Goldausblick 2021: Am Scheideweg zwischen Hoffnung und Angst

Gold kann auch in diesem Jahr eine wichtige Absicherung gegen bestehende Unsicherheiten während der Krise sein. Wenn die Zentralbanken weiter mit neuen geldpolitischen Instrumenten experimentieren und wir eine Abschwächung des US-Dollars sehen, steigt die Stimmung der Anleger gegenüber Gold.

Das Jahr 2021 begann mit einer hohen Unsicherheit im Hinblick darauf, wie viele weitere Hindernisse sich uns auf dem Weg aus der Krise stellen werden. Wie bereits 2020 ist es wahrscheinlich, dass Gold als wichtige Absicherung gegen diese Unsicherheiten dienen wird.

Gleichzeitig durchleben wir aber den Schock einer globalen Pandemie und Institutionen haben Versuche unternommen, die wirtschaftlichen Folgen der Situation abzumildern. Es ist zur umfangreichsten finanz- und geldpolitischen Reaktion auf eine Wirtschaftskrise aller Zeiten gekommen. Die Ausweitung der Konjunkturmassnahmen ist noch lange nicht vorbei. Da die Zentralbanken und Regierungen sich darauf verlegen, akkommodierend zu bleiben, steigt das Potenzial für einen Anstieg der Inflation in den kommenden Jahren. Ausserdem könnten die USA nun wahrscheinlich die kühnsten Konjunkturmassnahmen ergreifen.

Mithilfe unseres Goldmodells lassen sich eine Reihe von Szenarien entwickeln, die aufzeigen, wo der Goldpreis im Jahr 2021 landen könnte. Das Modell zeigt, welche Gegebenheiten den Goldpreis in welche Richtung (siehe Klammern) treiben könnten:

  • Veränderungen in US-Dollar Baskets (-)
  • Inflation des Verbraucherpreisindex (CPI) (+)
  • Veränderungen der nominalen Renditen 10-jähriger US-Treasuries (-)
  • Anlegerstimmung (gemessen an der spekulativen Positionierung am Terminmarkt) (+)

Das Szenario der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheit scheint am wahrscheinlichsten, und wir weichen bei mehreren «wirtschaftlichen» Faktoren vom Konsens ab, da anzunehmen ist, dass die Mitte Dezember durchgeführte Umfrage unter Ökonomen grösstenteils eine geradlinige Erholung mit nur wenigen Unebenheiten auf dem Weg einpreist. Eine Einschätzung höherer Konjunkturmassnahmen - einschliesslich des Potenzials zur Steuerung der Zinsstrukturkurve - wird wahrscheinlich zu niedrigeren Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen führen als vom Konsens erwartet (1,00 % gegenüber 1,23 %).

In einem Szenario könnte Gold auf 2340 US$/oz steigen, was einem Aufwärtspotenzial von fast 24 % gegenüber dem Stand von Dezember 2020 entspräche.

Goldexperte Nitesh Shah, WisdomTree

Die Inflation könnte im 2. Quartal einen Höchststand von etwa 2,8 % erreichen, da die Massnahmen der US-Notenbank eine stärkere wirtschaftliche Nachfrage erzeugen, während das wirtschaftliche Angebot aufgrund von COVID-bedingten Lieferkettenproblemen eingeschränkt bleibt. Diese Inflationsschätzung steht im Vergleich zu einer Konsenserwartung von 2,6 % im 2. Quartal 2021.

Eine lockerere Geldpolitik könnte auch den US-Dollar weiter schwächen, wobei der US-Dollar-Korb im 4. Quartal 2021, nach unseren Schätzungen, bei 86,5 liegt, verglichen mit einer Konsenserwartung von 89,5 im 4. Quartal 2021.

Wenn die Zentralbank weiter mit neuen geldpolitischen Instrumenten experimentiert und wir eine Abschwächung des US-Dollars sehen, steigt die Stimmung der Anleger gegenüber Gold und die Positionierung in Gold-Futures steigt auf 350k Netto-Long. Je weiter die negativen Realrenditen gehen, desto attraktiver wird Gold.

In diesem Szenario könnte Gold auf 2340 US$/oz steigen, was einem Aufwärtspotenzial von fast 24 % gegenüber dem Stand von Dezember 2020 entspräche. Zum Vergleich: wird eine einheitliche Wirtschaftsprognose modelliert, würde der Goldpreis (falls die Stimmung der Anleger gegenüber Gold auf dem heutigen Niveau verharrt) auf 2130 USD/oz steigen, was bereits ein Allzeithoch für das Metall wäre.

Nitesh Shah arbeitet im Researchteam von WisdomTree. Insgesamt ist der Wirtschaftswissenschaftler seit 16 Jahren als Ökonom und Stratege tätig. WisdomTree Investments, Inc. ist ein ein Asset Manager mit Sitz in New York und Niederlassungen in den USA und Europa.