«Fast Fashion» – die dunkle Seite der Mode-Industrie

«Fast Fashion» ist aus ökologischer Sicht nicht nachhaltig, denn es werden riesige Mengen Land und Wasser dafür benötigt und gleichzeitig tonnenweise giftige Abfälle und Emissionen erzeugt. Unter sozialen Gesichtspunkten fallen schlechte Arbeitsbedingungen sowie erhebliche Gesundheits- und Sicherheitsbedenken ins Gewicht. Zugleich kann «Fast Fashion» die Armut verringern, wenn es aufgrund von Preisen, verfügbaren Grössen oder anderen Faktoren die einzige Option darstellt.

Innerhalb der globalen Bekleidungsbranche erlebte «Fast Fashion» – ein Begriff, der erstmals in den 1990er Jahren geprägt wurde – in den letzten Jahren einen rasanten Aufschwung. Grund hierfür sind erstens die Nachfrage der Millennials und der Generation Z nach billigerer Mode, die öfter wechselt, zweitens technologische Neuerungen, darunter die zunehmende Promi-Kultur in den sozialen Medien, und drittens der Vormarsch von Online-Vertriebskanälen.

Branche ist zweitgrösster Verursacher von Trinkwasserverschmutzung
Da das Hauptziel von «Fast Fashion» geringere Produktionskosten sind, werden Nachhaltigkeitsaspekte in der Produktion oft vernachlässigt. Die Branche ist weltweit der zweitgrösste Verursacher von Trinkwasserverschmutzung und wird bis 2050 für 25% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich sein. Der charakteristischste Aspekt ihres Konsum- und Wegwerfmodells ist die enorme Abfallmenge, die produziert wird. Jedes Jahr entsteht ein Wertverlust von mehr als 500 Milliarden US-Dollar aufgrund der zu geringen Nutzung (die Hälfte der Kleidungsstücke wird nach weniger als einem Jahr weggeworfen) und mangelnder Recycling-Möglichkeiten (1% des eingesetzten Materials wird in anderen Modeartikeln wiederverwertet).

Die Branche ist weltweit der zweitgrösste Verursacher von Trinkwasserverschmutzung und wird bis 2050 für 25% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich sein.

Sandra Crowl, Stewardship Director, Carmignac

Aus sozialer Sicht ist die globale Modebranche trotz zahlreicher Kontroversen (der Einsturz des Rana Plaza in Bangladesch, der Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in China usw.) nach wie vor ein sehr grosser Arbeitgeber. In ihrer gesamten Wertschöpfungskette sind mehr als 300 Millionen Menschen tätig. Sie bietet Gemeinden Arbeit und Wohlstand. In einigen einkommensschwachen Ländern macht Baumwolle allein 7% der gesamten Beschäftigung aus. Zudem erhöht der zunehmende Anteil an erschwinglicher Mode die finanziellen Möglichkeiten und verringert Ungleichheiten zwischen Verbrauchern, da Personen mit geringem Einkommen in Stil- und Kleidungsfragen den neuesten Trends folgen können.

Einstellung der Verbraucher wandelt sich
Im Februar 2019 gaben 66% der befragten Millennials an, sie würden für nachhaltige Marken mehr bezahlen. Überdies haben sich Nachhaltigkeitstrends durch COVID-19 verstärkt. Ein Grossteil der Verbraucher in den Industrieländern gibt an, dass es wichtiger geworden ist, die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen und nachhaltiger zu leben. Vor allem Verbraucher und Anleger, denen ESG-Probleme innerhalb der Lieferkette zunehmend bewusst werden, fordern deshalb von den Unternehmen, dass sie Verantwortung übernehmen und ihre Standards verbessern. Ein Beispiel ist der Boohoo-Skandal (das Unternehmen zahlte in Grossbritannien Löhne bis zu 54% unter Mindestlohn), der zu einem drastischen Einbruch des Aktienkurses führte, obwohl von geringen Auswirkungen auf den Umsatz ausgegangen wurde. Langfristig orientierte Anleger reagieren auf diese sozialen und ökologischen Kompromisse damit, dass sie in einer Branche, in der das Grün nach wie vor äusserst blass ist, das direkte Gespräch mit dem Management suchen. Branchen, die Teil des Problems sind, auch Teil der Lösung sein.

Beispiel Inditex

Inditex wird beim Vertrieb seiner Mode beispielsweise von einem Netzwerk aus lokalen Lieferanten unterstützt und wächst organisch statt durch ein komplexes Netz aus Zwischenhändlern auf der anderen Seite der Welt. Diese Entscheidung könnte sich in der unbeständigen Modebranche zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil entwickeln. Obwohl sich schon einiges erheblich verbessert hat, bleibt der Preis ein Schlüsselfaktor für Verbraucher, und recycelte Materialien sind nach wie vor deutlich teurer. Einige grosse Unternehmen müssen künftig massiv investieren. Zara, H&M, Adidas und ASOS unternehmen allesamt positive Schritte, aber die Kaufentscheidungen der Verbraucher spiegeln ihre Standpunkte noch nicht wider. Selbst «Fast Fashion» wird ein langsamer Wandel prognostiziert. Im Laufe der Zeit muss die Branche den Schwerpunkt auf Qualität statt Quantität legen. Die Zukunft liegt wenig überraschend in Innovation und Bildung. Beste Erfolgsaussichten haben Unternehmen, die sich auf Win-Win-Lösungen für ökologische und soziale Kompromisse konzentrieren und den Verbrauchern gleichzeitig dabei helfen, zu verstehen, welche Auswirkungen ihre gekauften Artikel haben. Zudem tragen diese Unternehmen dazu bei, den Wegwerfkonsum zu verringern, der unweigerlich zu einem drastischen Klimawandel führt.

(1 ) Ellen MacArthur Foundation, undatiert, Artikel «Fashion and the Circular Economy»
(2) Euromonitor International Apparel & Footwear (2016)
(3) Google Trends