Schweizer Privatbanken: Spezialkonditionen sind ein Zeichen von Schwäche

Grosse Privatbanken profitieren von Skaleneffekten und agieren deshalb in der Regel klar profitabler als kleine und mittelgrosse Privatbanken. Trotz Grössennachteil gibt es jedoch einzelne kleinere Privatbanken, die wirtschaftlich äusserst rentabel sind und in Sachen Profitabilität mit ihren deutlich grösseren Konkurrenten mithalten oder diese gar übertreffen können. Dies zeigt die neuste Studie «Successful Private Banking business models» von PwC Schweiz. Die Autoren analysierten Geschäftsmodelle kleiner und mittelgrosser Privatbanken in der Schweiz und Liechtenstein mit verwalteten Kundenvermögen von unter 30 Milliarden Franken und haben die Erfolgsrezepte dieser hochprofitablen kleineren Privatbanken herausgeschält.

Die 32 teilnehmenden Banken lassen sich aufgrund der von ihnen erzielten Profitabilitätsgrössen gemäss Finanzberichterstattung von 2019 bis 2021 in drei Gruppen einteilen: Zum einen die Top 5, welche konstant ihre Renditen erhöhen konnten und über eine hohe Profitabilität ausgedrückt durch den RoE (return on equity) verfügen (Median 2021 von 14,9%). Dahinter folgt die Mittelklasse mit einem RoE von 6,5% im Jahr 2021 sowie die Low 5 Banken mit -3,7% RoE (alles Medianwerte). Sogar grosse Privatbanken hatten Mühe, mit den Leistungen der Top 5 mithalten zu können (Median RoE in 2021 von 10,6%). Die zwei grössten Treiber des RoE von Privatbanken sind einerseits die Betriebsgewinnkomponenten und andererseits die Betriebskostenpfeiler (OPEX), nachdem die Eigenmittelausstattung zwischen den einzelnen untersuchten Banken keine wesentlichen Unterschiede gezeigt hat.

Nach unserer Einschätzung besteht die ideale Kundschaft für kleine Privatbanken aus vermögenden Klienten mit investierbaren Vermögenswerten zwischen einer und fünf Millionen Franken.

Martin Schilling, Financial Services, PwC Schweiz

Daraus lassen sich vier zentrale Bereiche herausfiltern, die einen wesentlichen Einfluss auf den Geschäftserfolg sowie die Rentabilität der Bank haben:

Produktangebot
Die Top 5 konzentrieren sich auf ein kleines Portfolio mit einem grossen Anteil an Vermögensverwaltungsmandaten (>55% der AuM (Assets under Management)). Ihre primär angebotenen Vermögensklassen sind Aktien und Obligationen. Die Top 5 der PwC-Studie stellen die Kundenportfolios vorwiegend individuell zusammen, während die Mittelklasse und die Low 5 einen standardisierten Ansatz verfolgen. Die meisten schlechter performenden Banken bieten zahlreichen Kunden Spezialkonditionen an. Die Top 5 hingegen tun dies praktisch nie, sondern überzeugen ihre Kundschaft mit erfolgreichen Investmentstrategien, der starken Kundenorientiertheit und einer guten Marktpositionierung.

Kundschaft
Die Top 5 legen den Fokus auf Schweizer Kunden mit einem äusserst überschaubaren Anteil an internationalen Kunden aus einigen wenigen ausgewählten Märkten. Bei der Mittelklasse und den Low 5 ist der Anteil an Kunden aus ausländischen Märkten deutlich höher. Während die Top 5 fast ausschliesslich High-Net-Worth-Kundschaft mit einem Vermögen zwischen einer und 30 Millionen Franken berät, haben die anderen Gruppen einen diverseren Ansatz. Sie zählen auch Ultra-Reiche (>30 Millionen Franken) und Affluents (250’000 bis 1 Million Franken) zu ihren Kunden. «Nach unserer Einschätzung besteht die ideale Kundschaft für kleine Privatbanken aus vermögenden Klienten mit investierbaren Vermögenswerten zwischen einer und fünf Millionen Franken», erklärt Martin Schilling, Managing Director Deals Financial Services bei PwC Schweiz.

Die meisten schlechter performenden Banken bieten zahlreichen Kunden Spezialkonditionen an. Die Top 5 hingegen tun dies praktisch nie.

Martin Schilling

Personal
Die Qualität von Kundenberatern bleibt essenziell für den Erfolg des beziehungsorientierten Geschäftsmodells von Privatbanken. Daher ist es wenig verwunderlich, dass Personalausgaben normalerweise für den höchsten Anteil der OPEX verantwortlich sind. Bei den Top 5 liegt der Anteil der variablen Vergütungskomponenten mit über 25% des Gesamtvergütungspakets deutlich höher als bei den anderen Banken, was eine stärkere Angleichung der Mitarbeiterentschädigung an den erzielten Ergebnissen bei den Top 5 Banken aufzeigt. Ein Blick auf die Höhe der AuM pro Kundenberater zeigt zudem, dass diese Kenngrösse bei den Top 5 Banken durchschnittlich über 150 Millionen Franken beträgt, während sie bei der Mittelklasse und den Low 5 zum Teil klar geringer ausfällt. Bei den Top 5 liegt der Anteil der Mitarbeitenden mit Kundenkontakt bei rund 40% der gesamten Belegschaft, während dies bei den anderen Vergleichsgruppen nur rund 30% sind.

Betriebslandschaft
Die Top 5 nutzen Outsourcing-Lösungen im Bereich von IT sowie Geschäftsprozessen und verfügen generell über einen höheren Outsourcing-Grad als die anderen Banken. Des Weiteren ist für Privatbanken eine physische Präsenz fundamental, um den Wiedererkennungswert der Marke und die Kundenvertrautheit zu stärken sowie um die Qualität der Kundenberatungen zu halten. Für die aktuellen Kunden der Privatbanken spielen Hybrid Banking-Modelle noch eine eher untergeordnete Rolle. Die Top 5 beschränken sich auf nur einen oder wenige physische Standorte in der Schweiz und bieten kein umfassendes digitales Angebot an. «Vor einer Entscheidung bezüglich Expansion im In- oder Ausland oder der Angebotsverlagerung in den digitalen Bereich sollten Privatbanken unbedingt zuerst eine umfassende strategische Analyse betreffend Kosten und erwartetem Nutzen durchführen», ergänzt Martin Schilling. «Es gibt keine Einheitslösung, die für jede Bank gilt. Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin, die richtige Balance zu finden, die es der Bank ermöglicht, ihre strategischen Ziele zu erreichen und gleichzeitig eine gesunde Finanzlage aufrechtzuerhalten.»

Die detaillierte Studie «Successful Private Banking business models» von PwC Schweiz findet sich hier.

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