Massiver Rendite-Einbruch in der globalen Pharmaindustrie – Spitzenumsätze pro Wirkstoff stark rückläufig

Die globale Pharmaindustrie hat im vergangenen Jahr aller Voraussicht nach, deutlich tiefere Renditen erzielt. Dies ergab die jährliche Analyse von 20 der weltweit grössten Pharmaunternehmen durch Deloitte.

Die durchschnittliche prognostizierte Rendite für Investitionen in Forschung und Entwicklung sank von 6,8 Prozent im Jahr 2021 auf noch 1,2 Prozent im vergangenen Jahr. Auch der prognostizierte Spitzenumsatz pro Wirkstoff ging gemäss der Studie um einen Viertel auf noch rund 389 Millionen US-Dollar zurück. Der Entwicklungsprozess für neue Medikamente muss daher neu gestaltet werden, wobei digitale Technologien die Effizienz stark steigern können. Zudem braucht der Schweizer Pharmastandort dringend Klarheit bei den Beziehungen zu Europa und eine Roadmap zur Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Unsere Analyse zeigt, dass die Entwicklung neuer Therapien länger dauert und mehr kostet und dass diese Therapien weniger Umsatz generieren.

Alexander Mirow, Leiter Life Sciences Consulting, Deloitte Schweiz

Seit 2010 erfasst und berechnet das Centre for Health Solutions der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte die Renditen der Forschungsinvestitionen, welche die grössten Life-Sciences- und Biotech-Unternehmen aus den Wirkstoffen in der Spätphase der Entwicklung erwarten. Deloitte untersucht dazu jeweils eine Kohorte von inzwischen 20 weltweit tätigen Pharmaunternehmen mit den grössten Forschungsausgaben – dazu gehören auch die beiden Schweizer Pharmakonzerne Novartis und Roche.

Einschätzungen zu den Ergebnissen und zur Pharmaindustrie in der Schweiz
«Ein Rückgang der Rendite auf den Forschungsinvestitionen war zwar nach einem so aussergewöhnlichen und von der Corona-Pandemie geprägten Jahr wie 2021 unvermeidlich. Doch mit einem solchen Einbruch hat kaum jemand gerechnet. Auch ohne die Covid-19-Impfstoffe und -Therapien war die Kapitalrendite 2021 aller Voraussicht nach immer noch doppelt so hoch wie 2022», erläutert Nico Kleyn, Partner und Leiter des Bereichs Life Sciences and Health Care von Deloitte für die Schweiz und für North and South Europe (NSE). «Unsere Analyse zeigt, dass die Entwicklung neuer Therapien länger dauert und mehr kostet und dass diese Therapien weniger Umsatz generieren. Die Forschungsabteilungen der Pharmaunternehmen müssen darum den Ablauf der klinischen Versuche neu gestalten», erklärt Alexander Mirow, Partner und Leiter Life Sciences Consulting von Deloitte Schweiz. «Klinische Versuche mit einem Studiendesign, das die Patienten ins Zentrum stellt und gezielt innovative digitale Technologien und Datentools einbezieht, schaffen einen viel grösseren Mehrwert für alle Beteiligten. Eine Anpassung der Verfahren und Abläufe wird zu einer starken Effizienzsteigerung führen, wissenschaftlich fundierte Entscheidungen fördern und die Chancengleichheit erhöhen. Ein digitaler Ansatz bedeutet nicht nur eine geringere Belastung für Patientinnen und Patienten sowie Gesundheitsfachpersonen, sondern führt dank reduzierter Reisetätigkeit auch zu einer erheblich geringeren Umweltbelastung», so Mirow weiter.

Neben dem wachsenden Druck auf die Forschungsinvestitionen wird die Schweizer Pharmaindustrie mit zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert: «Die forschenden Pharmaunternehmen sind der Motor für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Schweiz. Die Rahmenbedingungen kommen aber zunehmend unter Druck. Im Interesse des Standorts sowie der Patienten braucht es daher eine rasche Klärung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sowie einen gemeinsamen Effort von Politik und Wirtschaft bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems», fordert Nico Kleyn.

Die detaillierte Studie «Seize the digital momentum – Measuring the return from pharmaceutical innovation 2022» findet sich hier.

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