Q4 birgt für Anleihen ähnliche Herausforderungen wie Q1

Das vierte Quartal dieses aussergewöhnlichen Jahres steht kurz bevor und einige der Risiken, denen sich Fixed-Income-Anleger im ersten Quartal gegenübersahen, werden unseres Erachtens vor Jahresende noch einmal eine Rolle spielen.

Das Hauptrisiko sehen wir in einer Rückkehr zu höheren Zinsen für US-Staatsanleihen und den damit verbundenen Folgewirkungen für die Finanzmärkte. Erinnern wir uns zurück: Zu Jahresbeginn standen die 10-jährigen Renditen bei 90 Bp., und in der Folge stiegen sie rasant und in gewisser Weise ungeordnet auf 1.70% zum Ende des ersten Quartals. Seinerzeit war der Auslöser der bevorstehende aussergewöhnliche Wirtschaftsaufschwung, insbesondere in den USA, die aufgrund ihrer erfolgreichen Impfkampagne beim Weg zurück zur Normalität eine Vorreiterrolle einnahmen. Weiter gewannen die Demokraten die Mehrheit in beiden Kammern, was auf deutlich höhere Staatsanleihen-Emissionen hindeutete. Und zu guter Letzt mutmassten die Marktteilnehmer, dass die Inflation in den kommenden Monaten aufgrund von temporären Faktoren und Basiseffekten ansteigen müsste.

Das Hauptrisiko sehen wir in einer Rückkehr zu höheren Zinsen für US-Staatsanleihen und den damit verbundenen Folgewirkungen für die Finanzmärkte.

Mark Holman, CEO TwentyFour AM, Vontobel

Wie aus der untenstehenden Grafik ersichtlich, mussten Anleiheinvestoren sich in der Bonitätsskala weiter nach unten orientieren, um diesen Anstieg der Treasury-Renditen durch ausreichende Renditen auszugleichen. Natürlich bestanden auch andere Möglichkeiten, um die Portfolios vor höheren Renditen zu schützen, wie z. B. Sicherungsgeschäfte oder Portfolios mit einer deutlich kürzeren Duration.

Bildnachweis: TwentyFour AM

Infolgedessen entwickelte sich Q1 zu einer Herausforderung für Anleiheanleger und auch für die übrigen Marktteilnehmer. Die US-Treasuries erholten sich in der Folge und die 10-Jahres-Rendite sank schliesslich auf 1.12%, was angesichts der beunruhigenden Inflationsdaten in diesem Zeitraum überraschte. Die technische Positionierung wurde richtigerweise als Hauptfaktor für diese Erholung ausgemacht. Sehr viele Anleger gingen Short-Positionen am langen Ende der Kurve ein, entweder direkt oder über auf einer Versteilerung der Renditekurve ausgerichtete Transaktionen, die Anleihen mit kurzer Laufzeit gegenüber ihren langfristigen Pendants bevorzugten.

In den jüngsten Wochen tendieren die Treasury-Renditen jedoch langsam, aber sicher wieder nach oben und stossen dabei auf deutlich weniger Widerstand von Short-Investoren. Die am letzten Freitag veröffentlichten Daten zur US-Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft zeigen diese Dynamik gut auf. Zu Beginn des Sommers hätte ein solch deutliches Verfehlen der Anzahl neu geschaffener Arbeitsplätze (235’000 ggü. prognostizierten 733’000) aller Voraussicht nach zu einem erneuten «Short Squeeze» geführt. Am Freitag massen die Marktteilnehmer jedoch den durchschnittlichen Stundenlöhnen, die im Jahresvergleich um 4.3% stiegen, ähnliche Bedeutung bei.

Unserer Ansicht nach deutet dies auf einen ausgewogeneren Ansatz auf dem Markt für US-Staatsanleihen hin, einem der meist beobachteten und am schwersten zu durchschauenden Fixed-Income-Teilbereiche.

Falls die Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen bis zum Jahresende im Bereich 1.50% bis 1.75% liegen, was unserem Basisszenario entspricht, sollten die Anleger genau wie in Q1 Absicherungsmassnahmen in Erwägung ziehen.

Mark Holman

Was lässt uns also glauben, dass die Risiken aus Q1 in Q4 ein Comeback erleben könnten? Zuallererst sind die technischen Faktoren nun wie angedeutet ausgeglichener und im Gegensatz zu Q2 gegenüber einem Anstieg der Treasury-Rendite zumindest offen. Zweitens nähert sich die Wirtschaft mit jedem weiterem Monat den Zielen der Fed, womit der Weg für das «Tapering» frei wäre, welches selbstredend alternativlos ist und auf der FOMC-Sitzung am 3. November angekündigt werden dürfte. Drittens haben die Fed-Offiziellen die Definition von «vorübergehend» ausgereizt. Im kommenden Quartal werden wir besser abschätzen können, wie dauerhaft die derzeitige Inflation ist. Darüber hinaus dürften die staatlichen Darlehensaufnahmen ähnlich wie in Q1 mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder steigen, wenn der Kongress die Schuldenobergrenze anhebt und frisches Geld für neue Konjunkturpakete notwendig wird.

Wir rechnen nicht mit der gleichen Entwicklung wie in Q1, ein Szenario mit einem etwas niedrigeren Beta scheint uns jedoch wahrscheinlich. Falls die Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen also bis Jahresende im Bereich 1.50% bis 1.75% liegen, was unserem Basisszenario entspricht, sollten die Anleger genau wie in Q1 Absicherungsmassnahmen in Erwägung ziehen.

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