Rückschläge als Chancen für Anleihenmanager

Auch die Anleihenmärkte stehen weiterhin unter dem Einfluss der Coronakrise: Expansive Geldpolitik, Konjunkturpakete und steigende Inflation sorgen für Turbulenzen.

Am Anleihenmarkt beobachtet man die Entwicklung der Covid-19-Pandemie ganz genau: Mit der Hilfe expansiver Fiskalpolitik und weitreichender Konjunkturpakete zog die Konjunktur deutlich an. Am Terminmarkt werden Leitzinserhöhungen um etwa 80 Basispunkte bis Ende 2023 erwartet. Wir gehen aber davon aus, dass die Fed die Zinsen am Ende weniger stark anheben wird. Zumindest hat Chairman Jerome Powell bestätigt, dass die Fed nichts überstürzen wolle. Er führt den vorübergehenden kurzfristigen Inflationsanstieg auf Basiseffekte und einen Nachfrageschub beim Reboot der Wirtschaft zurück. Ein weiterer Renditeanstieg mache ihm nur Sorgen, wenn er turbulent verliefe oder die Ziele der Fed aufgrund dauerhaft straffer Finanzbedingungen gefährdet seien. Auch in anderen Ländern erhole sich die Konjunktur, auch wenn die Impfkampagne je nach Region unterschiedlich verlaufe. Wir halten vor diesem Hintergrund kurz- bis mittelfristig Rückschläge bei den Anleihenkursen für gute Einstiegsmöglichkeiten. Schauen wir uns vor diesem Hintergrund die Entwicklungen an drei Anleihenmärkten genauer an:

USA
Die langfristigen Renditen sind in den USA mittlerweile wieder nahezu auf dem gleichen Stand wie kurz vor Corona. Am Rentenmarkt rechnet man in allen Laufzeiten mit einem weiteren Renditeanstieg. Dass es kurzfristig dazu kommt, bezweifeln wir allerdings, insbesondere bei Kurzläufern. Mittelfristig könnten die Renditen aber weiter steigen, Grund dafür ist die fortschreitende Erholung der Konjunktur. Den stärksten Anstieg erwarten wir dann bei der Zehnjahresrendite. Hier dürfte sich die Straffung der Geldpolitik in Form einer graduellen Reduktion der Anleihenkäufe, die wahrscheinlich in 2022 ansteht am stärksten auswirken.

Den stärksten Anstieg erwarten wir bei der Zehnjahresrendite.

Peter Becker, Investment Director Fixed Income, Capital Group

Die Fed wird mit der Ankündigung dieser Straffung aber noch warten, da sie eher reagieren als zu früh handeln will, um ihre Ziele zu erreichen. Wir sind uns relativ sicher, dass die Fed bei der Straffung ähnlich vorgehen wird wie 2013 bis 2015. Aber auch bei einer weniger expansiven Geldpolitik sehen wir das Risiko deutlich ansteigender Kurzfristzinsen als begrenzt an. Interessant sind dann Kurzläufer, die davon profitieren, wenn die Fed die Zinsen weniger stark anhebt als der Markt derzeit erwartet. Bislang hat man für den Fall einer Risikoaversion und einer Abflachung der Zinsstrukturkurve am Ende auf Langläufer gesetzt. Nun werden stattdessen Titel mit kürzerer Laufzeit bevorzugt.

Europa
In Europa sind Probleme bei der Covid-19 Impfkampagne erwartet worden, was sich durch Strategiewechsel und Verzögerungen bestätigt hat. Die europäische Wirtschaft scheint trotzdem krisenfest. Die Zahlen des Dienstleistungssektors blieben stabil und auch die Indikatoren für das verarbeitende Gewerbe waren zuletzt sehr gut.

Wir setzen insgesamt auf eine kürzere Duration.

Peter Becker

Die Impfungen haben dennoch teilweise für Probleme gesorgt, sodass es zeitweise zu weiteren Kontaktbeschränkungen gekommen ist. Mit dem Voranschreiten der Impfkampagne ist die europäische Wirtschaft aber in einer guten Position, um parallel zur Erholung der Weltwirtschaft zu wachsen: Der Konsens ist, dass das reale Euroraum-BIP 2021 um 4,25 Prozent wächst. Die Inflation wird den Prognosen zufolge auf 1,5 Prozent steigen. Das Pandemie-Notfallkaufprogramm der EZB sorgt aber weiter für eine bessere Markttechnik. Die EZB hat im März mitgeteilt, dass sie die Wertpapierkäufe beschleunigen will. Dennoch könnten die Erholung der Weltwirtschaft und ein entsprechender Anstieg der US-Renditen auch die europäischen Renditen weiter steigen lassen. Deshalb setzen wir insgesamt auf eine kürzere Duration. Chancen bieten ausgewählte Peripherieländeranleihen. Aufgrund der Tendenz zu höheren Renditen und einer potentiell höheren Volatilität ist hier aber Vorsicht geboten.

Japan
Die Bank of Japan hat im März mehrere kleinere Änderungen ihrer Geldpolitik vorgenommen. Demnach ist zwar weiterhin eine Zehnjahresrendite «nahe null» anzustreben, doch kann sie nun um +/- 25 Basispunkte davon abweichen, statt wie bisher nur um 20 Basispunkte. Die BoJ hat ausserdem die Zusage widerrufen, in einem vorab definierten Rahmen Aktien zu kaufen. Sie kaufen zwar weiterhin Aktien mit einer Obergrenze, aber jetzt ist der Zeitrahmen flexibel. Es wird nur noch gekauft, wenn die Notenbank dies für sinnvoll hält.

Bei japanischen Anleihen solle man vorsichtig sein.

Peter Becker

Die BoJ kann so ihre Zinsen senken, um bei Bedarf die Finanzbedingungen zu lockern, zugleich werden die negativen Nebenwirkungen der lockeren Geldpolitik gemildert. Die Geldpolitik der BoJ dürfte auch auf absehbare Zeit expansiv bleiben. Die Inflation ist noch weit von den zwei Prozent entfernt. Dies liegt an einer Outputlücke, aber auch daran, dass die Regierung bei ihren Massnahmen auf Preissenkung setzt. Bei japanischen Anleihen solle man aber trotzdem vorsichtig sein: Wir glauben, dass die Notenbank Wege suchen wird, um für eine steilere Zinsstrukturkurve zu sorgen, ohne die Geldpolitik zu straffen.Dazu erhöht die BoJ auch ihre Bankensubventionen, wie der Anstieg der Kredite in ihrer Bilanz zeigt. Durch Diversifikation der geldpolitischen Instrumente kann sich aber der Druck auf langlaufende Staatsanleihen verringern.