Starker US-Dollar setzt dem Goldpreis zu

In der letzten Septemberwoche fiel der Goldpreis unter 1’900 US-Dollar je Feinunze. Ende Juni und nochmals im August wurde die Marke von 1’900 US-Dollar getestet, doch das Edelmetall fand Unterstützung und prallte ab. Diesmal blieb der Goldpreis jedoch ohne Rückhalt und sank am 29. September auf 1’849 US-Dollar je Feinunze, was einem monatlichen Verlust von 92 US-Dollar (-4,7 %) entspricht. Der grösste Teil der 2023 erzielten Gewinne ist nun verpufft.

Nach einer starken ersten Jahreshälfte gab der Goldpreis im dritten Quartal schliesslich unter dem Druck steigender Anleiherenditen und eines erstarkenden US-Dollars nach. Die Renditen für 10- und 30-jährige US-Staatsanleihen bewegen sich derzeit knapp unter 5%, während der US-Dollar (gemessen am US-Dollar-Index oder DXY1) von seinen Tiefstständen Mitte Juli bis Ende September um beachtliche 6,4% zulegte. In diesem Zeitraum trat die historisch starke inverse Korrelation zwischen Gold und dem US-Dollar voll in Kraft, was zu einem Rückgang des Goldpreises um 5,7% führte. Die erwartete Zinspause der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wurde auf ihrer Sitzung am 20. September zu einem «Skip and Hold», nachdem der Fed-Vorsitzende (und in der Folge auch andere Mitglieder) den Märkten deutlich gemacht hatten, dass sie bereit sind, die Zinsen bei Bedarf wieder anzuheben und auf einem restriktiven Niveau zu halten, um den Kampf gegen die Inflation fortzusetzen. Dies hatte Auswirkungen auf Gold und Goldaktien, die zusammen mit den übrigen US-Aktien- und Anleihemärkten nachgaben. Der NYSE Arca Gold Miners Index (GDMNTR)2 und der MVIS Global Juniors Gold Miners Index (MVGDXJTR)3 verzeichneten im Laufe des Monats Rückgänge von 8,1% bzw. 10,3%.

Nachfrage aus dem Osten stützt den Westen
In China ist der Goldpreis ebenfalls gesunken, wodurch der frühere Rekordaufschlag von 120 US-Dollar je Feinunze gegenüber dem internationalen Spotpreis auf nur noch etwa 10 US-Dollar gesunken ist. Die Nachfrage aus China war im bisherigen Jahresverlauf 2023 sehr robust: Bloomberg berichtete letzte Woche von einem Anstieg der Inlandsverkäufe von Goldbarren und -münzen um 30% im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Anstieg der Nachfrage sowohl aus China als auch aus der Türkei – zwei der bedeutendsten Goldkonsumenten in Asien – hat dazu beigetragen, die Lücke zu schliessen, die durch den Rückgang der Investorennachfrage im Westen entstanden ist. Die umfangreichen Goldkäufe der Zentralbanken haben ebenfalls dazu beigetragen, den Goldpreis zu stützen.

Der grösste Teil der 2023 erzielten Gewinne ist nun verpufft.

Imaru Casanova, Portfolio Managerin, VanEck

Anleger in China und der Türkei nutzen Gold als Absicherung gegen wirtschaftliche Risiken und Währungsverfall. Die Türkei hat aufgrund einer unkonventionellen Geldpolitik eine Phase der Hyperinflation durchlebt. Seit den Präsidentschaftswahlen im Mai hat die Regierung Massnahmen ergriffen, um das Vertrauen wiederherzustellen, aber die Unsicherheit bleibt hoch. In China haben die Verlangsamung der Wirtschaft, die Auswirkungen der Immobilienkrise und das entschlossene Vorgehen der Regierung gegen den Technologiesektor ebenfalls zu finanzieller Unsicherheit geführt. Die Zentralbanken wiederum kaufen Gold, um sich abseits des US-Dollars in andere Anlagen zu diversifizieren und sich gegen die Volatilität der Märkte abzusichern. Die Performance von Gold in Krisenzeiten, seine Funktion als langfristiges Wertaufbewahrungsmittel und seine hohe Liquidität machen es zu einer Anlage der Wahl.

