Julius Bär: What the Heck are Private Debts?

Kredite müssen zwingend in der Bilanz der kreditgewährenden Bank ausgewiesen werden. Warum? Die Bank ist die Gegenpartei des Kreditnehmers. Fallen Kredit aus, müssen Rückstellungen getätigt werden; die Verluste trägt die Bank. Und nur die Bank. Aber wie verhält es sich mit Private Debt-Instrumenten, die Julius Bär im Zusammenhang mit dem aktuellen Kredit-Waterloo, in das sich die Zürcher Privatbank manövriert hat, ins Feld führt? Warum ist die Rede von «Private Debt» und nicht von «Unternehmenskrediten»? Ein Erklärungsversuch.

Banken sind aus regulatorischen Gründen verpflichtet, strenge Auflagen bezüglich der Kreditvergabe und der Kapitalanforderungen zu erfüllen. Aus diesem Grund prüft in der Regel ein sogenannter Credit Officer (nicht zu verwechseln mit dem Chief Risk Officer) sämtliche Kreditbegehren unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen. Erfolgt trotz Einwänden seitens des zuständigen Credit Officers ein positiver Kreditentscheid durch die Entscheidungsträger einer Bank, beispielsweise aus strategischen Gründen, und fällt besagte Kreditposition später aus, stellt sich zwangsläufig die Frage, wer für den Schaden der Bank die Verantwortung übernimmt. Kleiner Tipp: der Credit Officer, der seine Aufgabe gemacht und seinen negativen Entscheid dokumentiert hat, ist es nicht. So zumindest die Theorie. Womit wir auf die Signa-Kapriolen innerhalb der Zürcher Privatbank Julius Bär zu sprechen kommen müssen.

Theoretisch könnten Private Debt-Instrumente auch in den Kundendepots einer Bank landen.

The Onliner

Julius Bär hat die Kreditverpflichtungen gegenüber der insolvenzgefährdeten Signa-Gruppe offensiv kommuniziert. Das ist zu begrüssen, obwohl es den Vertrauensverlust, der sich in den letzten Tagen aufgebaut hat, nicht wirklich zu stoppen vermochte. So muss die Zürcher Privatbank in den letzten Handelstagen, zusätzlich zum Imageschaden, einen Bewertungsverlust von rund zwei Milliarden Franken verschmerzen. Die Verantwortlichen der Bank operieren dabei im Krisenmodus offensiv mit dem Begriff «Private Debt». Dabei handelt es sich gemäss Lehrbuch zuerst einmal um eine nicht-öffentliche Anlageklasse. Ebenfalls gemäss Lehrbuch finden sich Private Debt-Kredite in der Regel nicht in den Büchern einer Bank, denn sie werden abseits der öffentlichen Märkte an Dritte vergeben und gehandelt – die Bank ist also nicht Gegenpartei des Kreditnehmers. Dem Vernehmen nach soll Julius Bär aber das gesamte problematische Kreditvolumen von rund 600 Millionen Franken auf die eigene Bilanz genommen haben. Weshalb spricht die Zürcher Privatbank dann von einem «Private Debt»-Kreditbuch?

Theoretisch könnten Private Debt-Instrumente auch in den Kundendepots einer Bank landen. Wäre dem so, müsste nicht die Bank die Verluste tragen, sondern die Kunden, die entsprechende Investments im Portfolio halten. Logisch, oder? Verwirrlich ist der Umstand, dass Julius Bär für den Ausfall im «Private Debt»-Kreditbuch dennoch Abschreibungen im Umfang von (vorerst) 70 Millionen Franken gebucht hat. Das lässt die Vermutung zu, dass es sich möglicherweise um eine sehr kreative hybride Investment-Konstruktion handelt, dessen Gegenpartei zu Teilen die Bank selber, aber auch Drittparteien sind. Julius Bär müsste in diesem Fall nur für den Teil, den sie als Gegenpartei selber verantwortet, einen Verlust tragen. Für den Rest müssten Drittparteien, sofern es sie tatsächlich gibt, geradestehen. Klarheit könnte Phillip Rickenbacher schaffen. Dieser beschränkt sich aber auf mediale Nebelpetarden. «Wir betreiben das Kreditgeschäft nicht erst seit gestern», lässt sich der CEO der Zürcher Privatbank verlauten. Was er uns damit genau sagen will, bleibt sein Geheimnis. Überkritische Zeitgenossen könnten in seine Worte den versteckten Hinweis interpretieren, dass Julius Bär das Kreditrisiko teilweise ausgelagert hat. Das wäre legitim, würde aber die Frage aufwerfen an wen.

Hauptbildnachweis: Julius Bär