Das Comeback von Boris Collardi oder Totgesagte leben länger

«EFG liefert solide operative Ergebnisse für die ersten drei Monate und gibt Nominierung für den Verwaltungsrat bekannt», betitelt die EFG International ihre heutige Pressemitteilung – und verkündet in einer kleinen Randnotiz am Schluss des Communiques, dass Boris Collardi – ja, sie haben richtig gelesen – für das VR-Gremium der Bank nominiert wurde.

Hintergrund dieser Entwicklung ist der Umstand, dass der Haupteigentümer der Bank, Spiro J. Latsis, offenbar beabsichtigt, rund 3,6% der Aktien von EFG International an Boris Collardi zu verkaufen. Im Gegenzug nimmt der vormalige Pictet-Partner, der bereits nach kurzer Zeit in im inneren Kreis der Genfer Privatbank in Ungnade fiel, Einsitz im VR-Gremium von EFG International. «Der Verwaltungsrat von EFG International beabsichtigt, in den kommenden Monaten eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen, um Herrn Collardi zu wählen, sobald alle behördlichen Einreichungen und Genehmigungen abgeschlossen sind», ist weiter zu erfahren. Damit ist Boris Collardi ein Comeback in der Finanzindustrie geglückt, dass seine zahlreichen Kritiker wohl in Wallungen versetzen dürfte.

Klar ist, dass Boris Collardi bereits in jungen Jahren eine steile Karriere im Swiss Banking gemacht hat. Als vormaliger CEO von Julius Bär hat er einen forschen Expansionskurs vorangetrieben, der sich für die Zürcher Privatbank im Nachhinein allerdings als wenig nachhaltig herausgestellt hat. Dennoch wurde ihm seine Vorwärtsstrategie nicht zum Nachteil ausgelegt – er wurde in der Branche lange Zeit als Shootingstar gefeiert. Sein nächster Coup, die Aufnahme in das Partnergremium der noblen Pictet, führte ihn mit viel Vorschusslorbeeren in die Genfer Rhonestadt, wo er allerding den Erwartungen nicht gerecht zu werden vermochte. Doch das dürfte nur die halbe Wahrheit sein. Mit ein Grund für sein Scheitern dürfte auch seine für Genfer Verhältnisse eher unübliche Persönlichkeitsstruktur gewesen sein, sowie der Umstand, dass im Rahmen der Aufarbeitung seiner Hinterlassenschaft bei Julius Bär unschöne Compliance-Versäumnisse bekannt wurden. Mit seinem unerwarteten Ausscheiden schien sein berufliches Schicksaal besiegelt. Doch statt, wie allgemein erwartet, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, betritt er nun erneut die Bühne – diesmal auf Stufe Verwaltungsrat. Wir dürfen gespannt sein, ob sich Boris Collarid rehabilitiert und zu alter Grösse zurückfindet. Interessant wird auch sein, wie die Schweizer Bankenaufsicht FINMA die berufliche Wiedergeburt von Boris Collardi beurteilt. Seinen Kritikern sei zugerufen: Totgesagte leben offenbar länger.

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