SNB-Zinsentscheid vom Dezember 2025: Keine Überraschung
Der Leitzins in der Schweiz bleibt vorerst unverändert. «Trotz der herausfordernden Situation für die Schweizer Wirtschaft dürfte auch zukünftig die Zinsschraube nicht ins Minus gedreht werden. Die Wirkung eines solchen Schrittes wäre primär unerwünschter Natur», sagt Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) belässt den Leitzins dort, wo er seit Monaten steht: bei 0 Prozent. Dies gaben die helvetischen Währungshüter anlässlich ihrer heutigen geldpolitischen Lagebeurteilung bekannt.
Erfüllte Erwartungen
Das Stillhalten überrasche nicht, erklärt Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank. «Dass die Zinsschraube für mindestens ein weiteres Vierteljahr unangetastet bleibt, wurde im Vorfeld sowohl an den Finanzmärkten als auch von uns erwartet.» Wie gestern bereits die US-Notenbank (Fed) erfüllt die SNB also die Markterwartungen. Damit sind die Gemeinsamkeiten aber bereits erschöpft. Denn die Gegebenheiten für die beiden Notenbanken könnten unterschiedlicher kaum sein.
Santosh Brivio, Senior Economist, Migros BankWir halten unsere Prognose aufrecht, dass der Leitzins auch 2026 nicht unter 0 Prozent fallen wird.
Während die Fed in einem Umfeld überschiessender Inflation, hoher Wachstumsdynamik, schwächelnder Währung und eines insgesamt robusten, aber mit Abkühlungstendenzen versehenen Arbeitsmarktes operiert, sieht sich die SNB mit umgekehrten Vorzeichen konfrontiert. Dazu erklärt Brivio: «Die Inflation liegt mit rund 0 Prozent am unteren Rand des SNB-Preisstabilitätsbands und die Risiken für ein zeitweiliges Abrutschen in deflationäres Terrain bleiben vorerst erhöht. Gleichzeitig zeigt die Konjunktur Ermüdungserscheinungen, die nur teilweise auf die – glücklicherweise nun gesenkten – US-Zölle zurückzuführen sind. Der maue Wirtschaftsgang, der im dritten Quartal sogar in einem negativen Quartalswachstum um -0,5 Prozent mündete, liegt auch im globalen Konjunkturumfeld begründet, das insbesondere in Europa weiterhin verhalten ist. Darüber hinaus ist der Schweizer Arbeitsmarkt gegenwärtig von einer für hiesige Verhältnisse hohen (und steigenden) Erwerbslosenquote gekennzeichnet, während der Schweizer Franken gegenüber anderen Währungen weiterhin hochbewertet bleibt.»
Verkehrte Welt
Vergleicht man diese Ausgangslage der SNB mit jener für die Fed, so kann es durchaus erstaunlich wirken, dass ausgerechnet die amerikanischen Notenbanker den Leitzins senken, während ihre Schweizer Kollegen die Füsse stillhalten. Verkehrte Welt möchte man meinen. «Und dennoch ist die Zurückhaltung der SNB richtig», erklärt Brivio. «Denn im Gegensatz zur Fed verfügt die Schweizerische Nationalbank über keinen konventionellen Spielraum mehr. Mit dem seit Juni geltenden Leitzins von 0 Prozent würde eine weitere Zinslockerung ein Vorstossen in erneut negative Gefilde bedeuten. Ein solcher unkonventioneller Schritt wäre aber kaum ein wirksames Mittel gegen die schwache Inflationsdynamik, die Frankenstärke und den schleppenden Konjunktur-Verlauf. Denn die Ursachen hierfür liegen hauptsächlich ausserhalb der Schweiz und entziehen sich damit weitgehend dem Einflussbereich der SNB. Vor diesem Hintergrund halten wir unsere Einschätzung aufrecht, dass ein negativer Leitzins ausser massiven Kollateralschäden etwa für Vorsorgeeinrichtungen und Kleinsparer kaum Wirkung entfalten würde.»
Sorge vor unerwünschten Nebenwirkungen
«Dass SNB-Präsident Martin Schlegel auch heute erneut den hohen Hürden für eine Wiedereinführung eines negativen Leitzinses Rechnung trug, erachten wir daher als folgerichtig», so Brivio. Zumal auch für eine minimale oder sogar marginale Abschwächung des Frankens ein normaler Senkungsschritt um 25 Basispunkte nicht ausreichen dürfte. «Stattdessen müsste die SNB tief in negatives Terrain vorstossen, was die unerwünschten Nebenwirkungen entsprechend verstärken würde», erklärt Brivio.
Brivios Fazit: «Wir bleiben somit bei unserer Beurteilung, wonach (beim Ausbleiben unerwarteter Schocks) die SNB gegen zu starke Aufwärtsbewegungen des Frankens weiterhin mit gezielten Devisenmarktinterventionen vorgeht. Nicht zuletzt mit den gesenkten US-Zöllen und einer zaghaften Konjunkturerholung in Europa sollte zudem der Aussenhandelsbeitrag dem Schweizer Wirtschaftswachstum wieder mehr Rückenwind verleihen. Die Versuchung für die SNB, erneut zu einem Negativzins-Regime zurückzukehren, nimmt somit ab. Wir halten daher unsere Prognose aufrecht, dass der Leitzins auch 2026 nicht unter 0 Prozent fallen wird.»