Gut positioniert versus Konsens für Gold
Im Gegensatz dazu haben westliche Anleger noch keinen Grund gefunden, in diesem für die Aktienmärkte und insbesondere für Tech-Aktien sehr robusten Jahr Schutz zu suchen. Eine «sanfte Landung» scheint nun in greifbare Nähe gerückt zu sein, und da die Inflation rückläufig ist, scheinen die Märkte keinen Bedarf für Gold zu sehen. Allerdings sind die Aktienbewertungen sehr hoch, und die Aussicht auf anhaltend hohe Zinsen birgt erhebliche Risiken für die meisten Sektoren und das gesamte Wirtschafts- und Finanzsystem. Britische Pensionsfonds, die Credit Suisse, die Silicon Valley Bank und die Signature Bank sind bereits Opfer steigender Zinsen geworden. Wer ist als Nächstes an der Reihe? Droht eine neue Krise? Die Schwäche auf den Goldmärkten in den letzten Wochen fällt genau in eine Zeit, in der diese Risiken für die Anleger besonders präsent zu sein scheinen. Dies hat unserer Meinung nach zu einer spürbaren Marktverzerrung geführt. Sollte sich das Blatt jedoch wenden – zum Beispiel, wenn die Märkte mit rückläufigen Unternehmensgewinnen, einer deutlichen Korrektur an den Aktienmärkten, einem schwächeren Arbeitsmarkt oder steigender Arbeitslosigkeit sowie anhaltend hohen Zinsen aufgrund einer über dem Ziel liegenden Inflation konfrontiert werden – sehen wir Gold als gut positioniert, um davon zu profitieren. Als Opfer der Marktverschiebungen dürften Goldaktien unseres Erachtens noch stärker profitieren. Sie werden derzeit zu historisch niedrigen Bewertungsmultiplikatoren gehandelt und weisen einen deutlichen Abschlag gegenüber Goldbarren auf. Gleichzeitig sind die Bilanzen, die Cashflow-Generierung und die Kapitalallokationsstrategien im Goldminensektor so solide wie nie zuvor.

Unterwegs zu Goldkonferenzen
Im vergangenen Monat nahmen wir an zwei branchenführenden Konferenzen in Colorado teil. Erstens am Precious Metals Summit in Beaver Creek, das seinen Schwerpunkt auf Explorations- und Entwicklungsunternehmen sowie aufstrebende Produzenten legte. Zweitens am Gold Forum Americas in Colorado Springs, bei dem Vertreter von sieben Achteln der weltweit börsennotierten Gold- und Silberunternehmen, gemessen an ihrer Produktion oder Reserven, anwesend waren. Während dieser zwei Veranstaltungen führten wir Gespräche mit dem Management von über 50 Unternehmen. Beim Gold Forum Americas spürte man eine ruhige und nachdenkliche Atmosphäre – sicherlich nicht überraschend angesichts des geringen Interesses der Anleger an Goldaktien in letzter Zeit und der daraufhin verzeichneten schlechten Kursentwicklung vieler Unternehmen. Dennoch überwiegt die positive Grundstimmung. Die Unternehmen konzentrieren sich verstärkt auf Portfoliooptimierung, diszipliniertes Wachstum, Kostenkontrolle und die Erfüllung von Anlegererwartungen. Sie sind sich bewusst, dass sie, um neu bewertet zu werden und eine breitere Investorenbasis zu gewinnen, kontinuierlich zeigen müssen, dass der Sektor über verschiedene Metallpreiszyklen hinweg investierbar ist. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf Strategien zur Wertschaffung durch Kosteneffizienz, Verlängerung der Lebensdauer von Minen und Exploration neuer Vorkommen, während gleichzeitig die Renditen für Aktionäre maximiert werden. Baue etwas, und die Investoren werden kommen. Die Märkte sind effizient. Wenn tatsächlich eine Diskrepanz zwischen den Aktienkursen und dem impliziten Wert des Goldbergbausektors basierend auf nachhaltiger Rentabilität besteht (wie wir vermuten), dürfte diese wohl nicht lange anhalten. Auf dem Precious Metals Summit äusserte ein CEO den Vergleich, dass der aktuelle Markt sich anfühlt wie der Tiefpunkt des Bärenmarktes im Jahr 2015, als der Goldpreis auf 1'050 US-Dollar fiel. Allerdings befindet sich der Goldpreis heute im Aufwärtstrend, zuletzt in der Nähe von Rekordhöhen, und der IRR für viele Projekte liegt bei 20% bis 50% oder sogar höher. Es ist also offensichtlich, dass es Marktverwerfungen gibt. In Anbetracht der Stärke des Goldmarktes und der Schwäche des Goldaktienmarktes lassen sich die Unternehmen im Entwicklungsstadium in drei Kategorien einteilen:

  1. Unternehmen, die über eine solide finanzielle Basis verfügen und bereit sind, Kapital aufzunehmen, um ihre Projekte trotz niedriger Aktienkurse voranzutreiben;
  2. Unternehmen, die ihre Projekte mit weniger anfänglichem Kapital beginnen und den operativen Cashflow nutzen, um die Produktion im zweiten oder dritten Jahr zu erweitern; und
  3. Unternehmen mit begrenztem Zugang zu Kapital, die entweder inaktiv sind oder nach einem Käufer mit stärkerer Finanzierung suchen.

Unsere Strategie berücksichtigt alle drei Entwicklertypen. Wir legen Wert auf die Qualität und Grösse der Projekte, berücksichtigen geopolitische Risiken und bewerten die Führungsqualitäten des Managements. Wir sind überzeugt, dass Werte und eine solide Kursentwicklung letztlich von hochwertigen, gut geführten Unternehmen geschaffen werden. Dennoch scheint es, dass die aktuellen Bedingungen zweifellos etwas mehr Geduld erfordern.

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