COP27: Jetzt zählen die Fortschritte und nicht mehr die Zusagen – vor allem in Schwellenländern
Der Weg zu Netto-Null wird weder linear noch einfach sein, vor allem nicht für Unternehmen in kohlenstoffintensiven aufstrebenden Volkswirtschaften wie Südafrika. Ein heutiges emissionsintensives Unternehmen wird in der Netto-Null-Wirtschaft von morgen nur bestehen, wenn es einen ehrgeizigen, glaubwürdigen und umsetzbaren Plan für den Übergang zu einer grüneren, saubereren Zukunft hat.
Als Asset Manager stehen wir in der Verantwortung, die Unternehmen, in die wir investieren, auf ihrem Netto-Null-Pfad zu begleiten. Wir müssen verantwortungsvollen Gebrauch von unseren Aktionärsstimmen machen. Vor allem müssen wir die Dekarbonisierung aus der realwirtschaftlichen Perspektive angehen und nicht nur aus der Perspektive unserer Portfolios. Wir lehnen das Konzept «sauberer Portfolios» und den Divestment-Ansatz ab.
Nazmeera Moola, Chief Sustainability Officer, Ninety OneEin Ausschluss emissionsintensiver Unternehmen und Länder zum Zwecke der Portfoliobereinigung leistet keinen Beitrag zur Dekarbonisierung der Realwirtschaft.
Wir halten es für richtig und wichtig, in den «High Emitters» in unserem Portfolio investiert zu bleiben. Das gilt insbesondere für unsere Investitionen in Schwellenländern. Entscheidend ist nicht, wo ein Unternehmen oder Land aktuell steht, sondern ob es bereit und in der Lage dazu ist, seine CO2-Emissionen zu senken. Ein Ausschluss emissionsintensiver Unternehmen und Länder zum Zwecke der Portfoliobereinigung leistet keinen Beitrag zur Dekarbonisierung der Realwirtschaft.
Südafrikas Unternehmen sind auf einem guten Weg. Mehrere Unternehmen haben sich öffentlich dazu verpflichtet, ihre Emissionen bis 2050 auf netto Null zu senken, darunter auch Unternehmen aus Sektoren, in denen Treibhausgasemissionen schwer zu vermeiden sind, wie der Zementhersteller PPC, der Papier- und Zellstoffproduzent Sappi oder das Chemieunternehmen Sasol.
Die meisten Unternehmen haben jedoch noch keinen klaren Plan, wie sie ihre Emissionen bis 2050 auf netto Null zurückführen wollen. Das gilt überall auf der Welt, in den Schwellenländern aber besonders. Daher ist es unsere Aufgabe als Aktionäre, die «High Emitter» in unseren Portfolios bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Transitionspläne zu unterstützen und kritisch zu begleiten. Dabei muss unser besonderer Fokus auf den aufstrebenden Märkten liegen. Um sicherzustellen, dass wir einheitlich und konsequent vorgehen, haben wir ein internes Rahmenwerk für die Bewertung von Transitionsplänen (Transition Plan Assessment Framework) entwickelt. Es bewertet die emissionsintensivsten Unternehmen und Staaten in unseren Portfolios anhand von drei Schlüsselkriterien: Grad der Zielsetzung, Glaubwürdigkeit der Transitionsplanung und Umsetzung des Transitionsplans. Die Kriterien für die Bewertung von Transitionsplänen lauten wie folgt:
1. Grad der Zielsetzung
Am Grad der Zielsetzung lässt sich ablesen, wie ernst ein Unternehmen das Klimarisiko und seine Transitionsstrategie nimmt. Die Beurteilung der Frage, wie ehrgeizig die Ziele eines Unternehmens sind, kann subjektiv sein. Für eine solide, wissenschaftliche und glaubwürdige Bewertung ist es daher wichtig, auch objektive Indikatoren einzubeziehen. Dies lässt sich durch die folgenden drei Indikatoren erreichen:
- Offenlegung der Scope 1-, 2- und 3-Emissionen (alle Kategorien) mit unabhängiger Verifizierung und öffentlicher Berichterstattung über eine Reporting-Plattform wie das Carbon Disclosure Project
- Zeitlich befristete Ziele für die kurz-, mittel- und langfristige Senkung der Scope 1-, 2- und 3-Emissionen
- Offizielle Verpflichtung zu Netto-Null-Emissionen bis 2050 oder früher mit wissenschaftsbasierten 1,5-Grad-Zielen und SBTi-Genehmigung (sofern möglich)
2. Glaubwürdigkeit des Transitionsplans
Unser zweites Kriterium für die Bewertung der Transitionspläne ist die Glaubwürdigkeit: ob das Unternehmen eine zeitlich klar eingegrenzte, finanzierbare und faire Transitionsstrategie hat. Indikatoren für eine glaubwürdige Strategie sind:
- Der Plan basiert auf einer bestehenden kohlenstoffarmen Technologie anstelle neuer, unerprobter Technologien;
- das Unternehmen setzt nicht auf die Veräusserung emissionsintensiver Vermögenswerte oder den CO2-Ausgleich, um den CO2-Ausstoss zu verringern, und
- das Unternehmen beabsichtigt, erhebliche Umsätze mit kohlenstoffarmen Produkten und Dienstleistungen zu erwirtschaften.
