SNB: Thomas Jordan kündigt die letzte Zinssenkung seiner Karriere an
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkte heute Morgen den Leitzins um 25 Basispunkte auf 1 Prozent. Damit will sie der Aufwertungstendenz des Frankens entgegenwirken. «Wir erwarten keine weiteren Zinssenkungen in den nächsten 12 Monaten», erklärt Valentino Guggia, Ökonom der Migros Bank.
Nach zwölf Jahren an der Spitze der SNB kündigte der abtretende SNB-Präsident Thomas Jordan die letzte Zinssenkung seiner Karriere an. Der Zinsentscheid wurde von den Marktakteuren erwartet, es bestanden jedoch Zweifel über das Ausmass des Zinsschrittes. Nach der «grossen» Zinssenkung um 50 Basispunkte der US-Notenbank nahmen die Spekulationen über einen solchen grossen Schritt auch bei der SNB deutlich zu. Die SNB ging jedoch nicht so weit und beschloss eine «kleine» Zinssenkung um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte).
Eine Präzisionsübung: Weniger Abwärtsdruck bei den Importpreisen…
«Ausschlaggebend für diesen Entscheid war die Wechselkursentwicklung des Frankens in den letzten Monaten», erläutert Valentino Guggia, Ökonom bei der Migros Bank. «Trotz zweier Zinssenkungen im laufenden Jahr notiert der Aussenwert des Frankens sowohl nominal als auch real auf hohem Niveau. Dies hat die Industrieverbände dazu veranlasst, Massnahmen zur Schwächung des Frankens zu fordern. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der Leitzins gesenkt wurde, um den Forderungen der Industrie nachzukommen. Die SNB berücksichtigt bei ihren Entscheiden zwar die Konjunktur, handelt aber strikt im Rahmen ihres Auftrags, die Preisstabilität zu gewährleisten.»
Valentino Guggia, Ökonom, Migros BankAusschlaggebend für diesen Entscheid war die Wechselkursentwicklung des Frankens in den letzten Monaten.
Die SNB strebt eine Inflationsrate zwischen 0 und 2 Prozent an. Die Aufwertung des Frankens über die Sommermonate hinaus führte zu einem deutlichen Rückgang der Importpreise (August 2024: -1,9 Prozent), was den gesamten Landesindex der Konsumentenpreise nach unten drückte. «Damit hat die SNB die aktuelle Teuerung überschätzt», so Guggia. Im Juni war die SNB noch von einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,5 Prozent im dritten Quartal ausgegangen. Für das kommende Jahr rechnet das Staatssekretariat für Wirtschaft mit einer Jahresteuerung von nur 0,7 Prozent, was im unteren Bereich des Zielbandes der SNB liegt. «Mit der präventiven Zinssenkung will die SNB den Franken schwächen und einem allfälligen deflationären Druck auf die Inlandpreise vorbeugen», erläutert Guggia.
… gleichzeitig weniger Aufwärtsdruck bei den Mietpreisen
«Umgekehrt», so Guggia, «dämpft der heutige Entscheid den Aufwärtsdruck bei den Mietkosten: Eine Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes im Dezember zeichnet sich ab.» Dieser dient als Berechnungsgrösse für die Mietzinsen.
Nicht alle Munition verschiessen
«Mit einem Leitzins von 1 Prozent befindet sich die Geldpolitik bereits am unteren Ende des neutralen Bereichs. Weitere rasche Zinssenkungen schliessen wir aus zwei Gründen aus», erklärt Guggia. «Erstens wird der Handlungsspielraum der SNB mit jeder Zinssenkung kleiner: Müsste sie die Zinsen wegen einer konjunkturellen Abschwächung senken, wäre sie schnell nahe bei null oder sogar wieder im negativen Bereich. Und zweitens kann die SNB nicht auf jede Zinssenkung der EZB und der Fed mit einer Lockerung ihrer Geldpolitik reagieren, da deren Zinssenkungspotenzial deutlich höher ist. Die SNB wird daher in naher Zukunft gezwungen sein, den Wechselkurs durch Devisenmarktinterventionen zu steuern. Dies vor dem Hintergrund einer allmählichen Attraktivitätssteigerung des Frankens aufgrund sinkender Auslandszinsen und hoher globaler Unsicherheit.»