Zölle bremsen Aktien nur temporär: Entscheidend sind die Auswirkungen auf die Gewinne

Die Aktienmärkte bewegen sich derzeit in einem komplexen Spannungsfeld aus geopolitischen Risiken, handelspolitischer Unsicherheit und geldpolitischem Rückenwind.

Das erste Halbjahr 2025 war geprägt von geopolitischen Spannungen und einschneidenden handelspolitischen Entwicklungen. Dennoch zeigen sich die Aktienmärkte erstaunlich robust. Verluste wurden wettgemacht. Seit Mitte Mai tendieren die Kurse seitwärts. Die Nervosität am Markt ist im historischen Vergleich nur leicht erhöht – gemessen an der aktuellen Entwicklung der Volatilitätsindizes.

Mit Spannung erwarten die Märkte den 9. Juli. Dann dürfte die US-Regierung Details zur Handelspolitik kommunizieren.

Thomas Rühl, Chief Investment Officer, Schwyzer Kantonalbank

Der politische Einfluss bleibt indes schwer kalkulierbar. Mit Spannung erwarten die Märkte den 9. Juli. Dann dürfte die US-Regierung Details zur Handelspolitik kommunizieren. Wie stabil ein neues Zollregime nach dem Ablauf des 90-tätigen Aufschubs für die «reziproken» Zölle ausfällt, ist allerdings offen. Die bisherigen Vereinbarungen deuten darauf hin, dass die US-Zölle für viele Länder künftig zwischen 10 und 20 Prozent liegen dürften. Unklar ist, wie stark die Belastung für die Unternehmensgewinne ausfällt. Die Märkte hoffen auf ein baldiges Ende der Unsicherheit, nicht zuletzt im Hinblick auf die Zwischenwahlen in den USA im November 2026. Rückenwind kommt von der Geldpolitik. Die US-Notenbank signalisiert für das zweite Halbjahr Zinssenkungen. Damit würden sich Konsumkredite verbilligen, was die Nachfrage stärkt und positiv auf die Unternehmensgewinne wirkt. Auch in Europa und der Schweiz stehen weitere geldpolitische Lockerungen zur Diskussion. Wir erwarten die Wiedereinführung von Negativzinsen. In der taktischen Asset Allocation bleibt unsere Aktiengewichtung neutral. Innerhalb der Regionen bevorzugen wir jedoch gezielt Schwellenländer. Schweizer Aktien sind leicht untergewichtet – unter anderem wegen der Risiken im Pharmasektor durch mögliche US-Preisregulierungen.

Taktisches Abwarten – selektives Investieren

  • Amrize (Holcim Nordamerika): Mittelfristiges Potenzial
    Der Bauzulieferer Holcim hat Ende Juni sein Nordamerikageschäft unter dem Namen Amrize an die Börse gebracht. Der Startkurs liegt deutlich unter Analystenschätzungen von rund 45 Schweizer Franken. Kurzfristig belasten die schwache Baukonjunktur und die Unsicherheit bezüglich unvorteilhafter Zollregimes. Mittelfristig jedoch bietet das Unternehmen erhebliches Potenzial.
  • TX Group (Swiss Marketplace Group): IPO-Fantasie
    Ein Börsengang der Swiss Marketplace Group (SMG), an der die TX Group beteiligt ist, könnte zeitnah erfolgen. Dafür sprechen mehrere Signale: die Aussetzung des ZKB-Ratings sowie die erstmalige Publikation konkreter Finanzziele durch SMG. Der IPO könnte bislang unerkannte Werte in der TX Group heben.
  • Prysmian (Italien): Strukturelle Trends als Wachstumstreiber
    Der italienische Kabelhersteller ist Weltmarktführer in seinem Segment und profitiert von mehreren langfristigen Megatrends: Glasfaserausbau, Energiewende, Netzinvestitionen und Infrastrukturerneuerung. Die EU fördert diese Bereiche aktiv.

Die Aktienmärkte bleiben 2025 von Unsicherheit geprägt. Dennoch überwiegen mittelfristig die positiven Faktoren – insbesondere der geldpolitische Rückenwind dürfte unterstützend wirken.

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