Weitere kritische Aspekte sind die Finanzplanung und die Kapitalallokation. Der Investitionsbedarf, die Auswirkungen des Transitionsplans auf Einnahmen und Ausgaben und die Frage, ob sich das Unternehmen diesen Plan überhaupt leisten kann, sind ein Indikator dafür, wie ernst das Unternehmen die Umstellung nimmt und wie gross das Potenzial für eine erfolgreiche Dekarbonisierung ist. Bei der Bewertung der Transitionsplanung müssen zudem die sozialen Auswirkungen berücksichtigt und gemessen werden, um eine für Mensch und Planeten nachhaltige Umstellung zu gewährleisten.
3. Umsetzung und Messung
Engagement- und Lobbyingaktivitäten zeigen, ob der Transitionsplan mit dem breiteren Umfeld, in dem das Unternehmen tätig ist, übereinstimmt. Darüber hinaus sind gute Führungs- und Aufsichtsstrukturen mit Board-Verantwortung für die Transitionsstrategie ein guter Indikator dafür, dass die Organisation voll hinter dem Transitionsplan steht. Das sorgt für Transparenz und klare Verantwortlichkeiten. Das letzte Bewertungselement sind Fortschrittsindikatoren. Natürlich ist die CO2-Reduktion die wesentliche Erfolgskennzahl. Der CO2-Ausstoss ist aber – vor allem in den ersten Jahren der Umstellung – nicht die einzige Überlegung. Stattdessen halten wir Ausschau nach messbaren Fortschritten wie z.B.:
- Investitionen in den Aufbau von Kapazitäten für die Umstellung auf einen kohlenstoffarmen Betrieb,
- neue Partnerschaften und Übernahmen, die diese Umstellung ermöglichen, und
- ein wachsender Umsatzanteil «grüner» Produkte und Dienstleistungen
Es geht um Fortschritte, nicht nur um Zusagen
Die Umstellung auf eine Netto-Null-Emissionen-Wirtschaft ist eine globale Herausforderung. Ideal wäre es, wenn Branchen und Länder, die dies leichter erreichen können, schneller dekarbonisieren, während Sektoren und Entwicklungsländer, für die die CO2-Neutralität schwerer zu erreichen ist, einen langsameren Weg einschlagen. Für die südafrikanische Wirtschaft ist die Umsetzung der Dekarbonisierungsstrategie von entscheidender Bedeutung. Südafrikas Unternehmen adressieren die Chancen und Risiken der Klimawende mit zunehmender Entschlossenheit und übernehmen in einigen Fällen bereits eine Führungsrolle. Mit dem von uns verfolgten Ansatz wissen wir genau, wo wir heute stehen und welche Fortschritte wir auf dem Weg zu unseren Zielen machen. Für Südafrika ist «Net Zero» sowohl eine Bedrohung als auch eine Chance. Vor diesem Hintergrund hält Ninety One an seiner Position fest, Länder wie auch Unternehmen bei einem gerechten Übergang in eine kohlenstoffarme, florierende Zukunft zu unterstützen.