Diversifikation statt Konzentration – globale Divergenzen erfordern selektiven Investmentansatz

Die jüngsten Entwicklungen an den globalen Märkten könnten Zweifel an einigen Grundregeln der klassischen Finanztheorie geweckt haben – vor allem an der Annahme, dass durch einen Mix unterschiedlichster Anlageklassen das Risiko eines Portfolios entscheidend reduziert werden kann.

Wie sich an der Outperformance von Schwellenländeranleihen gegenüber Schwellenländeraktien zeigt, liefern die risikoreichsten Teilklassen bei einer deutlich höheren Volatilität oft geringere Erträge. In vielen Fällen haben diversifizierte Strategien dadurch niedrigere Renditen erzielt – notabene bei höherem Risiko.

Während konzentrierte Strategien in risikoreichen Anlageklassen wie Aktien und Unternehmensanleihen funktionieren, ist es bei langlaufenden Staatsanleihen der grössten Volkswirtschaften – US-Treasuries, Bundesanleihen, japanischen Staatsanleihen, britischen Gilts und zuletzt auch bei chinesischen Staatsanleihen – zu einer Entkopplung gekommen, nachdem sich diese vor dem Hintergrund ähnlicher Wachstums- und Inflationserwartungen zuvor über längere Zeit weitgehend gleichläufig bewegt hatten. «Die Entkopplung der insgesamt rückläufigen Anleiherenditen signalisiert unterschiedliche Wachstums- und Inflationstrends, wobei China und die USA das Feld anführen, gefolgt von Grossbritannien, Japan und der Europäischen Union», erklärt der Invesco-Stratege Arnab Das.

Konzentrierte Portfolios – mit Schwerpunkten zum Beispiel in Wachstums- oder Tech-Werten, den USA und zunehmend auch China – haben zuletzt besser performt als diversifizierte Strategien.

Arnab Das, Global Market Strategist, Invesco

Das kann zwar helfen, die höheren Gesamtrenditen von Risikoanlagen in China und den USA zu erklären. Trotzdem stellen sich aktuell mehrere Fragen von grundlegender Bedeutung für die künftige Positionierung von Investmentportfolios: Warum hat die Diversifikation die Rendite reduziert, ohne das Risiko zu reduzieren? Wird sich das jetzt wieder ändern? Und was bedeutet das alles für den Wachstumsausblick und die Kapitalmarktaussichten in den kommenden Jahren?

Geldpolitik, Deregulierung, Globalisierung und technologischer Fortschritt haben nachweislich zu steigenden Wachstumsraten und Renditen geführt und eine weltweite Konvergenz sowie stärkere Konzentrationstendenzen an den Kapitalmärkten gefördert. Inzwischen stehen den Konvergenzkräften aber auch zunehmende Treiber grösserer Divergenzen gegenüber. Zu den Konvergenzkräften zählt die extrem grosszügige Liquiditätsversorgung der Wirtschaft und Märkte durch die Geld- und Fiskalpolitik sowie die wachsende wirtschaftliche Bedeutung der Technologiesektoren. Als divergierende Kräfte nennt er strukturelle und politische Veränderungen sowie technologische, geoökonomische und geopolitische Trends wie zunehmende Handelsbarrieren, Investitionshemmnisse und regulatorische Hürden.

Obwohl praktisch alle Staaten ihrer pandemiegebeutelten Wirtschaft mit Hilfspaketen unter die Arme greifen, fällt die fiskalpolitische Unterstützung unterschiedlich hoch aus, wodurch sich auch die Volkswirtschaften unterschiedlich schnell von der Covid-19-Krise erholen dürften. Damit dürfte sich der Trend zu weltweit auseinanderlaufenden Konjunkturzyklen verstetigen.

Weitere divergierende Kräfte sind die Lockdown-Massnahmen mit ihren sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf verschiedene Volkswirtschaften und Branchen. Während Tourismus, Gastronomie und Freizeitindustrie am Boden liegen, hat sich die Industrie an die veränderte Lage angepasst. Im Dienstleistungssektor wiederum ist es zu einer massiven Verschiebung zu Online-Dienstleistern gekommen.

Damit haben die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus klare Gewinner und Verlierer hervorgebracht. Die Gewinner- und Verlierersektoren sind in verschiedenen Volkswirtschaften und Kapitalmarktindizes unterschiedlich hoch gewichtet. Unser Umfeld ist geprägt von Divergenz, Differenzierung und Streuung – und die unterschiedliche fiskalpolitische Unterstützung wird die Divergenzen zwischen strukturell unterschiedlichen Volkswirtschaften vermutlich weiter verstärken.

In den letzten zehn Jahren hat es praktisch keinen normalen globalen Konjunkturzyklus gegeben. Stattdessen hatten wir es mit wiederholten mittzyklischen Auf- und Abschwüngen zu tun und in einigen Ländern der Eurozone sogar mit Double-Dips.

Arnab Das

Weitere divergierende Kräfte sind die Lockdown-Massnahmen mit ihren sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf verschiedene Volkswirtschaften und Branchen. Während Tourismus, Gastronomie und Freizeitindustrie am Boden liegen, hat sich die Industrie an die veränderte Lage angepasst. Im Dienstleistungssektor wiederum ist es zu einer massiven Verschiebung zu Online-Dienstleistern gekommen.

Damit haben die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus klare Gewinner und Verlierer hervorgebracht. Die Gewinner- und Verlierersektoren sind in verschiedenen Volkswirtschaften und Kapitalmarktindizes unterschiedlich hoch gewichtet. Unser Umfeld ist geprägt von Divergenz, Differenzierung und Streuung – und die unterschiedliche fiskalpolitische Unterstützung wird die Divergenzen zwischen strukturell unterschiedlichen Volkswirtschaften vermutlich weiter verstärken.