Was Banken dazu beitragen können, dass Gebäude weniger Energie verbrauchen

Viele Millionen Häuser in der Schweiz sind schlecht gedämmt oder haben alte Heizungen – ein Riesenproblem mitten in der Energie- und Umweltkrise: Wohngebäude verschlingen über ein Drittel des gesamten Schweizer Endenergieverbrauchs und sind für fast 25% aller CO2-Emissionen verantwortlich.

Das Bundesamt für Statistik erklärt: Energetische Sanierung im Gebäudesektor bringt massives Einsparpotenzial – an Energie und auf längerer Frist auch an bis zu 35% der Energiekosten. Aber erst einmal ist die Zukunft teuer. Für die energetische Sanierung braucht es umfangreiche staatliche Förderung – wie auch private und privatwirtschaftliche Impulse. Der Bundesrat will im Rahmen der vom Volk beschlossenen «Energiestrategie 2050» bis 2050 den Energieverbrauch von Gebäuden fast halbieren. Initiativen, die diese strategische Entwicklung betreffen, finden sich schon in fast allen Bereichen vieler Banken – im Geschäfts-, Betriebs- und Steuerungsmodell, wie der aktuellen «Retail ESG Study» der Managementberatung zeb zu entnehmen ist. Es zeigt sich ausserdem: Rund zwei Drittel der Schweizer Kunden erwarten nachhaltiges Banking – ein wesentlicher Aspekt hiervon ist natürlich das Thema energetische Gebäudesanierung.

Sowohl gesellschaftlich als auch aus Sicht von Banken ist die energetische Modernisierung von Immobilien ein überaus bedeutendes Handlungsfeld und bietet Potenzial für neue Angebote.

Wieland Weinrich, Senior Manager, zeb

Für Bankkunden ist die Thematik ESG aber meist sehr mühsam und komplex. Sie könnten umfassende Unterstützung beim nachhaltigen Umbau ihrer Immobilie gut gebrauchen. Denn alle finanziellen oder ökologischen Anreize können leicht ihre Wirkung verfehlen, wenn der Sanierungsprozess so mühselig ist, dass die Immobilienbesitzenden davor zurückschrecken – oder scheitern. Verschiedene Anbieter für einzelne Leistungen existieren schon. Vorreiter zeigen, wie ein gutes Angebot aussehen kann.

Banken als Enabler
Mehr als eine Million Häuser in der Schweiz sind energetisch dringend sanierungsbedürftig. Über 60% der Heizungen laufen noch mit fossilen Energieträgern. Bei der jetzigen Sanierungs-/ Renovationsrate von ca 0.8% jährlich wären die notwendigen Massnahmen, um die jetzigen Ziele des Bundesrates zu erreichen, im Jahr 2100 umgesetzt. Damit wird klar: die Sanierungsraten müssen mehr als verdoppeln. Experten gehen jedoch davon aus, dass selbst das noch nicht reichen wird, um sämtliche (Wohn-)Gebäude bis 2050 klimaneutral zu machen. Dafür werden hunderttausende klimaneutrale Heizungsanlagen benötigt, davon ca. drei Viertel in der Modernisierung und ein Viertel im Neubau. Und viele Millionen Häuser müssen besser wärmegedämmt werden. Es gibt also viel zu tun! Für Banken bietet sich hier eine grosse Chance, bei der ökologischen Transformation mitzuwirken und einen aktiven Part als Enabler einzunehmen – nicht nur mit Geld.

Immobilien als Teil der ökologischen Transformation
Rund zwei Drittel der Schweizer Bankkunden erwarten nachhaltiges Banking – und insbesondere unter den Jüngeren ist ein ähnlich hoher Anteil bereit, dieses auch zusätzlich zu vergüten. Drei von vier institutionellen Investoren integrieren bereits ESG-Kriterien in ihren Anlageprozess. Viele der grossen internationalen Kapitalanleger und auch Banken selbst sind entsprechende Ziel-Selbstverpflichtungen eingegangen, zum Beispiel im Hinblick auf den Klimaschutz. Diese Entwicklung ist bereits in den meisten strategischen Management-Agenden privater Banken angekommen – und wird zunehmend wichtig. Während 2020 nur rund 19% der befragten Institute dem Thema Nachhaltigkeit eine hohe bis sehr hohe Bedeutung in der Gesamtstrategie des Hauses eingeräumt hatten, stieg der Anteil nur ein Jahr später bereits auf knapp die Hälfte (43%). Bis 2026 erwarten die Institute einen weiteren markanten Anstieg der deutlich ESG-orientierten Banken bis auf rund 85%.

Chance für vielversprechende Angebote
Sowohl gesellschaftlich als auch aus Sicht von Banken ist die energetische Modernisierung von Immobilien ein überaus bedeutendes Handlungsfeld und bietet Potenzial für neue Angebote. Laut EU-Kommission fallen rund 40% des Energieverbrauchs und ein Drittel der CO2-Emissionen im Euroraum auf Gebäude zurück. In der Schweiz war der Wohngebäudebestand 2020 für rund 35% (20,1 TWh) des gesamten Endenergieverbrauchs und für rund 24% (10,4 Mio. t CO2) aller CO2-Emissionen verantwortlich. Über die Hälfte der rund 1,8 Mio. Gebäude in der Schweiz haben ihr 40. Lebensjahr schon hinter sich. Somit ist dieser Bestand oft gar nicht oder nur unzureichend gedämmt. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Regulatoren auf nationaler Ebene hier weiter eingreifen. Unterschiedliche Kantone verbieten schon heute unter bestimmten Voraussetzungen den Bau von Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen funktionieren. Eine weitere Verschärfung dieser Vorschriften ist in Zukunft absehbar. Das ausstehende Hypothekarkreditvolumen in der Schweiz steigt von Jahr zu Jahr. 2021 betrug der ausstehende Finanzierungsbetrag knapp unter CHF 1,2 Mia. Dies entspricht fast 30% der Bilanzsumme aller in der Schweiz aktiven Banken. Bei Kantonal- und Regionalbanken ist dieser Anteil sogar über 50%. Wohnimmobilien sind damit ein wesentlicher Treiber der Green Asset Ratio.

First Mover schaffen Mehrwert für Kunden
Im Q2/2022 ist die Schweizer Bankiervereinigung als einer der ersten Verbände weltweit der Net-Zero Banking Alliance (NZBA) der UN als Supporter beigetreten. Somit empfiehlt sie ihren Mitgliedern Netto-Null-Ziele zu setzen, um somit die weltweiten Klimaziele zu erreichen. Im Dezember 2022 waren auch schon fünf Schweizer Banken der NZBA beigetreten. Nun heisst es: Emissionen reduzieren! Natürlich bedeutet dies Herausforderungen, Risiken und Verpflichtungen – aber auch grosse Opportunitäten! Vor allem für First-Mover-Banken. So kann es sich ein Institut beispielsweise zum wesentlichen Auftrag machen, mit gezielten Produkt- und Ökosysteminitiativen Partner dieser Immobilientransformation zu werden – zum Beispiel bei der Erneuerung von Heizungen in Privathaushalten oder beim Thema autarke Energieversorgung, etwa durch Solarmodule und effiziente Energie- bzw. Stromspeicherung. Dadurch entsteht ein Mehrwertangebot, welches nicht nur die Hypothekarkunden betrifft, sondern im Prinzip alle Immobilienbesitzenden im Kundenstamm – es kann rund der Hälfte der Haushalte angeboten werden.

Die detaillierte «Retail ESG Study» findet sich hier.

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