Die SNB eröffnet überraschend die Zinswende nach unten

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat den Leitzins im März wieder auf 1.5% gesenkt. Der Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile erklärt, was der Zinsentscheid für wirtschaftliche Auswirkungen hat und ordnet das neue Zinsniveau ein.

Die SNB hat den Leitzins im März wieder gesenkt. Was sind die Gründe dafür?
Die Schweizer Inflation ist im Verlauf des letzten Jahres kontinuierlich von den erhöhten Niveaus gesunken. Sie liegt mittlerweile wieder deutlich unter der Obergrenze des Zielbandes der SNB von 2.0%. Deshalb hatte die Nationalbank bereits im Dezember einen möglichen Bedarf von weiteren Zinserhöhungen gar nicht mehr erwähnt. Da die Preisanstiege zu Jahresbeginn weniger stark als von der SNB erwartet ausgefallen sind, sorgt man sich kaum mehr um die Inflation. Viel mehr hat der anhaltend starke Franken die Sorgen vor negativen Effekten auf die Exportindustrie zunehmen lassen. Die SNB hat also ihren Spielraum genutzt und will offensichtlich mit einer frühen Zinssenkung dazu beitragen, die Frankenstärke abzumildern und allfälligen erneuten Aufwertungstendenzen schon vorab die Spitze zu brechen.

Ist mit weiteren Zinssenkungen zu rechnen?
Der entspannte Preisausblick, sowie die Aussicht auf den baldigen Start einer Zinslockerung auch bei der EZB und der Fed, dürften die SNB die Zinsen noch weiter senken lassen. Vom moderaten Leitzinsniveau aus hat die Nationalbank im Vergleich zu anderen Notenbanken allerdings keinen allzu grossen Handlungsbedarf bzw. -spielraum. Eine Senkung auf rund 1% bis ins nächste Jahr erscheint uns angemessen.

Die SNB hat ihren Spielraum genutzt und will offensichtlich mit einer frühen Zinssenkung dazu beitragen, die Frankenstärke abzumildern und allfälligen erneuten Aufwertungstendenzen schon vorab die Spitze zu brechen.

Fredy Hasenmaile, Raiffeisen-Chefökonom

Welche Rolle spielt die schwächere Konjunktur dabei?
Die langsamere Gangart der Schweizer Wirtschaft ist hauptsächlich auf die lahmende Auslandsnachfrage zurückzuführen. Insbesondere der inländische Dienstleistungskonsum behauptet sich hingegen gut. Hinter dem Entscheid zur Zinssenkung steht gemäss Fredy Hasenmaile weniger die Sorge um die Konjunkturentwicklung insgesamt als vielmehr um die spezifische Lage in der Exportindustrie, wo sich eine Belebung der Auftragseingänge noch immer nicht eingestellt hat. In dieser Situation wirkt sich die Frankenstärke zunehmend als Belastung für die Industrie aus. Eine Fortsetzung der realen Frankenaufwertung könnte deshalb einzelschrittweise zu weiteren Leitzinssenkungen führen. Für kräftige Notzinssenkungen bräuchte es aber schon einen Einbruch der Konjunktur, der aktuell nicht signalisiert wird.

Was bedeutet der Leitzinsausblick für den Hypothekarmarkt?
An den Zinsmärkten sind für dieses Jahr bereits seit einiger Zeit mehrere Zinssenkungen eingepreist. Diese Erwartungen haben sich entsprechend schon in den Konditionen für längerfristige Festhypotheken niedergeschlagen. Diese sind seit letztem Herbst spürbar günstiger geworden. Die Zinsniveaus am langen Ende liegen damit in der Regel unter den Kosten für SARON-Hypotheken. Mit der Zinssenkung beginnt nun aber auch der direkt über den SNB-Leitzins gesteuerte SARON nach unten zu folgen.

Mit der Zinssenkung beginnt nun auch der direkt über den SNB-Leitzins gesteuerte SARON nach unten zu folgen.

Fredy Hasenmaile

Welchen Einfluss hat dies auf die Preise für Wohneigentum?
Das höhere Zinsniveau hat die Erschwinglichkeit von Wohneigentum in den letzten beiden Jahren verschlechtert und die Nachfrage deutlich reduziert. Der Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen hat sich damit abgeschwächt. Die zunehmende Knappheit an Wohnraum hat allerdings bisher einen Rückgang der Wohnimmobilienpreise verhindert. Eine Rückkehr zur Negativzinswelt ist derzeit nicht angezeigt, dennoch dürfte sich mit Beginn der Leitzinssenkungen die Nachfrage nach Wohneigentum wieder etwas beleben, wodurch Preisrückgänge unwahrscheinlicher werden. Mit Bestimmtheit lässt sich sagen, dass mit den wieder niedrigeren Langfristzinsen und den weiteren, erwarteten Leitzinssenkungen Szenarien einer stärkeren Immobilienpreiskorrektur endgültig vom Tisch sind.

Wie sollen sich Kunden am besten verhalten, wenn deren Zinsbindung in nächster Zeit ausläuft?
Mit einer längeren Zinsbindung fährt man wie gesagt aktuell etwas besser als mit einer SARON-Hypothek. Längerfristige Festhypotheken machen vor allem dann Sinn, wenn man von einer hartnäckigen Inflation und damit wenig Zinssenkungsspielraum für die Nationalbank ausgeht. Auch wenn man eine fixe Kalkulationsgrundlage bevorzugt, bietet sich eine mehrjährige Festhypothek an. Kürzere Laufzeiten sind hingegen vorteilhafter, wenn man von einer ausgeprägten Konjunkturschwäche ausgeht, einhergehend mit stärkeren Zinssenkungen. Auf Jahressicht dürften sich im Basisszenario von Raiffeisen allerdings die Finanzierungskosten über die Laufzeiten hinweg nicht gross voneinander unterscheiden.

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