Schweizer Immobilienmarkt beendet Boom ohne harte Landung

Der Wind auf dem Schweizer Immobilienmarkt hat gedreht: Mieter und Eigentümer sind mit steigenden Kosten konfrontiert und auch für Anleger verlieren Immobilien an Glanz. Die Zinswende hat den Superzyklus für Immobilien beendet.

Anders als im Ausland durchläuft der Schweizer Immobilienmarkt jedoch nur einen Prozess der Normalisierung – man kann auch von einer weichen Landung sprechen. Doch die höheren Zinsen stellen eine grosse Herausforderung dar. In Zukunft ist mit Preiskorrekturen sowohl beim Wohneigentum wie auch bei Wohnrenditeliegenschaften zu rechnen. Diese dürften gemäss den Immobilienökonomen der Credit Suisse aber überschaubar ausfallen.

In Rekordzeit hat sich auf dem Schweizer Mietwohnungsmarkt eine Trendwende vollzogen. Anstelle von Überangeboten ist bereits von drohendem Wohnraummangel weit über die Zentren hinaus die Rede.

Studie «Schweizer Immobilienmarkt 2023» der Credit Suisse

Aufgrund der Zinswende sind Immobilienanlagen nicht mehr alternativlos, denn die Renditevorteile von Immobilienanlagen gegenüber vergleichbaren Anlagen haben sich normalisiert. Dank einem weitgehenden Inflationsschutz sind die Renditevorteile real betrachtet jedoch immer noch attraktiv. Zudem schützen eine positive Entwicklung der Nutzermärkte, wachsende Knappheiten auf dem Wohnungsmarkt und die wirtschaftliche Stabilität der Schweiz Immobilienanlagen vor einer harten Landung.

Knappheit sichert Preisniveau im Wohneigentum 2023
Die Zinswende hat zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Wohneigentum geführt. Infolge der jüngst erneut stark gestiegenen Eigenheimpreise können sich noch weniger Haushalte die eigenen vier Wände leisten. Der jährliche finanzielle Aufwand für Wohneigentum ist heute um 47% höher als für eine vergleichbare Mietwohnung. Der Kauf von Buy-to-let-Objekten lohnt sich daher nicht mehr. Die geringere Nachfrage trifft auf ein seit Jahren limitiertes Angebot, und der Neubau von Wohneigentum nimmt weiter ab. Kaufwillige dürften zwar infolge eines deutlich geringeren Interesses an Buy-to-let-Anlagen mehr Objekte als im Vorjahr zur Verfügung haben, dank der rekordtiefen Bautätigkeit wird sich die sinkende Nachfrage aber erst allmählich in höheren Vermarktungszeiten manifestieren. Folglich sollten die Preise 2023 mit einem leichten Plus das hohe Niveau halten können. Erst im Folgejahr erwarten die Immobilienökonomen der Credit Suisse leichte Preisrückgänge. Denn die Kombination steigender Zinsen mit hohen Immobilienpreisen hat hohe Kostenbelastungen zur Folge. Dies wiederum wird die Nachfrage in einem Ausmass senken, das früher oder später Preiskorrekturen erfordert. Solche Korrekturen dürften jedoch überschaubar ausfallen, reduziert doch das anhaltend knappe Angebot die mögliche Fallhöhe erheblich.

Mietermarkt war gestern
Die Mietwohnungsnachfrage hat sich im vergangenen Jahr weiter belebt. Ausschlaggebend dafür war die höchste Zuwanderung seit acht Jahren. In Anbetracht des ausgeprägten Fachkräftemangels dürften auch in den nächsten Jahren hohe Zuwanderungszahlen zu beobachten sein, und Mietwohnungen werden daher 2023 trotz einer sich eintrübenden Konjunktur gefragt bleiben. Im Kontrast zur regen Wohnungsnachfrage ist die Bautätigkeit allerdings auch im Mietwohnungssegment weiterhin rückläufig. Eine Trendwende ist hier noch immer nicht absehbar, und in einer Mehrheit der Regionen werden zu wenige Wohnungen gebaut. Rapide sinkende Angebotsziffern und rasch kürzer werdende Insertionszeiten signalisieren klar, dass der Mietwohnungsmarkt Kurs auf einen Vermietermarkt genommen hat. Angesichts der Zinswende und einer hohen Baupreisteuerung ist eine baldige Belebung der Bautätigkeit zudem noch unwahrscheinlicher geworden. Die Leerstände werden folglich 2023 in ähnlichem Tempo weiter sinken, während die Mieten kräftig zulegen dürften.

