Brasilien und Mexiko zeigen mehr Haushaltsdisziplin als Frankreich, Grossbritannien oder die USA
Etwas Grundlegendes scheint sich gerade zu verändern: Frankreich wird an den Kapitalmärkten derzeit günstiger gehandelt als Italien. Der Stillstand der US-Regierung verzögert die Veröffentlichung wichtiger Daten, gerade als Investoren nach Anzeichen für eine Konjunkturabkühlung suchen. Unterdessen verzeichnen die Schwellenländer die stärksten Zuflüsse seit zwei Jahren.
Brasilien und Mexiko zeigen derzeit mehr Haushaltsdisziplin als Frankreich, Grossbritannien oder die USA. Dies stellt 30 Jahre lang gültige, fest etablierte Anlageweisheit auf den Kopf, nach der Industrieländer sicher und stabil, jedoch Schwellenländer riskant und volatil seien. Derzeit verschwimmt die Unterscheidung zwischen Industrieländern und Schwellenländern zusehends. Während die traditionellen fiskalischen Anker der entwickelten Märkte erodieren – durch den Shutdown in den USA, die politische Krise in Frankreich und fiskalische Zwänge im Vereinigten Königreich – bieten ausgewählte Schwellenländer eine überlegene fiskalische Glaubwürdigkeit kombiniert mit positiven Realrenditen und geldpolitischen Lockerungszyklen.
Laura Cooper, Global Investment Strategist, NuveenDerzeit verschwimmt die Unterscheidung zwischen Industrieländern und Schwellenländern zusehends.
Wir positionieren uns entsprechend dieser Verschiebung: Bei französischen Staatsanleihen sind wir untergewichtet, nachdem der OAT-Bund-Spread 85 Basispunkte erreichte und Frankreich günstiger als Italien handelt. Zwar könnte eine Koalitionsbildung den Spread taktisch auf 75 Basispunkte einengen, doch strukturelle Bedenken bleiben aufgrund der fehlenden Haushaltskonsolidierung bestehen. Auch bei US-Duration zeigen wir uns vorsichtig, während die Fed-Lockerung trotz des Daten-Blackouts durch den Shutdown erwartet wird und der Druck auf die institutionelle Glaubwürdigkeit zunimmt.
Laura CooperIn den heutigen Märkten definiert offenbar politische Glaubwürdigkeit – nicht die Postleitzahl – das Chancenspektrum für Investoren.
In Japan hingegen löste die Wahlüberraschung Erwartungen fiskalischer Expansion aus. Ein Paket von über 30 Billionen Yen wird erwartet, die Kurve dürfte sich weiter versteilen. Eine BOJ-Zinserhöhung im Dezember erscheint nun wahrscheinlicher als zuvor, mit einem USDJPY-Ziel von 143 zum Jahresende bei bestehenden Aufwärtsrisiken.
Der eigentliche Paradigmenwechsel zeigt sich bei Schwellenländern: Bei Emerging-Markets-Lokalwährungsanleihen und Hartwährungs-Credit sind wir übergewichtet. Brasilien und Mexiko führen mit glaubwürdigen Fiskalrahmen, die Zuflüsse seit Jahresbeginn belaufen sich auf 13 Milliarden US-Dollar, wobei allein in der jüngsten Berichtswoche 1’6 Milliarden US-Dollar hinzukamen. Bemerkenswert: 75 Prozent dieser Mittel fliessen in Lokalwährungsstrategien. In den heutigen Märkten definiert offenbar politische Glaubwürdigkeit – nicht die Postleitzahl – das Chancenspektrum für Investoren.