Fünf Fragen an die UBS – und ihre fiktiven Antworten

Wohl kaum ein anderer Akteur aus der helvetischen Finanzindustrie ist derzeit gefragter als die UBS. Wann immer sich die Bank verlauten lässt, hoffen Journalisten auf ein paar klärende Aussagen in Bezug auf die Integration der übernommenen Credit Suisse. Auch die Onliner-Redaktion hätte gerne mit der UBS gesprochen. Aufgrund der überaus geringen Erfolgswahrscheinlichkeit auf ein Interview verlegen wir uns auf ein fiktives Gespräch mit Fragen, welche die UBS so möglicherweise nie beantworten würde.

Liebe UBS, die wichtigste Frage vorweg: Warum bringen Sie die CS Schweiz nicht an die Börse?

UBS: Uns ist natürlich bewusst, dass in Kreisen der Politik, aber auch in Teilen der Öffentlichkeit, der Wunsch besteht, dass wir die Schweizer Einheit der CS an die Börse bringen. Damit verbunden ist vielerorts die Hoffnung, möglichst viele CS-Arbeitsplätze zu erhalten. Das ist verständlich. Dennoch muss an dieser Stelle klar gesagt werden, dass es nicht Aufgabe der UBS ist, CS-Arbeitsplätze zu erhalten. Als Unternehmen sind wir in erster Linie unseren Aktionären verpflichtet, die zu Recht erwarten, dass wir mit der CS-Übernahme den grösstmöglichen Mehrwert für die UBS generieren. Mit einem Börsengang der CS Schweiz würden wir zweifelsohne einen beträchtlichen Bilanzgewinn verbuchen können. Wir müssten unseren Aktionären aber auch erklären, weshalb wir unsere Wettbewerbsposition im Schweizer Geschäft torpedieren, indem wir einen Mitbewerber, den wir übernommen haben, im Markt belassen.

Moment, mit der Übernahme der Credit Suisse haben Sie der Eidgenossenschaft weitreichende, finanzielle Garantien abgerungen. Man könnte also durchaus argumentieren, dass mit diesen Garantieleistungen, die letztlich von der Gesellschaft, sprich den Schweizer Steuerzahlern getragen werden, auch moralische Verpflichtungen verbunden sind.

Da müssen wir Ihnen widersprechen. Es ist ja nicht so, dass wir die Übernahme der Credit Suisse um jeden Preis gesucht haben. Vielmehr wurden wir von der Politik an den Verhandlungstisch – wir wollen nicht sagen genötigt, aber doch sehr eindringlich – gebeten. Letztlich haben wir uns dazu durchgerungen, die angeschlagene Credit Suisse in einer Notsituation zu übernehmen, und damit wohl auch eine neue globale Finanzkrise abgewendet, welche die Reputation der Schweiz und des Schweizer Finanzplatzes zweifellos nachhaltig beschädigt hätte. Bedankt hat sich dafür noch niemand bei uns. Dafür kommen teilweise unsinnige Forderungen von allen Seiten, darunter von Leuten, die das internationale Bankgeschäft oder die ökonomischen Erfolgsfaktoren einer Integration dieser Grössenordnung bestenfalls im Ansatz verstehen.

Dann wären da noch die Äusserung Ihres Chairman, Colm Kelleher, der bereits im Vorfeld der Übernahme von einer «kulturellen Kontamination» der CS-Belegschaft sprach, die es zu verhindern gelte. Wie stehen Sie heute zu dieser Aussage?

Eine zugegebenermassen missverständliche Formulierung, die allerdings auch in Ihrem Medium überinterpretiert wurde. Die Aussage von Colm Kelleher hat sich in erster Linie an die Adresse der amerikanischen CS-Kollegen in der Investment Bank gerichtet – zumindest haben wir das so verstanden – und wir teilen seine Meinung, dass in der dortigen Risiko-Unkultur ein wesentlicher Teil der grossen Probleme der Credit Suisse verortet war. Wir haben deshalb sehr früh klar gemacht, dass wir höheren Standards nachleben und dass wir keinesfalls gewillt sind, in Bezug auf unser Risikoverhalten Zugeständnisse oder Abstriche zu machen.

Deshalb bleiben jetzt auch zahlreiche CS-Mitarbeitenden, die Rede ist von bis zu 10'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf der Strecke?

Zu konkreten Zahlen werden wir uns zu gegebener Zeit äussern. Was uns an der Diskussion um Arbeitsplätze stört, ist der Umstand, dass sich in einigen Köpfen offenbar immer noch hartnäckig das Missverständnis hält, dass zwei Banken auf Augenhöhe fusioniert haben. Das ist nicht der Fall. Wir haben die Credit Suisse übernommen. Und wir entscheiden deshalb in Eigenregie, wie sich die Dinge entwickeln. Auch in Personalfragen. Punkt. Zu bedenken geben möchten wir Ihnen zudem, dass unsere Aktionäre ein grosses unternehmerisches Risiko tragen und wir deshalb alles daransetzen müssen, dass diese Übernahme eine Erfolgsgeschichte wird. Die damit verbundenen Kollateralschäden können uns nicht angelastet werden. Sie sind das Resultat des jahrelangen Missmanagements auf den verschiedenen Führungsebenen der Credit Suisse.

Point taken. Erlauben Sie uns zum Schluss eine letzte Personal-Frage?

Sie möchten bestimmt über Ulrich Körner sprechen, richtig?

Genau. War es klug, den gescheiterten CEO in die neue Geschäftsleitung der UBS zu berufen? Der damit verbundene, mediale Aufschrei war doch absehbar?

Verstehen Sie uns bitte nicht falsch, aber wenn nur nach Massgabe des medialen Echos Personalentscheide im Top Management gefällt würden, stände es um die Schweizer Wirtschaft schlecht bestellt. Davon abgesehen ist Ulrich Körner nicht der Totengräber der Credit Suisse. Der schleichende Niedergang der Bank wurde bereits lange vor seiner Amtszeit eingeleitet. Hat er den Turnaround geschafft? Nein. War die Aufgabe zu gross für ihn? Vielleicht. Hätte es ein anderer CEO geschafft? Zweifelhaft, die Probleme der Credit Suisse waren letztlich das Ergebnis einer langen Kette von Fehlentscheiden der verschiedenen Verantwortungsträger.

Liebe UBS, herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch, das wir nie geführt haben.

Hauptbildnachweis: UBS