Wie wird sich die Umkehrung der Zinskurve auf die Kreditanleger auswirken?

In den letzten 18 Monaten kam es zu einem raschen Anstieg der Zinssätze, da die Zentralbanken weltweit gegen den zunehmenden Inflationsdruck vorgingen. Diese politischen Massnahmen haben das vordere Ende der Zinskurve unter Aufwärtsdruck gesetzt, während zunehmende Rezessionssorgen und die Erwartung von Zinssenkungen zu einer inversen Zinskurve geführt haben. Dies ist ein seltenes Phänomen und wurde in der Vergangenheit als Vorbote einer Rezession angesehen.

Da die Zentralbanken jedoch ihre Leitzinsen nahe oder auf dem Höchststand haben, überraschen die makroökonomischen Daten weiterhin positiv – insbesondere in den USA. Die Rezessionsängste scheinen zu schwinden. Die Zins- und Inflationsaussichten (Higher for longer) deuten darauf hin, dass die derzeitige Umkehrung der Kurve nicht mehr gerechtfertigt ist.

Umkehrung der Zinskurve
In einem «normalen» Marktumfeld ist die Zinskurve nach oben geneigt. Dies spiegelt die Notwendigkeit eines zusätzlichen Ausgleichs für ausserordentliche Inflations- und Durationsrisiken wider. Wie wir derzeit beobachten, kann sich diese traditionelle Kurvenform aufgrund von Änderungen der Geldpolitik oder der wirtschaftlichen Erwartungen ändern. Die Renditekurve des Jahres 2022 kehrte sich aufgrund der geldpolitischen Zinserhöhungen der Zentralbanken um. Dabei wanderte das kurze Ende nach oben, um die höheren Leitzinsen widerzuspiegeln. Anschliessend sank das lange Ende. Dies wiederum reflektierte die Überzeugung des Marktes, dass die Leitzinsen als Reaktion auf den Rezessionsdruck und die Rückkehr der Inflation zu den Zentralbankzielen auf ein niedrigeres Niveau zurückkehren würden.

Kurzlaufende Anleihen bieten weiterhin einen Renditeaufschlag gegenüber Krediten mit längeren Laufzeiten sowie einen gewissen Schutz vor Zins- und Spread-Volatilität.

Tatjana Greil-Castro, Co-Head Public Markets, Muzinich & Co.

Das Zusammenspiel dieser Faktoren führte zum höchsten Niveau einer Kurveninversion seit den frühen 1980er Jahren in den USA und den frühen 1990er Jahren in Europa. Die makroökonomischen Daten sind jedoch nach wie vor relativ solide. Die von der Federal Reserve verbreitete Darstellung einer «weichen Landung» der Wirtschaft hat zu einer langsamen Auflösung der Zinskurve geführt. Anleger, die dogmatisch der Inversion der Zinskurve gefolgt sind, könnten diese Position nun überdenken, da das Rezessionsrisiko – und die damit verbundene Rückkehr zu einem Niedrigzinsumfeld – in Frage gestellt wird.

Eine Rückkehr zu einem «normalen» Umfeld
In einem «normalen» Zinskurvenzyklus wird die Kurve nach einer Umkehrung in der Regel flacher, da die Leitzinsen sinken und das vordere Ende der Kurve nach unten wandert. Da diese Lockerung der Geldpolitik die Wirtschaftstätigkeit anregt, kann die Zinskurve wieder steiler werden und eine aufwärts gerichtete «normale» Form annehmen. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Versteilerung in diesem Zyklus stattdessen von einem Anstieg des langen Endes herrühren könnte, um eine höhere längerfristige Inflation, ein Umfeld mit höheren und längerfristigen Zinssätzen und eine weiche wirtschaftliche Landung in den USA abzubilden.

Auswirkungen auf Kreditportfolios
Vor diesem Hintergrund sollten Anleger den eingebetteten Wert von Krediten mit kurzen Laufzeiten nicht ausser Acht lassen sollten. Dieser könnte den Anlegern wiederum Schutz bieten, falls die Zinssätze negative Renditen bei Krediten mit längeren Laufzeiten nach sich ziehen sollten. Kurzlaufende Anleihen bieten weiterhin einen Renditeaufschlag gegenüber Krediten mit längeren Laufzeiten sowie einen gewissen Schutz vor Zins- und Spread-Volatilität. Ohne eine signifikante Rezession oder eine Kehrtwende in der Zentralbankpolitik ist zu erwarten, dass sie mittelfristig eine bessere Performance als längerfristige Anlagen aufweisen werden.

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