Der hohe Ölpreis hat auch positive Folgen

Die steigenden Ölpreise haben die Inflation angefeuert – und damit auch die Erwartungen an steigende Zinsen. Dieser Druck dürfte bald nachlassen, selbst wenn die Notierungen für Öl weiterhin hoch bleiben.

Seit Monaten klettert der Preis für ein Fass Öl (159 Liter) stetig nach oben. Zahlte man vor einem Jahr für ein Fass der Nordseesorte Brent noch gut 55 US-Dollar, sind es heute nahezu 90 US-Dollar – also ein Anstieg von über 50 Prozent. Einerseits hat die wirtschaftliche Erholung dem Ölpreis Aufwind gegeben, andererseits haben Windflaute und weniger Sonnenstunden die alternative Energieproduktion im vergangenen Jahr belastet. Im Zuge dessen sind vielerorts die Teuerungsraten steil nach oben geschnellt. In den USA ist die Inflation auf 7 Prozent gestiegen, im Euroraum auf 5 Prozent. In der Schweiz liegen die Werte etwas tiefer, bei 1,5 Prozent. Allerdings herrschte in den vergangenen Jahren bei uns über weite Strecken eine Deflation – also eine negative Teuerung. Dabei werden Produkte günstiger statt teurer. Der Ölpreis macht innerhalb des Warenkorbs, der die Preisveränderung misst, vielerorts einen erheblichen Teil aus. Deshalb beobachten Notenbanken und Wirtschaftsinstitutionen die Preisentwicklung des schwarzen Goldes ganz genau (siehe Grafik).

Quelle: Bloomberg

Allerdings gibt es trotz des anhaltend hohen Preisniveaus von Rohöl auch positive Aussichten. Da sich ausschliesslich Preiserhöhungen in der Inflationsrate niederschlagen, hätte sogar ein konstant hoher Ölpreis schon bald eine spürbar dämpfende Wirkung auf die Inflationsraten. Hierzu ein Beispiel: Um einen ähnlichen Inflationsbeitrag wie 2021 zu leisten, müsste der Ölpreis bis Ende dieses Jahres auf rund 160 US-Dollar pro Barrel steigen. Ein solcher Wert ist in den vergangenen zwanzig Jahren nie erreicht worden.

Um einen ähnlichen Inflationsbeitrag wie 2021 zu leisten, müsste der Ölpreis bis Ende dieses Jahres auf rund 160 US-Dollar pro Barrel steigen. Ein solcher Wert ist in den vergangenen zwanzig Jahren nie erreicht worden.

Rolf Biland, Chief Investment Officer, VZ VermögensZentrum

Sinkt die Preisveränderung über die vergangenen zwölf Monate gegen null, verliert der Ölpreis jeglichen Einfluss auf die Teuerung – dies bei einer Annahme eines konstanten Ölpreises von 90 US-Dollar. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass Länder wie die USA versuchen, mit weiteren Freigaben von strategischen Ölreserven dem hohen Preisniveau entgegenzuwirken. Würde der Ölpreis dadurch wieder zurückgehen, würde dies die Inflation zusätzlich zurückbinden. Ein solches Szenario könnte den aktuellen Zinserwartungen wiederum eine neue Richtung geben.

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