Rendite – ein schwer zu ignorierendes Gut
Die Kreditmärkte dürften im Jahr 2024 bei positivem Carry und begrenzten Kreditspreads grosszügige Gesamtrenditen bieten.
Mit Blick auf die Zukunft dürfte sich die Situation für Kredite im Jahr 2024 anders darstellen als im Jahr 2023. Die Notwendigkeit, die Portfolios vor höheren Leitzinsen zu schützen, ist nicht mehr gerechtfertigt, die Ertragsprognosen sind weniger optimistisch und die Volatilität der Zinssätze wird voraussichtlich abnehmen. Da das Risiko eines starken Renditeanstiegs, der sich auf die Gesamtperformance von Kreditportfolios auswirkt, zurückgegangen ist, werden sich die Anleger auf die Vorteile des Carry von Krediten konzentrieren und überlegen, wann sie ihre angesammelten Barmittel investieren.
Zinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte
Es wird erwartet, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft im Jahr 2024 verlangsamt und in den meisten entwickelten Volkswirtschaften unter dem Potenzialwachstum bleibt. Gleichzeitig verlangsamt sich der Anstieg der weltweiten Inflation. Obwohl der letzte Schub zur Senkung der Inflation auf 2% für die entwickelten Volkswirtschaften am schwierigsten sein wird, sollte eine leichte Verlangsamung in der ersten Jahreshälfte für die Zentralbanken ausreichen, um die Zinsen in der zweiten Jahreshälfte zu senken. Bei diesem Szenario entfällt das «Left-Tail-Risiko» bei den Zinserträgen, welches das Hauptrisiko beim Einstieg in festverzinsliche Anlagen im Jahr 2023 war.
Erick Muller, Produkt- und Investmentstratege, Muzinich & Co.Die erwartete Abschwächung der Kreditkennzahlen dürfte nicht so bedeutend sein, dass sie zu einer signifikanten Spread-Ausweitung führt.
Es wird weiter erwartet, dass sich die Kreditfundamentaldaten leicht verschlechtern, allerdings von einem hohen Niveau aus. Die erwartete Abschwächung der Kreditkennzahlen dürfte nicht so bedeutend sein, dass sie zu einer signifikanten Spread-Ausweitung führt. Es ist davon auszugehen, dass die Ausfallraten weiter steigen werden. Für aktive Manager sollten diese aber keine Überraschungen darstellen, da die Ausfallkandidaten bekannt sind und die Preise entsprechend abgezinst wurden. Fortgesetzte Massnahmen zur Verwaltung von Verbindlichkeiten durch Unternehmen, bei denen bestehende Kreditgeber einer Verlängerung der Laufzeit bestehender Instrumente zustimmen (oder in neue Instrumente mit längerer Laufzeit umgetauscht werden), könnten zudem dazu beitragen, dass die Ausfallquoten niedriger sind als von vielen erwartet.
Solide Unternehmensbilanzen
Die technischen Faktoren waren im Jahr 2023 positiv und verhinderten eine Ausweitung der Spreads trotz der Zinserhöhungen und des langsameren wirtschaftlichen Umfelds ausserhalb der USA. Sie könnten auch 2024 unterstützend wirken. Es wird erwartet, dass das Nettoangebot entweder stagniert oder moderat positiv ist und in allen Fällen durch die erneute Kreditnachfrage gut absorbiert wird. Eine vorzeitige Refinanzierung der Laufzeitwand ist ein Risiko, aber der Refinanzierungsbedarf für 2024 ist gering. Die Bilanzen der Unternehmen sind relativ solide, und die Liquiditätsbestände sind gross genug, um das Risiko eines Überangebots auf kurze Sicht auszuschliessen. Grössere Sorgen bereitet das Risiko eines Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bei Staatsanleihen, da die Programme zur quantitativen Straffung wahrscheinlich auch 2024 in ihrem derzeitigen Tempo oder noch höher beibehalten werden. Auf der Nachfrageseite verzeichneten Bargeldäquivalentprodukte oder Geldmarktfonds im Jahr 2023 angesichts steigender Zinsen grosse Zuflüsse, die das Risiko verringerten. Angesichts der günstigeren Aussichten für die Gesamtrendite von Krediten im Jahr 2024 ist von einer Umkehrung der Zuflüsse aus den Geldmärkten in Kredite mit längerer Duration und höherer Rendite auszugehen.
Carry-Möglichkeiten nutzen
Die Kreditspreads dürften bis Ende 2023 auf relativ engen Niveaus verharren, da sie den steigenden Zinsen und der hohen Volatilität an den Staatsanleihemärkten widerstanden haben. Die erneute Erwartung einer raschen Wende bei den Leitzinsen der Zentralbanken hat die diesjährige Spread-Einengung verlängert. Die aktuellen Bewertungen liegen in der Nähe ihres 10-Jahres-Durchschnitts, was viele als uninspirierend ansehen würden. Allerdings: Ohne eine schwere Kreditkrise oder ein systemisches Sektorrisiko ist das Potenzial für eine weitere Straffung im Jahr 2024 vorhanden, und das inmitten erneuter Zuflüsse in festverzinsliche Wertpapiere und Kredite. Diese Sichtweise rechtfertigt es, die höheren Carry-Möglichkeiten bei Krediten, einschliesslich hochverzinslicher Anlagen, zu nutzen, wenn auch angesichts des mittelmässigen makroökonomischen Hintergrunds mit einer Qualitätsausrichtung. Eine höhere Streuung bietet Chancen für aktive Manager. Es gibt indes keine Sektoren, die Anleger meiden oder bevorzugen sollten, da sich in vielen Sektoren eigenwillige Situationen entwickeln werden, sowohl positive als auch negative, die im Jahr 2024 Alpha-Möglichkeiten schaffen werden.