechischer Hand befindet. Überhaupt beherrschen österreichische Adressen das Spiel-Feld am Rhein. In diesen steckt weiteres Geld aus Tschechien und des Konkurrenten Bad Ragaz. Deutsche beginnen ebenfalls mitzumischen, so Unternehmer aus Mecklenburg-Vorpommern und aus Bayern.

«Casino Maximus» mit Problemen
Der Familienbetrieb aus Illertissen bei Neu-Ulm hat indes Probleme. Das «Casino Maximus» in Schaan ist fertig, doch die Eröffnung lässt auf sich warten. In Vaduz wird gemunkelt, die MCL-Resorts AG schaffe es nicht, genügend qualifiziertes Personal mit tadellosem Leumund zu akquirieren. Denn wer eine Konzession erhalten will, muss zahlreiche Voraussetzungen erfüllen. Daneben werden Betrieb und Management von den Behörden laufend überprüft. Ein weiterer Pluspunkt des Standorts laut Frommelt: «Wie die Schweiz und Österreich hat Liechtenstein nationale Sperrlisten für Spieler eingerichtet» – dies im Gegensatz zu Deutschland, wo jede Spielbank eine eigene Liste führt.

Daneben gilt als Manko des Bewerbers, dass er bisher keine Spielbank geleitet hat. MCL-Resorts äusserten sich auf Anfrage nicht. Das Amt für Volkswirtschaft schreibt, der Antragsteller «konnte die erforderlichen Nachweise bisher nicht erbringen». Weitere Gesuche seien vorerst nicht eingereicht worden. Damit wird es nichts mit zehn Spielbanken in diesem Jahr, wie hier und da vermutet wurde. Ein Projekt ist ganz gestrichen, ein weiteres steht in den Sternen. Immerhin: In Schaan ist ein Casino ausgesteckt worden, gegen ein zweites in derselben Gemeinde sind offenbar keine Einsprachen erhoben worden.

Fraglich ist, wie viele Casinos der Zwergstaat überhaupt verträgt, auch wenn sie vor allem auf Schweizer, Österreicher und Deutsche zielen. Auch so kommt schon einiges Geld herein. Die Bruttospielerträge der seit September fünf Casinos erreichten 2020 mit 78 Millionen Schweizer Franken trotz Corona fast die 80 Millionen des Vorjahres. Die Staatskasse erhielt daraus 27 Millionen Franken Geldspielabgabe und eine weitere Million sogenannte Aufsichtsabgabe. Hinzu kommt die Unternehmenssteuer. Sie drückt nicht besonders. Der Satz von 12,5 Prozent ist «durchaus interessant», findet Frommelt von Casinos Austria. Eine Zahl zum Vergleich: 2019 summierte sich die Ertragsteuer für alle Unternehmen in Liechtenstein auf gut 260 Millionen Franken.

Spielbanken international akzeptiert
Geld ist das eine, Reputation das andere. Trotz aller Regulierungen haben Glücksspiele einen zweifelhaften Ruf. Kritische Liechtensteiner fürchten denn auch um einen neuerlichen Imageverlust für das Land, abgesehen von dem Verkehrsaufkommen durch die Spielwütigen. Aber die Regierung in Vaduz fühlt sich auf der sicheren Seite, schliesslich sind Spielbanken von Las Vegas über Baden-Baden bis Macau rund um die Welt akzeptiert. Sie könnte auch auf den «Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland» verweisen, der unter anderem darauf abzielt, «den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken.» Ob dies im Zweifel auch die auf Ausländer zielende Einladung aus dem kleinen Liechtenstein abdeckt, ist natürlich eine andere Frage.

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