Vertrauen in Banken und Versicherungen: Der Fehler liegt im System

Banken und Versicherungen gehören zu den Branchen, denen Konsumentinnen und Konsumenten am wenigsten vertrauen. Dabei basieren ihre Geschäftsmodelle im Wesentlichen genau darauf: Auf Vertrauen. Die gute Nachricht: Vertrauen kann systematisch entwickelt werden.

Täglich geben Menschen ihr Geld in die Hände von Banken und vertrauen darauf, es (verzinst) wieder zu bekommen. Jeden Tag zahlen sie Prämien an Versicherer in vollstem Vertrauen, dass diese dafür in der Zukunft für sie einstehen. Die Geschäftsmodelle von Banken und Versicherungen basieren auf Vertrauen. Gleichzeitig zeigen Umfragen immer wieder, dass Konsumentinnen und Konsumenten gerade Banken und Versicherungen von allen Branchen am Allerwenigsten vertrauen[1].

Wie lässt sich Vertrauen steigern?
Zahlreiche wissenschaftliche Disziplinen untersuchen seit Jahrzehnten die Determinanten von Vertrauen. Für die Finanzindustrie sind die daraus entstandenen Erkenntnisse hochrelevant. Denn: Vertrauen entsteht nicht zufällig, sondern nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Und: Wer diese kennt, kann auf deren Realisierung hinarbeiten und damit Vertrauen systematisch entwickeln.

Eine besonders wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Vertrauen sind in Einklang stehende Ziele. Das Konzept ist Finanz-Experten nicht fremd: Alignment of Interests!

Eric Eller, elaboratum

Voraussetzungen für Vertrauen
Eine besonders wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Vertrauen sind in Einklang stehende Ziele. Das Konzept ist Finanz-Experten nicht fremd: Alignment of Interests! Und trotzdem: Man muss nicht besonders tief graben, um in den etablierten Geschäftsmodellen der Finanzindustrie gewaltige Interessenskonflikte zwischen den Unternehmen und ihren Kunden zu finden. Ein Beispiel: Versicherungskunden wird bereits im Beratungsgespräch mit Versicherern klar, dass Ehrlichkeit – etwa zum persönlichen Gesundheitszustand – nicht unbedingt belohnt wird, sondern nicht selten zu höheren Prämien führt. Ähnlich verhält es sich im Bankwesen – wo Finanzhäuser weniger profitieren, wenn Kunden Vermögen anhäufen, als wenn sich diese verschulden.

Interessenskonflikte als Chance begreifen
Das Problem der Interessenskonflikte ist gleichzeitig eine Chance. Unternehmen, die glaubhaft vermitteln, mit ihren Kundinnen und Kunden im selben Boot zu sitzen, werden mit deren Vertrauen belohnt. Das US-Insurtech Lemonade hat es vorgemacht: Um ihren Interessenskonflikt mit den eigenen Kundschaft zu reduzieren, zahlt der Versicherer die eingenommenen Prämien nach Abzug einer fixen Gebühr sowie der zu begleichenden Schäden an verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen. Der Gewinn des Unternehmens ist damit unabhängig von den beglichenen Schäden.

Vertrauen aufbauen – mit Methode
Neben den in Einklang stehenden Zielen gibt es mindestens neun weitere Vertrauensmechanismen, durch deren Einsatz Vertrauen systematisch hergestellt werden kann. Mit diesen können Unternehmen die Voraussetzung für Vertrauen schaffen – und damit Kundenerlebnisse, Produkte und Organisationen stärken.

[1] 2021 Edelman Trust Barometer. https://www.edelman.com/sites/...

Dr. Eric Eller ist Sozialpsychologe und hat an der LudwigsMaximilians-Universität München zu Entscheidungen promoviert. Er ist Experte für Behavioral Economics beim Beratungsunternehmen elaboratum. Bildnachweis: elaboratum.ch
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