Plattformen für den Handel mit Effekten gelten möglicherweise als organisierte Handelssysteme
Finanzdienstleister, die eine Plattform für den Handel mit Effekten und anderen Finanzinstrumenten anbieten, betreiben möglicherweise ein organisiertes Handelssystem. Der Betrieb eines organisierten Handelssystems erfordert allerdings eine Bewilligung als Bank oder Wertpapierhaus oder eine Bewilligung oder Anerkennung als Handelsplatz. Wer ein organisiertes Handelssystem betreibt oder zu betreiben beabsichtigt, muss zudem eine angemessene Organisation vorweisen und der FINMA (Eidgenössische Finanzmarktaufsicht) den (beabsichtigten) Betrieb melden.
Obwohl die regulatorischen Vorschriften für den Betrieb eines organisierten Handelssystems (OHS) seit dem 1. Januar 2018 in Kraft sind, verfügen einige Betreiber von OHS noch immer nicht über die gesetzlich vorgeschriebene Bewilligung bzw. Anerkennung und/oder Organisation. Die FINMA ist sich dieser Problematik bewusst und kontaktiert nun Finanzmarktteilnehmer, die (möglicherweise) ein OHS betreiben.
Manu Ferro, MLaw, Rechtsanwältin, Pestalozzi Rechtsanwälte AGFinanzdienstleister, die neue Handelsmöglichkeiten anbieten, sollten ihre Geschäftstätigkeit überprüfen und die notwendigen Bewilligungen der FINMA einholen, wenn sie sich als OHS qualifizieren.
Was ist ein OHS – und wer darf es betreiben?
Ein OHS ist eine Einrichtung zum Handel mit Finanzinstrumenten und ermöglicht den multilateralen Handel von Effekten oder anderen Finanzinstrumenten auf diskretionärer Basis, den multilateralen Handel mit Finanzinstrumenten, die keine Effekten sind, auf nichtdiskretionärer Basis oder, in bestimmten Fällen, den bilateralen Handel mit Effekten und anderen Finanzinstrumenten (Art. 42 FinfraG).
OHS werden von der FINMA nicht eigenständig, sondern über deren Betreiber beaufsichtigt: So dürfen nur Banken, Wertpapierhäuser oder Handelsplätze ein OHS betreiben (Art. 43 Abs. 1 FinfraG).
Welche Regeln gelten für Betreiber eines OHS?
Zunächst müssen die Betreiber eines OHS sicherstellen, dass sie von der FINMA ausreichend beaufsichtigt sind. Andernfalls müssen sie die erforderliche Bewilligung bzw. Anerkennung beantragen. Um ein OHS zu betreiben, muss der Finanzmarktteilnehmer entweder über eine Bewilligung als Bank oder als Wertpapierhaus verfügen oder eine Bewilligung oder Anerkennung als Handelsplatz besitzen.
Finanzmarktteilnehmer mit einer Zulassung oder Anerkennung als Bank, Wertpapierhaus oder Handelsplatz können ein OHS betreiben. Sie unterliegen jedoch weiterhin bestimmten regulatorischen Pflichten. Sie müssen ein einheitliches und verbindliches Regelwerk umsetzen, das zumindest Grundsätze für die Ausführung der Benutzeraufträge, der Handelsabläufe und Handelszeiten enthalten sollte. Dieses Regelwerk muss nicht von der FINMA genehmigt werden. Weitere Pflichten betreffen die Organisation und die Vermeidung von Interessenkonflikten, die Gewährleistung eines ordnungsgemässen Handels und die Handelstransparenz (Art. 44-46 FinfraG) sowie die Meldepflicht an die FINMA (Art. 29 FINMAG).