Wohnmangellage kaum zu vermeiden
In Rekordzeit hat sich auf dem Schweizer Mietwohnungsmarkt eine Trendwende vollzogen. Anstelle von Überangeboten ist bereits von drohendem Wohnraummangel weit über die Zentren hinaus die Rede. Hauptgrund für die Trendwende ist die Bautätigkeit, die bereits seit 2017 rückläufig ist. Wir sehen die Revision der Raumplanung als Hauptursache. Das revidierte Raumplanungsgesetz erschwert Einzonungen, da sich die Stimmbürger wiederholt gegen eine weitere Zersiedelung der Schweiz ausgesprochen haben. Folglich sinken die Bauzonenreserven in der ganzen Schweiz. Die Verdichtung, die anstelle von Einzonungen für eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum sorgen sollte, wird jedoch breitflächig ausgebremst. Überzogene Einsprachemöglichkeiten, ungelöste Zielkonflikte zwischen Verdichtung einerseits sowie Heimat- und Lärmschutz andererseits und langwierige Bewilligungsprozesse hemmen die Bautätigkeit überall. Flankierende Massnahmen, mit denen die Verdichtung wirkungsvoll unterstützt werden könnte, fehlen oder wirken zu langsam. Um eine ausgewachsene Wohnungsnot noch abzuwenden, wäre ein rasches Handeln notwendig. Doch hierfür müssten Gesetze angepasst werden, und es würde wohl auch im besten Fall Jahre dauern, bis eine Entlastung spürbar wird. Der drohende Wohnraummangel wird unweigerlich zu sozialen Spannungen führen und dürfte Forderungen nach einer noch stärkeren Regulierung des Wohnungsmarktes nach dem Muster von Genf und Basel kräftigen Auftrieb verleihen, obschon entsprechende Verschärfungen das Problem erst recht akzentuieren.

Noch viel zu tun bezüglich Klimaneutralität
Der Immobilienmarkt wird nicht nur von der Zinswende und einer zu geringen Bautätigkeit herausgefordert, sondern auch der Klimawandel erzeugt Handlungsdruck. Bis 2050 soll der Ausstoss von Treibhausgasen der Schweizer Wohngebäude auf netto null gesenkt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, führt kein Weg an einer massiven Reduktion des Energieverbrauchs und einer Abkehr von fossilen Energieträgern vorbei. Bei Neubauten ist man diesbezüglich schon sehr weit, und es werden kaum noch Wohngebäude mit fossilen Heizungen erstellt. Anders präsentiert sich derweil die Situation bei Bestandsbauten. Aufgrund der langen Lebensdauer vieler Bauteile und der folglich hohen Abschreibungskosten bei einem frühzeitigen Ersatz werden energetische Sanierungen nur selten früher als nötig in Angriff genommen. Diese Problematik können auch staatliche Förderprogramme nur beschränkt lösen.

Netto-Null anspruchsvoll, aber möglich
Rund 60% der Wohngebäude werden daher noch fossil beheizt. Das Bundesamt für Energie hat mit einer Szenarioanalyse abzuklären versucht, ob und wie das Netto-Null-Ziel erreicht werden kann. Die Immobilienökonomen der Credit Suisse haben die Absenkpfade der Treibhausgasemissionen, die diesen Szenarien zugrunde liegen, einem Realitätscheck unterzogen und mit eigenen Szenarien ergänzt. Sie gelangen zum Schluss, dass das Ziel Netto-Null zwar anspruchsvoll ist, aber erreichbar sein dürfte. Das Tempo des Heizungswechsels müsste sich dazu aber nochmals beschleunigen. Der jährliche Absatz an Wärmepumpen müsste sich beispielsweise im Vergleich zu 2021 bis 2027 um 69% erhöhen. Zusätzlich dürfte es ohne gewissen gesetzlichen Druck wohl nicht gehen. Zuallererst gilt es aber, den Wissensstand über die Gebäudeheizungen auf Vordermann zu bringen, stammen doch bei rund der Hälfte der Gebäude die Information über den Heizungstyp noch aus dem Jahr 2000.

Abbildung: Flächendeckender Rückgang der Bauzonenreserven

Unüberbaute Bauzonenfläche in % der gesamten Bauzonen 2022 (Wohn-, Misch- und Zentrumszonen)

Die vollständige Studie «Schweizer Immobilienmarkt 2023» der Credit Suisse findet sich hier.

Hauptbildnachweis: Pixabay