Starke oder schwache Währung – was ist besser für ein Land?

Zwar hat der Schweizer Franken in den letzten Wochen vor allem gegenüber dem US-Dollar etwas an Wert verloren. Aber er ist noch immer stark, sehr stark. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) seit dem vergangenen Jahr mit Devisenverkäufen den Franken bewusst gestärkt hat, um die Inflation zu bekämpfen.

Zuvor hatte die SNB über viele Jahre hinweg mit allen Mitteln versucht, Franken-Anlagen unattraktiv zu machen. Ein Kommentar der SNB unter dem Titel «Rolle und Höhe der Reserven der Nationalbank» vom Februar 2006 ist deshalb aus heutiger Sicht bemerkenswert: «So kann die SNB im Falle einer Frankenschwäche [...] am Devisenmarkt intervenieren und durch den Verkauf von Fremdwährungen den Franken stützen.» Der EUR/CHF-Kurs lag damals bei 1.55 und stieg bis Herbst 2007 auf den Höchstwert von 1.68. Es kursierte die Frage, ob die SNB dem Franken unter die Arme greifen sollte, damit er nicht zu schwach werde. Die Ausgangslage ist nicht die gleiche wie 2006. Die Frage ist aber dieselbe: Starke oder schwache Währung – was ist besser für ein Land?

Es ist besser, man hat Probleme mit einer zu starken als mit einer zu schwachen Währung.

Thomas Heller, Chief Investment Officer, Belvédère Asset Management

Wertet eine Währung um beispielsweise 10% ab, so sind Produkte aus diesem Land auf dem Weltmarkt ceteris paribus (d.h., wenn alle anderen Parameter gleichbleiben) 10% billiger. Ein ziemlicher Wettbewerbsvorteil. Einfach so, ohne Anstrengung, ohne (sichtbare) Kosten. Viel mühsamer ist es, wenn der Preisvorteil von 10% über die realen Produktionsprozesse erzielt werden muss. Das bedeutet nämlich, dass im eigenen Land Produktivitätsfortschritte, Kostensenkungen und/oder strukturelle und fiskalische Anpassungen nötig sind. Das erfordert grosse Anstrengungen, braucht Zeit und es entstehen (sichtbare) Kosten (z.B. durch die Verlagerung von Arbeitsplätzen). Was liegt näher, als der heimischen Exportwirtschaft mittels einer Schwächung der eigenen Währung auf die Sprünge zu helfen?

Kurzfristig kann dies erfolgreich sein. Langfristig kann eine Abwertung jedoch kein Ersatz für Strukturreformen, Produktivitätsfortschritte und Innovation sein. Eine schwache Währung macht faul und träge, eine starke hält fit. Deshalb sind Produktivität und Innovation in Starkwährungsländern tendenziell höher. Entsprechend sind Länder mit einer starken Währung langfristig im globalen Wettbewerb besser positioniert. Und nicht zu vergessen: Eine starke heimische Währung verbilligt Importprodukte und hält die Inflation und die Zinsen tief. Davon profitieren alle.

Da es raschen Erfolg verspricht, versuchen Regierungen und Notenbanken immer wieder, die eigene Valuta zu schwächen. Diese Rechnung kann nicht für alle aufgehen. Bei Wechselkursen steht jeder Abwertung eine Aufwertung gegenüber (und jedem Exportüberschuss ein Importüberschuss). Das Leben mit einer harten Währung mag zwar herausfordernd und manchmal schmerzhaft sein. Insbesondere schockartige Aufwertungen – wie sie die Schweiz etwa 2011 und 2015 erlebte – und Abwertungen stellen eine Volkswirtschaft auf die Probe. Auf lange Sicht überwiegen die Vorteile einer starken Valuta hingegen klar. Fazit: Es ist besser, man hat Probleme mit einer zu starken als mit einer zu schwachen Währung.

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