Wie wirkt sich die neuerliche Zinssenkung der SNB auf die Wirtschaft aus?
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat den Leitzins im Juni um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent gesenkt.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren Leitzins im Juni weiter auf 1,25 Prozent gesenkt. Warum?
Die Schweizer Inflation bleibt, trotz preissteigender Effekte der zwei letztjährigen Erhöhungen des hypothekarischen Referenzzinssatzes auf die Mieten, klar im Zielband der Nationalbank für Preisstabilität von 0 bis 2 Prozent. Der Preisausblick bleibt auch für den weiteren Jahresverlauf relativ entspannt. Im Gegensatz zu den USA und der Eurozone planen die Schweizer Unternehmen kaum mehr grössere Preisüberwälzungen. Damit hat die SNB den vorhandenen Spielraum genutzt, um der verhaltenen Konjunktur mit günstigeren Finanzierungskonditionen etwas mehr unter die Arme zu greifen.
Werden die Zinsen auch bei den kommenden Sitzungen weiter sinken?
Im Gegensatz zur amerikanischen Notenbank und der Europäischen Zentralbank (EZB), ist das Leitzinsniveau der SNB nach zwei kleinen Zinssenkungen bereits kaum mehr restriktiv. Der sogenannte neutrale Zins, bei dem die Zinspolitik weder preisbeschleunigend noch preisbremsend wirkt, wird von der SNB nicht weit über 1,0 Prozent taxiert. Mit den frühzeitigen Zinssenkungen verbleibt der SNB damit nicht mehr viel Pulver. Entsprechend gehen wir in unserem Basisszenario nur noch von einem weiteren, finalen Zinsschritt auf 1,0 Prozent aus.
Fredy Hasenmaile, Chefökonom RaiffeisenDie Schweizerische Nationalbank nutzt den Spielraum der moderaten Inflation, um der verhaltenen Konjunktur erneut etwas unter die Arme zu greifen und senkt den Leitzins auf 1,25 Prozent.
Kehren die Negativzinsen nochmals zurück?
Die lange Tiefzinsphase vor dem jüngsten globalen Inflationsschub wurde von einer sehr lockeren Geldpolitik der EZB dominiert, um die Konjunktur der seit der Finanzkrise schwächelnden Eurozone anzukurbeln und die niedrige Inflation Richtung Inflationsziel anzuheben. Dies bedeutete einen Daueraufwertungsdruck auf den Franken und zwang die SNB quasi ebenfalls zu Negativzinsen. Mittlerweile präsentiert sich vor allem der Arbeitsmarkt in der Eurozone aber nachhaltig erholt, und der erhöhte Lohn- und Preisdruck sprechen überhaupt nicht für aggressive Zinssenkungen der EZB. Damit kann auch die SNB die Zinsen auf einem höheren Niveau halten. Für kräftigere Zinssenkungen bräuchte es wohl schon einen Einbruch der Konjunktur. Aktuell ist aber vielmehr eine Erholung angezeigt.
Was bedeutet der Zinsentscheid für die Finanzierungskonditionen von Wohneigentum?
Mit der zweiten Leitzinssenkung bewegt sich auch der darüber gesteuerte Tagesgeldsatz SARON nach unten. Damit verschwindet der Zinsvorteil der längerfristigen Festhypotheken weitgehend. Die Zinssenkungserwartungen für die SNB hatten bereits seit letztem Herbst für günstigere Finanzierungskonditionen am langen Ende gesorgt. Da an den Zinsmärkten seit Monaten recht stabil ein finales SNB-Leitzinsniveau von gut 1 Prozent eingepreist bleibt, gibt es kein weiteres Abwärtspotenzial für die Langfristzinsen mehr. Die SARON-Konditionen haben hingegen mit den tatsächlichen SNB-Zinssenkungen nach unten aufgeschlossen.
Welchen Einfluss hat dies auf die Preise für Wohneigentum?
Das höhere Zinsniveau hat die Erschwinglichkeit von Wohneigentum in den letzten beiden Jahren weiter verschlechtert und die Nachfrage deutlich reduziert. Der Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen hat sich damit abgeschwächt. Die zunehmende Knappheit an Wohnraum hat allerdings bisher einen Rückgang der Wohnimmobilienpreise verhindert. Eine Rückkehr zur Negativzinswelt ist, trotz der Zinswende der SNB, nicht angezeigt. Mit den wieder niedrigeren Langfristzinsen und dem rückläufigen SARON ist aber das Risiko einer stärkeren Immobilienpreiskorrektur vom Tisch.
Wie sollen sich Kundinnen und Kunden am besten verhalten, wenn deren Zinsbindung in nächster Zeit ausläuft?
Mit einer längeren Zinsbindung fährt man nun meist nicht mehr besser als mit einer SARON-Hypothek. Längerfristige Festhypotheken machen vor allem dann Sinn, wenn man von einer hartnäckigen Inflation und damit wenig Zinssenkungsspielraum für die Nationalbank ausgeht. Auch wenn man eine fixe Kalkulationsgrundlage bevorzugt, bietet sich eine mehrjährige Festhypothek an. Kürzere Laufzeiten sind hingegen vorteilhafter, wenn man von einer ausgeprägten Konjunkturschwäche ausgeht, einhergehend mit stärkeren Zinssenkungen. Auf Jahressicht sehen wir in unserem Basisszenario die Finanzierungskosten über die Laufzeiten hinweg allerdings nicht sehr weit voneinander abweichen.